Er bemalte schon Rennwagen für die Formel 1, verschönerte Flugzeuge und LKWs mit großflächigen Motiven und verwandelte amerikanische Oldtimer in individuelle Costum-Cars für die großen Motorshows. Der Wiener Knud Tiroch ist längst zu einer festen Größe in der internationalen Kunst- und Tuningszene geworden. Seit Kurzem ist der talentierte Künstler offiziell in Pension gegangen. Trotzdem stehen die Motoren bei ihm nie still: Im vergangenen Jahr hat er mit seinem selbst gebauten Super-Show-Car „Mercurius GTC“ auf den europäischen Motorshows einen Sieg nach dem anderen eingefahren. Mit uns spricht der Wiener über seine beeindruckenden Airbrush-Projekte und über seine große Leidenschaft für Hotrods und Muscle-Cars.
Neue Wege in der Kunst beschreiten
Knud Tirochs Werdegang begann auf der renommierten Kunstakademie in Wien. Dort hat er die Techniken der alten Meister erlernt, wie es zu dieser Zeit üblich war. „Damals gab es in Amerika aber schon viele innovative Techniken. In Europa hingegen war so etwas Modernes wie das Malen mit dem Luftpinsel gar nicht gut angesehen. Da man als Künstler ständig Neues ausprobieren möchte und sollte, entschied ich mich dazu, diese neue Maltechnik zu erlernen“, erzählt er. Knud Tiroch zog also für ein Jahr nach Chicago, wo er das Airbrushing perfektionierte. In den USA ist er auch zum ersten Mal mit der dortigen Muscle-Car und Hotrod-Szene in Berührung gekommen. „Da habe ich Leute kennengelernt, die waren wahnsinnig kreativ, richtige Tüftler! Sie konnten sich voll und ganz für eine Sache begeistern und sich darin vertiefen. Das hat mich unheimlich fasziniert“, verrät der Künstler.
Info
Knud Tiroch
gibt 2-mal jährlich
Airbrush-Kurse an der
WDA Innsbruck
Weitere Infos: info@wktirol.at
Passion für Hotrods und Muscle-Cars
Zurück in Österreich beschloss Knud, aus dieser neuen Leidenschaft für US-Cars etwas Großes aufzubauen. Im Industriegebiet von Baden bei Wien errichtete er mehrere Flugzeughangars. In einem von ihnen lebt er sogar seit mittlerweile 35 Jahren. In dieser Zeit gründete er auch den „Hotrod Hangar“, einen Rennstall für klassische Tourenwagen. Dort befinden sich aktuell 30 amerikanische Muscle-Cars. „Meine Lieblings-Modelle sind die Autos der Firma Chrysler, die haben einfach Charakter! Moderne Autos besitze ich gar keine, weil sie mir nicht gefallen. Ich fahre auch keine E-Autos oder SUVs“, erklärt Knud Tiroch. Die Zeiten, in denen es noch mehr bunte Farben auf den Straßen gab, vermisse er: „Niemand möchte mit seinem Auto auffallen. Auf den Straßen ist alles grau. Ich halte das für eine negative Entwicklung.“
Vater und Sohn auf Oldtimer-Jagd
Bei seinen zahlreichen Projekten wird Knud Tiroch bereits seit vielen Jahren von Sohn Dominic unterstützt. „Dominic ist ein ,natural born hotroder“, lacht Knud. „Der ist praktisch in der Werkstatt aufgewachsen. Genauso wie mich begeistern auch ihn Muscle-Cars.“ Als Team sind sie ständig auf der Suche nach alten und seltenen Automodellen. Bekommen die beiden einen Tipp aus der Szene muss alles sehr schnell gehen: Dann setzen sie sich auch mal spontan in den Flieger nach Amerika, damit ihnen kein anderer Interessent zuvorkommt.
„Über die Jahre haben wir viele tolle Modelle aufgespürt, die wir dann liebevoll restauriert haben. Wir verkaufen sie aber nicht weiter“, erzählt Knud. Im Hotrod Hangar sind Dodges, Plymouths und Pontiacs aus den 60er- und 70er-Jahren zu finden. Einige besonders alte Hotrods stammen sogar aus den 1930ern.
Der Hotrod Hangar wurde über die Jahre zum Aushängeschild für die Airbrush- und Hotrod-Szene in ganz Österreich. Es folgten Drehs für die beiden Fernsehsendungen „Hotrod Hangar“ und „die PS Profis Wien“.
