Ungewollte Kinderlosigkeit stellt für viele Paare eine große Belastung dar. Wenn es trotz regelmäßigem, ungeschütztem Geschlechtsverkehr auf natürlichem Weg einfach nicht klappen will, steigt oft auch die Ungewissheit über eine mögliche Unfruchtbarkeit.
Doch woran kann es liegen, dass die natürlichste und älteste Sache der Welt, nämlich die Fortpflanzung, zu einem wachsenden Problem unserer Zeit wird? „Das Phänomen ist zunehmend gesellschaftlich bedingt, da es immer mehr Paare gibt, die in einem fortgeschrittenen, biologisch relativ späten Alter ihren Kinderwunsch verwirklichen wollen. Das Alter ist vor allem in Bezug auf die Eierstockfunktion problematisch. Bei Frauen ab 35 beginnt es, schwieriger zu werden, auf natürliche Weise schwanger zu werden, ab 40 ist es schwer, den Kinderwunsch zu erfüllen und ab Mitte 40 ist es beinahe unmöglich.
Vielen Frauen, die sich mit Mitte 40 noch ein Kind wünschen, können wir nur mehr mit einer Eizellenspende helfen“, erklärt Priv.-Doz. DDr. Michael Feichtinger, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Leiter Wunschbaby Institut, aus Wien. „Zusätzlich beobachten wir bei Männern jeder Altersklasse schon seit längerem eine vermehrte Abnahme der Samenqualität. In den Medien ist passend von Spermageddon die Rede. Bei mehr als der Hälfte aller kinderlosen Paare liegt definitiv ein „Mit-Grund“ beim Mann vor, was die in der Bevölkerung völlig zu Unrecht geltende Meinung widerlegt, dass Unfruchtbarkeit ein weibliches Problem ist“, so der Kinderwunschexperte weiter.
„Ernährung und Lebensstil sind im Zusammenhang mit Kinderwunsch ebenfalls ein wichtiges Thema“, sagt DDr. Feichtinger. „Es gibt immer mehr adipöse Frauen und Männer, die aufgrund ihres Übergewichts und der damit verbundenen Lebensweise unfruchtbar sind. In solchen Fällen ist die Unfruchtbarkeit eigentlich „hausgemacht“. Das gilt vor allem für jüngere Paare. Rund ein Drittel der jungen Frauen, die eine Kinderwunschklinik aufsuchen, ist stark übergewichtig. Da reden wir von 120, 130 kg aufwärts.“
Die häufigsten Ursachen für Unfruchtbarkeit bei der Frau
Ein fortgeschrittenes Alter und Übergewicht wurden als mögliche Gründe für ungewollte Kinderlosigkeit bereits erwähnt. Doch es gibt auch eine Vielzahl anderer Ursachen, die eine natürliche Schwangerschaft verhindern können. Dazu zählen beispielsweise eine reduzierte Eierstockreserve, die sich medizinisch oft nicht erklären lässt, das PCO-Syndrom, eine hormonelle Störung, die dazu führt, dass Frauen seltener die Regel bekommen, verschlossene Eileiter aufgrund von z.B. einer Chlamydieninfektion oder eine entdeckte bzw. unentdeckte Endometriose, bei der gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe nicht nur in, sondern auch außerhalb der Gebärmutter wächst. „Durch eine angeborene Fehlbildung der Gebärmutter oder Muskelknoten in der Gebärmutter, sogenannte Myome, kann der Kinderwunsch ebenso unerfüllt bleiben“, ergänzt der Gynäkologe.
Die häufigsten Ursachen für Unfruchtbarkeit beim Mann
Leiden Männer unter einer eingeschränkten Samenfunktion, die medizinisch nicht erklärbar ist, oder einer schlechten Spermienmotilität und -morphologie, sinkt die Chance auf eine natürliche Schwangerschaft ebenfalls deutlich. „Genauso können ein Hodenhochstand oder eine Mumpsinfektion im Kindesalter sowie Krampfadern am Hoden, Varikozelen genannt, dazu führen, dass eine Befruchtung ausbleibt“, informiert Priv.-Doz. Feichtinger.
