Es war lohnend, sich die „Pressestunde“ des ORF vergangenen Sonntag anzusehen. Weil da jemand zu Wort kam, der primär nicht an seiner eigenen Selbstverwirklichung, sondern an der Frage, wie eine moderne und zeitgemäße Sozialdemokratie attraktiv zum gesellschaftlichen Wohlbefinden des Landes beitragen könnte, arbeitet. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil verkörpert diese Sichtweise. Denn es kann bei der SPÖ schon lange nicht mehr nur darum gehen, in eine ruhmreiche Vergangenheit zurückzublicken, sich dabei immer wieder selbst auf die Schulter zu klopfen und sonst nur neben der politischen Spur der Bevölkerungsmehrheit zu stehen, wie das z. B. gerade ein SPÖ-Stadtrat namens Hacker in Wien mit seiner Anmerkung zum hohen Anteil muslimischer Schüler getan hat. Und ja – liebe Babler-Fans in der SPÖ –, es geht jetzt auch primär nicht um die klassischen Forderungen der Sozialisten der Dreißigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, da habt ihr irgendwo gedanklich eine wichtige Abzweigung verpasst, es geht derzeit um die entscheidende Frage, welches Land wir unseren Kindern und Enkelkindern (so wir überhaupt noch welche in die Welt gesetzt haben) übergeben wollen. Ein Land, das tief gespalten sich sprichwörtlich auf den „clash of civilizations“ vorbereiten muss (Laizisten gegen Religiöse) und in dem unsere Töchter in 30 Jahren Kopftuch tragen müssen, oder aber ein Land, dessen politische Führer rechtzeitig und vorausschauend erkannt haben, dass es in gesellschaftlichen Kernbereichen einer unmittelbar zu veranlassenden Korrektur bedarf, damit der Friede im Land erhalten bleibt. Doskozil hat die Dinge beim Namen genannt und nicht herumgeeiert. Und das war bemerkenswert und sollte vielen chronisch frustrierten SPÖ-Sympathisanten auch Mut machen.
Martin Krämer, per E-Mail
Erschienen am Do, 27.6.2024
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