Hatha, Iyengar, Anusara, Bikram, Kundalini, Vinyasa – Yogaarten sind so verschieden, wie die Menschen selbst. Aber welche Variante passt zu mir? Wie Sie im Yoga-Dschungel den Durchblick bewahren. Von Sonja Jakubowics
So viel ist klar: Yoga entspannt, macht beweglich, präsent und offen. Es führt zu mehr Kraft, um seinen Alltag gelassener meistern zu können und hat eine positive Wirkung auf unser Wohlbefinden. Nach einer Yoga-Einheit sinkt die Herzfrequenz, und das Nervensystem schaltet in den Regenerationsmodus.
Yoga stammt ursprünglich aus Indien und leitet sich von einem Wort aus dem alten Sanskrit ab, das „sich verbinden“ bedeutet. Also eine Vereinigung von Geist und Körper. Es soll den Effekt erzielen, sich durch Meditation von seinem Ego loszusagen und zu einem inneren Frieden zurückzukehren. Yoga erzielt eine Balance zwischen Geist und Körper, geführt durch den Atem.
Die gezielte Atmung (Pranayama) spielt eine wichtige Rolle. Sie baut Stress ab und verbessert die Sauerstoffzufuhr von Muskeln und Gehirn. Das löst Spannungen und erzeugt eine innere Ausgeglichenheit.
Yin-Yoga
Eine sehr sanfte Form stellt Yin-Yoga dar. Gezieltes Dehnen hilft gegen Verspannungen und unterstützt auch das emotionale Loslassen. Wenn der Qi-Fluss im Körper gestört ist, durch Stress oder Schmerzen, kommt es zu einem Ungleichgewicht zwischen Yin und Yang. Dehnungen der Meridiane in Form von Yoga-Übungen lassen das Qi wieder fließen. Yin ist in der TCM die weibliche, weiche Energie und eine Kraft, die in der Tiefe des Körpers wirkt – an Knochen, Gelenken und Faszien. Genügend Yin-Energie hält diese gesund und beweglich.
Aerial-Yoga (Fly-Yoga)
Fliegend loslassen lernen: Der Körper wird durch Übungen mit Hilfe einer Yoga-Schaukel gestärkt und gedehnt. Die Instabilität des Tuches verlangt ein gewisses Maß an Körperspannung, der Körper wird ganzheitlich gefordert: Tiefenmuskeln und Stabilisatoren werden trainiert. Kopfüber zu hängen, verbessert die Durchblutung der Kopforgane, führt zur Dekompression der Wirbelsäule und schult die Körperwahrnehmung aus einer anderen Perspektive. Die ausgeführten Asanas im Hängetuch wirken nicht nur auf die Muskulatur, sondern auch auf das Nervensystem.
Hatha-Yoga
Hatha ist eine der ältesten, bekanntesten und ruhigsten Yoga-Stile. Der Sonnengruß nimmt dabei eine wichtige Stellung ein. Der Begriff wird abgeleitet aus dem Sanskrit: Neben „ha“ (Sonne, Kraft) steht „tha“ (Mond, Stille). Alle Körperstellungen werden lange gehalten. Der Wechsel zwischen An- und Entspannung ist sehr sanft. Hatha-Yoga eignet sich gut für Ungeübte, da es viele Variationen für jeden Fitness- oder Altersgrad gibt.
Kundalini-Yoga
Das Ziel dieser Praxis ist spirituell: Es sollen Energiezentren (Chakren) entlang der Wirbelsäule aktiviert und Blockaden gelöst werden. Um die Konzentration nach innen zu richten, werden die Augen während der Übungen geschlossen gehalten. Es werden zudem innere Konzentrationspunkte (die sogenannten Bandhas) sowie visuelle Fokuspunkte verwendet – etwa der Bereich zwischen den Augenbrauen. Aufgrund vieler Wiederholungen ist es nicht weniger anstrengend als Ashtanga-Yoga.
Jivamukti-Yoga
Jivamukti ist ein moderner und fließender Yogastil. Im Vordergrund stehen Spiritualität, Ahimsa (Gewaltlosigkeit) und eine schweißtreibende Abfolge. Jede dynamische Stunde beinhaltet neben Flow auch spirituelle Elemente wie das Chanten von Mantras, Meditationen, Schriftenlesungen. Es predigt Gewaltlosigkeit gegen alle Lebewesen.
Iyengar-Yoga
Hier liegt der Fokus auf der exakten Ausführung der Übungen und weniger auf der Spiritualität. Die Asanas werden durch Hilfsmittel, wie Gurte, Blöcke, Decken, Seile, Stühle und Pölster, unterstützt.
Ashtanga-Yoga
Einer der härtesten Yoga-Stile. Ashtanga verlangt Ernsthaftigkeit: Die Lehre sieht vor, dass alle Praktizierende täglich üben. Alle Körperregionen werden dabei gekräftigt und gedehnt. Hier wird nichts dem Zufall überlassen: Es gibt insgesamt sechs Übungsserien, die sich jeweils aus mehreren Asanas zusammensetzen. Diese werden in der immer gleichen Abfolge ausgeführt. Auch die Atmung wird auf den Bewegungsfluss abgestimmt.
Bikram-Yoga
Beim Hot-Yoga soll möglichen Zerrungen durch eine Raumtemperatur um die 40 Grad Celsius vorgebeugt werden. Muskeln, Bänder und Gelenke sollen so dehnbarer und geschmeidiger gemacht sowie die Entgiftung angeregt werden. Bikram Choudhury, der Erfinder dieses Yogastils, entwickelte die bis heute festgelegte Abfolge von insgesamt 26 Atemübungen und Körperstellungen in den 1970er Jahren. Jede Bikram-Stunde folgt der gleichen Abfolge der Asanas.
Sivananda-Yoga
Gründer Swami Vishnudevananda entwickelte diesen Yogastil auf der Grundlage der traditionellen Hatha-Yogalehren. Die Praxis steht für vegane Ernährung, Meditation, Körper- und Atemübungen sowie traditionelle yogische Philosophie.
Hormon-Yoga
Dieser Yogastil funktioniert aus einer Kombination aus Körperhaltungen, Atmung und Energielenkung: Es soll Wechseljahrsbeschwerden entgegenwirken und gegen andere Formen von hormonellem Ungleichgewicht helfen. Die Stunde besteht aus einem Mix von Übungen, die direkt auf die weiblichen hormonerzeugenden Drüsen und Organe (wie Eierstöcke und Schilddrüse) wirken. Atemübungen und die Lenkung und Aktivierung von Prana (Lebensenergie) verstärken die Wirkung.
Face-Yoga
Übungen wie z. B. der „Löwe“ oder der „Kussmund“ sollen gegen Zornesfalte, Tränensäcke und Co. helfen und können sogar Verspannungen im Nacken lösen. Face-Yoga besteht aus einer Kombination aus An- und Entspannung: Durch verschiedene Übungen werden alle 26 Gesichtsmuskeln, Hals und Dekolleté trainiert. Das Motto lautet: Grimassen statt Botox: Das fallweise merkwürdig anmutende Yoga wird immer populärer und kann bei regelmäßiger Anwendung auch wirken.
Doch was hat es mit den verschiedenen Yoga-Arten auf sich und welche ist die richtige für mich? Lieber schwitzen oder in Stille sitzen? Möchte ich mich auspowern oder bin ich auf der Suche nach einer tieferen Spiritualität? Wie gut, dass es für jede Laune und jeden Typ den passenden Yoga-Stil gibt.