Zigarettenstummel, Glasscherben, leere Dosen, Plastikverpackungen: Wer viel draußen unterwegs ist, dem begegnet auch viel Müll anderer Menschen. „Littering“, die zweifelhafte Methode der „Entsorgung“ von Abfall im Wald, auf Wiesen, Feldwegen und auf der Straße ist ein enormes Problem in ganz Österreich - trotz gut funktionierendem Abfallmanagement und unzähligen öffentlichen Entsorgungsangeboten. Auch Verena kann ein Lied davon singen. Täglich dreht sie ihre Morgenrunde mit Hund „Charly“ und spaziert auf einem Feldweg durch ein Waldstück in die Nachbarortschaft und wieder retour. Und fast täglich klaubt sie unterwegs die Reste ihrer „Mitspazierer“ oder Radfahrer ein, die diese achtlos in der Natur zurücklassen. „Vor allem leere Dosen und Getränkeflaschen liegen am Wegrand“, erzählt die 32-Jährige kopfschüttelnd, „aber vor allem nach dem Wochenende findet sich abschnittsweise auch der Müll von offensichtlichen Familienwanderungen, von der Milchschnitten-Verpackung bis zur Bierdose“. Dabei wäre es gerade bei solchen Themen wichtig, Kinder früh zu sensibilisieren und ihnen den Wert einer sauberen Umwelt und ihre Eigenverantwortung näher zu bringen. Doch gehen Erwachsene nicht mit gutem Beispiel voran, sondern leben den Sprösslingen vor, wie es nicht geht, dann wird das Problem wohl auch für die kommenden Generationen nicht gelöst werden. „Ich versuche mittlerweile, mich nicht mehr darüber zu ärgern, sondern sehe das Müllsammeln als Teil meines Morgensports“, sagt Verena. So wie ihr geht es vielen - sie machen sich, ausgerüstet mit Einweghandschuhen und Müllsäcken, auf, um laufend, walkend oder radfahrend die Umwelt zu säubern.
Sport trifft Umweltschutz
Der Trend hat sogar einen Namen: „Plogging“ wird die Methode genannt, mit der Aufmerksame dem „Littering“ entgegenwirken wollen. Der Trend, der aus Schweden stammt, kombiniert Joggen mit dem Einsammeln von Müll. Der Begriff setzt sich aus dem schwedischen Wort „plocka“ (aufheben) und „Jogging“ zusammen.



Plogger sind mit Handschuhen und Müllsäcken ausgestattet und sammeln während ihrer Laufrunde Abfälle ein. Das fördert die körperliche Fitness und trägt aktiv zur Sauberkeit der Umwelt bei.
Auch in Österreich gewinnt Plogging an Popularität. Immer mehr Menschen schließen sich zusammen, um im Zuge sportlicher Aktivitäten die Umwelt zu säubern. Die Bewegung sensibilisiert für die Problematik des achtlosen Umgangs mit unserer Umwelt und motiviert dazu, Verantwortung für die eigene Umgebung zu übernehmen. Dass dies bitter nötig ist, zeigen die Zahlen. 2018 hat das Umweltbundesamt im Auftrag des Klimaschutzministeriums erstmals für Österreich die Menge und Zusammensetzung „gelitterter“ Abfälle erhoben. Mit geschätzt über 4000 Tonnen pro Jahr fallen demnach die größten Mengen entlang der Straßen an. Schwerpunkt der Untersuchung lag aber auf den jährlichen Flurreinigungsaktionen der Bundesländer. Bei 2774 Flurreinigungen wurden rund 1000 Tonnen Müll gesammelt, über 163.000 Freiwillige waren beteiligt. Im Burgenland, in NÖ und in der Steiermark wurden die größten Abfallmengen mit jeweils über 200 Tonnen zusammengetragen. Seit 2008 hat sich die Anzahl der Teilnehmer an Flurreinigungen österreichweit fast verdoppelt. Die Zahlen und Beobachtungen derer, die den Müll anderer einsammeln, zeigen jedoch: Mit einer jährlichen Flurreinigungsaktion ist es nicht getan. Für Verena ist daher klar: Sie macht weiter. Und versucht immer noch, sich nicht darüber zu ärgern, dass viele ihrer Mitmenschen ihren Abfall in der Landschaft verteilen, ohne an die Folgen für Mensch, Tier und Umwelt zu denken.
von Melanie Leitner
Info
Zurückgelassener Müll wie Getränkedosen, Plastikflaschen und Zigarettenstummel beeinträchtigt nicht nur das Landschaftsbild, sondern birgt auch erhebliche Gefahren für die Tierwelt. Tiere können sich an scharfen Kanten verletzen oder Plastikteile mit Nahrung verwechseln. Zudem können Schadstoffe in Boden und Grundwasser gelangen, was langfristig die Pflanzenwelt schädigt.