Möglicherweise war es schlicht eine FP-Retourkutsche an die anderen nicht gesprächsbereiten Parteien, dass Viktor Orbán ohne langes Debattieren ins Parlament eingeladen wurde und da jenen Auftritt lieferte, den man sich speziell rechts der Mitte erwartet hatte. Man stelle sich nur vor, die FPÖ hätte Orbáns Besuch groß im Voraus angekündigt. Wie viele hitzige Diskussionen und wie viele gut organisierte Demonstranten hätte es vor dem Parlament gegeben? Sehr viele. Nationalratspräsident Rosenkranz wollte sich das ersparen und hat sein Recht als Hausherr des Parlaments geltend gemacht. Denn es gibt auch kein geltendes Gesetz, welches ihm das verbieten kann. Ob es allerdings innenpolitisch klug war, wird sich erst herausstellen. Denn gerade dieser Schritt hat wohl auch die vielen Sympathisanten der ÖVP, die ein Zusammengehen mit der FPÖ in einer blau-schwarzen Koalition befürworten, verschreckt bzw. überrumpelt und wird deren Stimmen während der kommenden Monate eher nicht erklingen lassen. Im Gegenteil: Das Zusammengehen von ÖVP, SPÖ und vermutlich den Neos wird durch den Besuch Orbáns beschleunigt werden. Wie lange dann dieser Dreibund tatsächlich halten wird, ist eine Frage, die vermutlich die Astronomie lösen muss.
Martin Krämer, per E-Mail
Erschienen am Mo, 4.11.2024
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