Info
Hotrod Hangar
in Traiskirchen
Öffnungszeiten:
Schriftliche Terminanfrage
via E-Mail: knud.tiroch@gmail.com
Das Innerste nach außen kehren
Neben dem Restaurieren und Tunen alter Muscle-Cars war Knud Tiroch parallel stets als Airbrush-Künstler tätig. Zu seinen Kunden und Freunden gehören zahlreiche bekannte Persönlichkeiten wie Fürst Albert II. von Monaco, Arnold Schwarzenegger, ZZTop, Reinhard Fendrich, David Coulthard und Felix Baumgartner. Auf die Frage nach dem aufwendigsten Projekt seiner Laufbahn weiß Knud prompt eine Antwort: „1986 habe ich als Industrieauftrag die Turbinenverkleidung im Fernheizkraftwerk Mellach in der Steiermark bemalt. Auf über 700 m² wurde außen das dargestellt, was innen vor sich geht. So können Besucher bei Führungen nachvollziehen, wie das Innenleben einer Turbine aussieht. Es ist, als würde man in sie hineinblicken können.“ Rund zwei Monate lang arbeitete der Wiener an diesem Projekt. Rückblickend stellt er fest, dass es sich dabei zwar um seinen größten, allerdings nicht um seinen schwierigsten Auftrag handelte.
Königsklasse: Malen für die Formel 1
Mit der Gründung des Formel-1-Teams Scuderia Toro Rosso im Jahr 2005 war Knud Tiroch von Anfang an mit dabei: Er bemalte gemeinsam mit dem Tiroler Elmar Schmarl die Rennwagen-Flotte sowie alle Eingänge und Trucks mit dem ikonischen roten Stier. „Als Künstler bin ich sehr stolz, dass ich mich auf den Formel-1-Autos verwirklichen durfte. Das ist schon so etwas wie die Königsklasse“, erzählt er.
Der begabte Airbrusher bekam auch den Auftrag, die Air-Race-Flugzeuge für Red Bull zu gestalten. Dafür ist er unter anderem nach Frankreich und Amerika gereist. Insgesamt hat Knud 15 Jahre lang für die Formel 1 gearbeitet. Dabei musste er bei zahlreichen Projekten absolutes Stillschweigen bewahren: „Wir bemalten die LKWs für das Team im Geheimen. Bis zur Präsentation durfte die Öffentlichkeit sie keinesfalls zu Gesicht bekommen.“
Schritt für Schritt zum Kunstwerk
Doch, wie sieht eigentlich der Weg vom ersten Entwurf über das Sprayen bis hin zum fertigen Objekt aus? Knud Tiroch erklärt mir den Ablauf: Jedes Projekt bestehe ihm zufolge aus mehreren Phasen, egal, ob es sich um ein großes Flugzeug, um ein Auto oder um ein kleineres Objekt handle. „Zuerst lege ich den Kunden Bilder vor, damit sie sich vorstellen können, wie das Objekt am Ende aussehen könnte. Dann wählen sie ein Motiv aus, das anschließend in Großformat umgesetzt wird.“ Dabei gibt es meist ein Team, welches das Fahrzeug vorbereitet und in die gewünschte Grundfarbe bringt. Dann kommt Knud ins Spiel und zaubert bunte Kunstwerke auf die Objekte. „An einem Flugzeug arbeite ich auch 7 bis 10 Tage lang. Es handelt sich ja doch um riesige Flächen und ich erledige ja alles in Handarbeit“, berichtet er. Wenn das Fahrzeug dann fertig bemalt ist, wird es mit Klarlack versiegelt.
Preisgekrönter Mercurius GTC
Wie von einem anderen Stern - so wirkt Knud Tirochs neuestes Costum-Car: der Space-Racer Mercurius GTC. Über die letzten drei Jahre baute Knud aus einem 1951er Mercury Coupé ein raumschiffähnliches Show-Car. Inspiriert wurde er von Autos in Cyber-Games. Was als kreatives Kunstprojekt begann, endete im ganz großen Erfolg: Auf den internationalen Motorshows in Schweden, Belgien, Norwegen und Italien konnte er die Fachjury regelmäßig überzeugen und räumte einen Pokal nach dem anderen ab. „Wenn man einmal anfängt zu gewinnen, wollen alle Motorshows dein Auto haben“, verrät Knud stolz. Auch beim European Tuning Showdown 2023 am Bodensee belegte sein 530 PS starker Space-Racer den ersten Platz.
Um den ganz großen Ruhm ist es Knud Tiroch bei seinem künstlerischen Schaffen allerdings nie gegangen. Er findet: „Wenn du ein Kreativer bist und arbeitest, dann denkst du nie an das Geld oder an den Erfolg. Erfolg ist etwas, was sich dann später vielleicht einstellt, aber du bist niemand, der Kunst betreibt, weil er ein Star oder reich oder bekannt werden will. Du machst einfach Kunst. Der Erfolg ist nur eine Begleiterscheinung.“
von Anna Terleth