Und jetzt gehen wir in den Stall auch die Tiere haben ein gutes, neues Jahr verdient“, erklärt mir mein Opa, der die alte Pfanne mit getrockneten Kräutern, Speik, Palmbuschen von Ostern und Kranawett also Wacholder - in der Hand hält. Ich bin zehn Jahre alt und warte gespannt auf die Geschenke, die es später bei der Bescherung geben wird. Mein Opa gibt gerade etwas Weihrauch in die Kräuter und zündet den Inhalt nun mit heißer Glut aus dem Holzofen an.
Bevor es Geschenke gibt, wird geräuchert. So ist das jedes Jahr. Draußen ist es eiskalt, die Sterne über dem Bauernhof meiner Großeltern in Metnitz scheinen hell. Hier sieht man sie noch - in Klagenfurt, wo ich wohne, ist es oft zu hell oder nebelig für einen ungestörten Blick auf den Nachthimmel. Unter unseren Füßen knirscht der Schnee, als wir vorbei an der Holzhütte und am Misthaufen zum Stall stapfen. Dort warten schon zwei Katzen auf uns. Und drinnen: Die Kühe, die Schweine, die Hühner - sie alle erwarten uns. Sofort habe ich diesen typischen Stall-Geruch in der Nase, den ich so gerne mag. Mein Opa geht herum, begrüßt seine „Viecher“, streichelt die Kühe, lässt den Rauch aus der Pfanne aufsteigen. „Wenn ihr leise seid, könnt ihr später die Tiere reden hören - das passiert nur am Heiligen Abend“, erzählt er meinem Bruder und mir und lächelt verschmitzt. Worüber die wohl reden?
Bevor wir wieder ins Haus gehen und jedes Zimmerräuchern - der Duft liegt noch beim Schlafengehen in der Luft, umrunden wir das Haus einmal. Das soll das Gebäude selbst und alle, die darin leben, im nächsten Jahr schützen vor Bösem und vor Krankheit.
Heute, 20 Jahre später, meldet sich immer irgendwo ein Rauchmelder. Mein Bruder hält deshalb schon den Besen parat, während inzwischen mein Onkel das Räuchern übernommen hat. Und nicht nur am Bauernhof gehört das alte Ritual zum Heiligen Abend: Glaube, Entspannung, steigendes Gesundheitsbewusstsen-Reinigung, schlechten Schutz vor Mächten und nicht zuletzt die Rückbesinnung auf Bekanntes und Alt-bewährtes lassen den Brauch wieder an Beliebtheit gewinnen immer mehr auch in Städten. Meinem Opa würde das gefallen...
Clara Milena Steiner