„Liegen der Unfruchtbarkeit keine nachweisbaren organischen Ursachen zugrunde, wird zusätzlich auch die Genetik des Paares angeschaut, ob die Chromosomen z.B. in korrekter Zahl und Struktur vorhanden sind. Darüber hinaus kann auch die Gebärmutterschleimhaut der Patientin genauer untersuch, Samenanalysen veranlasst werden etc. Wird man dennoch nicht fündig, heißt es einfach nur nachfragen, nachfragen, nachfragen. Oftmals ist der Grund in der Vergangenheit festzumachen oder es sind ähnliche Geschichten in der Verwandtschaft zu finden“, fügt DDr. Feichtinger hinzu.
Es gibt etliche Möglichkeiten, Paaren bei der Erfüllung ihres Kinderwunsches zu helfen. Mittlerweile distanzieren sich Ärzte von Einheitslösungen, man geht vielmehr in Richtung individualisierte Therapien. Dabei ist es sehr wichtig, in persönlichen Gesprächen herauszufinden, was das Paar eigentlich genau möchte. „Viele äußern den Wunsch, alles nur erdenklich Mögliche auszunutzen, damit es vielleicht doch noch natürlich klappt, bevor man an In-vitro (künstliche Befruchtung) denkt. Dann gibt es aber wiederum Paare, die es schon lange probiert haben, die psychisch am Ende sind und eine Behandlung möchten, die medizinisch am erfolgversprechendsten ist, egal was das körperlich und medizinisch bedeutet. Sie möchten meist gleich in Richtung In-Vitro-Fertilisation, IVF (siehe Kasten) gehen, weil alles andere sie nur noch mehr belasten würde – dann wird dieser Wunsch auch respektiert. Für jedes Paar gibt es also einen eigenen Weg“, gibt der Experte Betroffenen Hoffnung.
„Eine Leihmutterschaft (z. B. Kinderwunsch bei homosexuellem Paar) ist in Österreich verboten. Genauso dürfen alleinstehende Frauen nicht mit medizinischer Hilfe schwanger werden. Dazu gibt es aber sicher noch Diskussionsbedarf! Auch ist es in Österreich nicht oder nur sehr schwer möglich, dass sich jüngere Frauen Eizellen für später „quasi als Absicherung“ einfrieren lassen. Das Vorhaben muss medizinisch begründbar sein. Auch das wird so auf Dauer nicht haltbar sein“, ist der Mediziner DDr. Michael Feichtinger überzeugt.
Hilfe auf dem Weg zum Wunschkind
Kinderwunschkliniken haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Wunsch vom eigenen Kind wahrwerden zu lassen. Welche Möglichkeiten es gibt, schwanger zu werden, erfahren Sie anbei!
• Hormonelle Stimulationstherapie: Wenn eine Frau ein hormonelles Problem hat, das dazu führt, dass der Eisprung ausbleibt oder verzögert ist (z.B. durch das PCO Syndrom), kann eine Hormontherapie helfen. Ziel der Behandlung ist es, die Eierstöcke in ihrer Funktion zu unterstützen und somit die Reifung mehrerer Eizellen zu begünstigen.
• Insemination: Bei einer Insemination wird der speziell aufbereitete Samen des Mannes mithilfe eines dünnen Katheters in die Gebärmutterhöhle der Frau eingebracht. Die Methode kommt vor allem bei einem leicht reduzierten Samenbefund, aber offenen Eileitern zum Einsatz.
• In-vitro-Fertilisation (IVF): Bei der In-vitro-Fertilisation handelt es sich um eine Methode der künstlichen Befruchtung. Die Befruchtung der weiblichen Eizelle mit dem männlichen Samen findet dabei außerhalb des Körpers statt.
• Samenspende: Lesbische Paare sind in der Regel von einer Samenspende aus der Samenbank abhängig. Einer Frau werden die Eizellen entnommen, der anderen wird dann die befruchtete Eizelle eingesetzt. So haben beide Frauen zum Kind beigetragen und durchleben somit eine gemeinsame Schwangerschaft.