Glaubt man den Prognosen, so dürfen wir uns in Zentraleuropa, im Speziellen aber in Oberösterreich, genauer gesagt im Salzkammergut, freuen, dass uns der Klimawandel nicht direkt und mit voller Härte trifft. Gesicherte Wasservorkommen und die geografische Lage am Alpennordkamm schützen uns. Naturkatastrophen werden sich weiterhin auf lokale Ereignisse wie Waldbrände, Hagel, Windböen, Überflutungen oder Hangrutschungen beschränken. Wir beobachten, wie manche Pflanzenarten in den Höhenlagen verschwinden, andere rücken aus den Tälern nach. Das gefährdet zwar Arten in der Pflanzen- und Tierwelt, uns als Menschen aber nicht unmittelbar. Könnte uns also ziemlich egal sein, sollte man meinen. Trotzdem bleiben die Vorhersagen für unsere Region im Hinblick auf die nächsten Jahrzehnte dystopisch. Flüchtlingsströme ganzer Länder – womöglich Milliarden Menschen – drängen in bewohnbare Zonen wie Zentraleuropa und belasten unsere Ressourcen. Abriegeln? Fehlanzeige. Einem derartigen Strom kann man militärisch nicht gewachsen sein, da auch die flüchtende Masse militärisch unterstützt sein wird. Spätestens hier rächt sich, dass die Industriestaaten an die Entwicklungsländer nur lächerlich geringe Ausgleichszahlungen geleistet haben. Ohne die nötige Infrastruktur und angesichts der häufigen Naturereignisse und des steigenden Meeresspiegels können ganze Länder nicht mehr bewirtschaftet werden. Die instabile politische Lage im „noch sicheren Europa“ durch Meinungsverschiedenheiten, die Angst der Wohlstandsgesellschaft, Eigentum teilen zu müssen oder gar zu verlieren, unregelmäßige Stromversorgung durch globale Unregelmäßigkeiten im Netz, Engpässe in der medizinischen Versorgung und Nahrung – das alles wird die Sorgen um Herkunft und Gütesiegel vom nächsten Weihnachtsgansl verdrängen. Während dieser schleichende Wandel in den nächsten Jahren vielleicht kaum spürbar sein wird, droht uns als Gesellschaft vermutlich bereits in 50 bis 80 Jahren diese unbestreitbare Realität. Eine dystopische Welt, eine Gesellschaft, die durch zunehmende Knappheit zusammenrücken muss. In diesem schwer einschätzbaren Wertewandel werden sich bereits unsere Enkel wiederfinden. Wehmütig werden sie zurückblicken und sehen, wie einige Aktivisten verzweifelt versucht haben, die Problematik des Lobbyismus und der kurzsichtigen Politik aufzuzeigen, während die Masse in ihrer Trägheit nicht mobilisierbar war. Psychoanalytiker wie Sigmund Freud haben ebendieses Phänomen bereits vor langer Zeit beschrieben. Je mehr uns das Thema Klimawandel im Alltag betrifft, desto offensichtlicher wird es also, wie wichtig es ist, als einzelner Mensch Stellung zu beziehen.
Stefan Grubauer, Ebensee am Traunsee
Erschienen am Sa, 11.1.2025
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