Okay, ich gebe es zu: Nicht jeder Mensch hat das Bedürfnis, im Alter zu arbeiten. Ich höre immer wieder Kommentare wie: „Ich habe in meinem Leben genug gearbeitet.“ Das ist wunderbar, wenn man damit zufrieden ist. Was aber ist mit all den Leuten, die zwar dem Datum nach alt sind, nicht aber Ihrer Einstellung nach? Sie sind körperlich und geistig gesund. Sie sind zwar alt geworden, aber jung geblieben. Und damit beginnt der Ärger. Ich habe mit vielen Leuten darüber gesprochen. Bevor ich ins Detail gehe, sollte ich meinen Status erklären. Ich bin 84 Jahre alt und führe seit vier Jahren ein Damenmodengeschäft. Mode ist meine Leidenschaft, das nur so nebenbei. In diesem Geschäft komme ich immer wieder mit Damen ins Gespräch, die auch nicht jung sind – pensioniert, und das seit Jahren. Immer wieder höre ich: „Ja, ich wollte auch noch ein bisschen arbeiten, mir etwas dazuverdienen. Ich suchte mir einen Halbtagsjob, der mir viel Freude gemacht hat, bis ich vom Finanzamt meine Steuerabrechnung bekam. Da stellte sich dann heraus, dass von meiner Arbeitsleistung kaum noch etwas übrig blieb. Ich war verärgert, fühlte mich unbedeutend und lächerlich gemacht. Mit schwerem Herzen gab ich meinen Job auf. Heute sitze ich statt im Büro beim Arzt.“ Aussagen dieser Art kann man sehr oft hören. Und ich frage mich: Fachkräfte fehlen überall, wäre es da nicht angebracht, ein System zu kreieren, das die sehr wesentliche Leistung der älteren Generation nicht nur ins richtige Licht rückt (wie es ja immer wieder gerne gemacht wird), sondern diese auch als finanziell lohnend gestaltet? Ältere Leute sind gute Mitarbeiter: Sie haben Erfahrung und sind verlässlich, eine Eigenschaft, die sehr geschätzt ist. Warum erzähle ich Ihnen das alles? Klar, ich weiß, wovon ich spreche. In den letzten vier Jahren musste ich Tausende Euro an die Österreichische Gesundheitskasse zahlen, und das, obwohl ich seit 15 Jahren meine Pension beziehe und damit versichert bin. Auf meine diesbezügliche Anfrage bei der Behörde wurde mir mitgeteilt, dass ich ja auch meine Pensionsabgaben zu zahlen hätte. Und das mit 84? Das muss wohl ein Witz sein! Ist es leider nicht!
Ingeborg Wazda, per E-Mail
Erschienen am Di, 19.11.2024
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