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07.10.2022

Mobi­lität in Tirol

,,Ging wie die Feuer­wehr"

,,Seine TF ging wie die Feuer­wehr", hieß es von Zuschauern über Riedels Erfolge mit seiner Puch 250. Foto: Riedel

Claus J. Riedel und seine vergessene Leidenschaft. Der Design- und Glaspionier konnte sich mit seiner Hingabe in weit mehr als nur der Glasindustrie einen Namen machen. Foto: Riedel

Claus J. Riedel ist den meisten als Erfinder des modernen Wein­glases bekannt. Neben seiner Beru­fung für Design und Glas besaß er jedoch eine Leiden­schaft, wie weit weg von der feinen Welt des Weines war. Ruß und Benzin waren seine tägli­chen Begleiter, Kettenöl und Schraub­schlüssel lagen immer griff­be­reit: Claus J. Riedel war leiden­schaft­li­cher Motor­rad­renn­fahrer. Ein Auszug aus seinen Rennerfolgen in den 50ern.

Zwölf Stunden im Sattel

Die Katsch­berg­prü­fung war eine der gefürch­tetsten Stellen der öster­rei­chi­schen Alpen­rund­fahrt. Foto: Riedel

Am 7. Mai 1950 star­teten in Salz­burg die Motor­räder, Touren- und Sport­wagen aus ganz Öster­reich zu einer der schwersten und sicher­lich der längsten Motor­sport­ver­an­stal­tung dieser Zeit: Die tradi­tio­nelle ,,Zwölf-Stunden-Fahrt". Inner­halb von 12 Stunden galt es, eine möglichst große Anzahl von Kilo­me­tern zurück­zu­legen. Der beson­dere Kniff: Genau nach 12 Stunden hatte der Fahrer wieder in Salz­burg einzu­treffen. Eine Über­schrei­tung der Zeit um mehr als nur 30 Sekunden bedeu­tete das Ausscheiden aus der Wertung.

Nach 740 Kilo­me­tern im Renn­tempo konnte Ing. Caus Riedel mit seiner Puch 250 Gold abstauben. Die Leis­tung von Claus Riedel bei dem nerven­zeh­renden Rennen wurde beson­ders gelobt, da er sich gegen die scharfe Konkur­renz der 250er-Klasse mit einem sehr sicheren Fahr­stil behaupten konnte. ,,Von diesem jungen Talent ist noch mancher Sieg zu erwarten", lauteten damals die Lobes­zeilen.

Und sie sollten Recht behalten: Auch im nächsten Zwölf-Stunden-Rennen konnte sich Riedel einen Namen machen. Er teilte sich den Sieg nach 730 Kilo­me­tern punk­te­gleich mit zwei Wienern, die auf Puch-Eigenbau 250 Zwei­ver­ga­sern fuhren und so um 6 PS stärker waren. Sechs Sekunden kostete ihn der Kräf­te­un­ter­schied der Maschinen - auf einer Strecke von 730 Kilo­me­tern ist das quasi nichts. Mit dieser Leis­tung bewies Claus Riedel nicht nur ein ausdau­erndes Sitz­polster, sondern auch echtes fahr­kön­ne­ri­sches Talent, das den Pfer­de­stärken Konkur­renz machte.

Die berühmten Glocknerkurven der internationalen österreichischen Alpenrundfahrt. Foto: Riedel
Die berühmten Glock­ner­kurven der inter­na­tio­nalen öster­rei­chi­schen Alpen­rund­fahrt. Foto: Riedel
,,Mein erster Start
,,Mein erster Start" heißt es unter diesem Foto in Riedels Erin­ne­rungs­album. Foto: Riedel
Mit der Startnummer 35 konnte sich Claus J. Riedel noch die silberne Medaille sichern. Foto: Riedel
Mit der Start­nummer 35 konnte sich Claus J. Riedel noch die silberne Medaille sichern. Foto: Riedel

Öster­rei­chi­sche Alpen­fahrt

Zwei Tage Aufre­gung und harter Kampf­geist auf über 1000 Kilo­me­tern: Zum ersten Mal nach dem Krieg fand 1949 die legen­däre öster­rei­chi­sche Alpen­fahrt statt, wo sich Claus J. Riedel als einziger Tiroler in der Klasse Motor­räder die bron­zene Medaille holen konnte.

Kaum ein Jahr später stand er 1950 mit der Start­nummer 35 und seiner heiß geliebt Puch 250 erneut zwischen hunderten anderen Motor­rad­fans in den Start­lö­chern. Es ist noch heute wie damals erstaun­lich, dass bei der Auffahrt am Großglockner kein einziges Motorrad hängen blieb, wo doch hier so mancher Wagen von der Alpen­fahrt unter schwerem Ächzen sein Motor­herz aushauchte. Die meisten Fahrer fuhren die gesamte Strecke sicher und ohne Straf­punkte, aber bei den berühmten Berg­prü­fungen musste an vielen Stellen Zeit einge­büßt werden. Die Berg­prü­fung am Präbichl und die Katsch­berg­prü­fung waren die gefürch­tetsten Hürden, die es auf der Strecke zu bezwingen galt. Umso größer war die Leis­tung von Claus Riedel und Friedel Sandter, die sich direkt hinter den Fabriks­fah­rern noch „die Silberne“ sichern konnten. „Aber doch erster Platz der Privat­fahrer!" ziert Riedels stolze Unter­schrift heute noch das vergilbte Zeitungs­pa­pier mit der abge­druckten Wertung.

Die Drei-Pässe-Fahrt

Mit 112 km/h und einer Gehirn­er­schüt­te­rung schafft es Riedel durchs Ziel. Foto: Riedel

...oder in Inns­bruck allge­mein als „Tiroler Alpen­fahrt" bekannt. So, wie vor der großen Alpen­fahrt im Osten Öster­reichs die „Voral­pen­fahrt" ausge­tragen wurde, wollte man im Westen eine „Nach­al­pen­fahrt" starten. Mit einer Länge von 247,4 Kilo­me­tern und größ­ten­teils gut befahr­baren Straßen führte die Strecke von Inns­bruck über Inzing und Telfs nach Reutte, Arlberg, Landeck, und erneut über Telfs, Leutasch, Seefeld und Zirl zurück nach Inns­bruck. Auf der damals beson­ders reiz­vollen kleinen Straße von Telfs nach Leutasch befand sich die Berg­prü­fung, bei der alle 44 Solo- und Beiwa­gen­ma­schinen ins Schwitzen kamen. Die goldene Plakette in der Klasse bis 250cm³ holte sich Claus Riedels Puch TF - aller­dings unter fremder Führung. Riedel hatte seinem Kollegen und Freund Thaler in schönster Sport­ka­me­rad­schaft seine schnelle Puch TF geliehen, da er selbst nach einem bösen Sturz noch nicht wieder fahr­taug­lich war.