Mit Knall zum Einsatz
Das Prinzip des Airbags ist schon seit 70 Jahren bekannt: Walter Linderer hatte Anfang der 50er-Jahre die Idee von einem „aufblasbaren Behälter in zusammengefaltetem Zustand, der sich im Falle der Gefahr automatisch aufbläst“. Diesen Einfall meldete er im Oktober 1951 als „Einrichtung zum Schutze von in Fahrzeugen befindlichen Personen gegen Verletzungen bei Zusammenstößen“ zum Patent an. Doch Linderers Innovation war mit sei- nem hohen Gewicht, dem großen Volumen, der verwendeten Pressluft-Hochdruckflaschen und dem Kühlgas Frigon völlig ungeeignet, um in Autos eingebaut zu werden. 1952 hatte John Hetrick in den USA eine ähnliche Idee wie Linderer und reichte diese als Patent ein. Aufgrund der komplexen Technik und der kurzen Auslösezeiten, die zu dieser Zeit als kaum erreichbar galten, verschwanden beide Entwürfe wieder in der Schublade, bis Ende der 60er- Jahre Mercedes aufgrund besorgniserregender Unfallzahlen wieder auf die Idee des Airbag aufmerksam wurde.
Weltpremiere 1981
1967 startete Daimler erste Versuche mit explosiven Materialien, die das blitzschnelle Auslösen des Airbags garantieren sollten. 1971 war es dann so weit und man meldete ein Patent auf ein Airbagsystem mit Festtreibstoff-Gasgenerator und „Fangbändern“ an, die für eine gleichmäßige Ausrichtung der Luftkissen sorgten. Die Aufblaszeit lag schon damals bei kurzen 30 Millisekunden. Die öffentliche Weltpremiere erfolgte im Februar 1981 auf der Amsterdam Motor Show. Nur einen Monat später präsentierte die Marke mit dem Stern den Fahrerairbag und Gurtstraffer auch auf dem Auto- Salon in Genf. Seitdem ging es mit dem Airbag steil bergauf. Fand man zu Beginn noch mit einem Fahrer-Airbag im Lenkrad das Auslangen, so sollten im Laufe der Zeit weitere Systeme folgen: 1994 verbaute Volvo den ersten Seitenairbag, 1996 folgte der erste Knieairbag im Kia Sportage.1997 führte BMW mit dem ITS den ersten Kopfairbag ein, 1998 gab es die ersten seitlichen Vorhangairbags für Vorder- und Rücksitz im Volvo S80. Im Jahre 2010 wurde ein Gurtairbag im Lexus LFA vorgestellt und 2012 ein Fußgängerairbag im Volvo V40. Und ein Ende ist nicht abzusehen: So feierten etwa die Fondairbags erst 2020 ihre Weltpremiere.
RICHTIGES TIMING ENTSCHEIDEND
Viel Zeit darf nicht vergehen, wenn der Airbag seinen Einsatzbefehl bekommt – nach 20 bis 30 Millisekunden muss der Luftsack auf der Fahrerseite voll aufgepustet sein. Am hektischsten geht es aber bei Seitenairbags zu: Nur fünf bis sieben Tausendstel bleiben den aufblasbaren Lebensrettern, um ihre Schutzwirkung aufzubauen. Für das blitzartige Aufblasen greift man in der Regel auf einen anorganischen Brennstaff namens Natriumacid zurück, der sich auf den Punkt genau dosieren lässt. Damit sich der schützende Luftsack binnen weniger Millisekunden vor den Insassen aufblähen kann, bedarf es eines exakten Timings. Sensoren erkennen besonders kräftige Verzögerungen, wie sie etwa bei einer schweren Frontalkollision auftreten, und lösen die Zündung einer Treibladung aus.
Guten Schutz bietet der Airbag in Kombination mit dem Sicherheitsgurt, denn beide zusammen dämpfen die Bewegung des vorschnellenden Oberkörpers. Auch der Gurtstraffer spielt dabei mit: Schlägt da derselbe Sensor wie beim Fahrerairbag Alarm, wird eine kontrollierte Pyrotechnik ausgelöst und eine Treibladung sorgt binnen weniger Millisekunden dafür, dass der Dreipunktgurt fester anzieht. Nicht immer muss es beim Unfall zum Auslösen des Airbags kommen: Bei weniger als 20 km/h Aufprallgeschwindigkeit oder wenn der Anstoßwinkel mehr als etwa 45 Grad von der Fahrzeuglängsachse abweicht, bleibt der (Front-) Airbag drin.
Lebensrettende Pflicht
Eine Meilenstein in der Erhöhung der Verkehrssicherheit feiert Geburtstag: Vor 45 Jahren wurde in Österreich die Gurtpflicht eingeführt.
Was eigentlich nur ein Grund zur Freude sein sollte, wird durch aktuelle Studien getrübt: Die Anschnallpflicht rettet seit 45 Jahren unzähligen Autofahrern Leben, dennoch schnallen sich nur 97 Prozent der Pkw-Insassen im Auto an. Das zeigte eine Beobachtung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit von mehr als 50.000 Betroffenen. Ein Gesetzesmissbrauch, der vor allem in der zweiten Reihe stattfindet. „Ohne Gurt ist das Todesrisiko für bei Verkehrsunfällen mit Personenschaden verunglückte Pkw-Insassen zehn Mal höher als mit“, wies KFV-Direktor Othmar Thann auf die Wichtigkeit hin. Denn gerade auf Kurzstrecken oder dem Schulweg wird häufig auf das Anschnallen verzichtet.