Das freie Wort

Tischkultur der Zukunft

Gemeinsames und gutes Essen schafft Raum für Kommunikation. Man redet miteinander, man erzählt sich etwas, man tauscht sich aus, man spricht Probleme an, man sucht nach Lösungen. All das kann bei einem gemeinsamen Essen geschehen. Es gehört zur Tischkultur. Nun hört und liest man immer mehr von sogenanntem Laborfleisch, also Kunstfleisch aus der Fabrik. Nicht nur dass diese Lebensform in einem gewissen Widerspruch zur bisherigen natürlichen Lebensmittelproduktion steht, es gibt auch berechtigte Sorgen seitens der bäuerlichen Betriebe. Ich frage mich: „Wie wird unser künstliches Essen und unser Essensverhalten in Jahrzehnten aussehen?“ Zum Frühstück gibt’s dann eine Kaffeetablette, eine Kipferltablette, Butter und Marmelade werden in einer Tablette verabreicht. Alles natürlich schön einzeln in Plastik verpackt, denn Hygiene muss sein. Mittags dasselbe Bild in Grün. Gulasch wird wahlweise mit Semmelknödel oder Nockerln angeboten; ebenso einzeln verpackt. Man erkennt den Einheitsgeschmack sowieso nur am Bild der Hülle, eventuell wird noch eine Eistablette hinzugefügt. Das war es dann schon. Abends braucht man nicht mehr so viel. Anstatt des Schichtseiterls kann eine Biertablette genossen werden, und bei persönlichen Feierlichkeiten wie Geburtstag u. a. gibt es eine zusätzliche Tablette; geht auch ganz zügig. Die jeweiligen Mahlzeiten dauern dann nur noch einige Minuten, von Kommunikation keine Spur. Die Vereinsamung lässt grüßen. Wollen wir das? Es liegt an uns, an jedem Einzelnen, bei dieser industriellen Fleischerei nicht mitzumachen, das Laborfleisch nicht zu kaufen. Die Tischkultur darf nicht einer Industriefleisch-Lobby zum Opfer fallen. Wo Schnitzerl draufsteht, muss Schnitzerl, echtes Schnitzerl drin sein.

Renate Ratzenböck, Uttendorf

Erschienen am Mo, 18.3.2024

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