Zumindest noch, denn wenn jemand bei ihm vorkommt und zufällig ein paar Millionen übrig hat, kann dies alles ganz schnell den Besitzer wechseln. „50 Jahre sind genug“, prangt auf der gelben Fassade seinen Wohndomizils. Und darunter: „Zu verkaufen 2022: Mein Haus, meine GmbH, meine Ferraris“. Verkauft wird allerdings nur im Gesamtpaket. Sogar die Telefonnummer steht extra dabei. Bereits vor zwei Jahren hat er das Plakat auf die Hauswand installiert. Vor allem das Haus und das Grundstück gab es immer wieder Angebote.
Mit 72 Jahren ist es genug
Was wie eine Szene aus einer Filmkomödie klingt, ist für Bliem, legendär unter dem Namen „Ferrari Schorsch“, Realität. Mit 72 Jahren scheint es für ihn Zeit, sich zur Ruhe zu setzen. Obwohl man vom Ferrari-Mythos ohnehin nie loskommen wird.
Symbolisch gesprochen stellt Schorsch jedoch die Pferde in den Stall.
Ein Original aus Schwaz
Zugegeben: auf Understatement setzte das Original aus Schwaz nie. „Ich bin ein besonderes Exemplar“, sagt der Mann, der bis heute stylish den Look der wilden, unbeschwerten 70er-Jahre interpretiert. Von der Optik her ein Typ wie der legendäre TV- Held Jason King. Die Haare und der dicke Schnauz sind zwar grau geworden und bilden einen Kontrast zum schwarzen Stirnband und der knallroten Ferraribrille. „Ich bin halt ein echter Benzinbruder der alten Schule und lebe für mein Hobby Ferrari und habe es zu meinem Beruf gemacht.“
Doch hinter dem vermeintlich flockig lockeren Luxusleben steckte von jeher viel Arbeit und noch mehr Geschäftstüchtigkeit. Denn „der Schorsch“ ist alles andere als mit dem Goldenen Löffel auf die Welt gekommen. Vielmehr war es das Mechanikeröl, mit dem er als Kfz-Lehrling schon früh in Berührung kam. Doch Bliem reparierte nicht nur Autos, er verkaufte sie auch. „Man muss fleißig sein. Es hat zwar nicht immer alles geklappt, aber über die Jahre ist eines zum anderen gekommen“, bilanziert er nach 50-jähriger Selbstständigkeit. Die wichtigste Tugend war aber sicher die Leidenschaft, die ihn zum echten Ferraristi machte. Im Jahr 1975 kaufte er seinen ersten Ferrari, Modell 355, und wurde damit zum Gesprächsthema in Schwaz.
Er etablierte sich als Händler, fuhr selbst unzählige Rennen und wurde bald zum „Ferrari Schorsch“. Sein Vorteil: als freier Händler war er niemanden unterstellt, baute sich selbst seine Kontakte in Italien und Deutschland auf. So konnte Schorsch einen Ferrari zumeist in kurzer Zeit besorgen. „Zum Unterschied von offiziellen Händlern, bei denen die Wartezeit oft ein oder sogar zwei Jahre beträgt.“ Bei ihm dauert es im Schnitt nicht länger als einen Monat. Zudem gibt es auch noch Zubehör wie vom Ferrari-Handtuch bis hin zum Ferrari-Kühlschrank.
Der Geld-Adel und die Prominenz ging bei ihm ein und aus. Aber nicht nur der, weil es auch Autos für den schmaleren Geldbeutel gibt. „Von Ferrari allein hätte ich nicht leben können.“ Verkauft hat er dennoch weit über 100 davon. Obwohl Bliem alias „Ferrari Schorsch“ Summen bewegte, die viele Menschen wahrscheinlich ein Leben lang nicht sehen, verlor er nie die Bodenständigkeit. Statt andere für sich arbeiten zu lassen, legt er bis heute selbst Hand an. „Motoren und Getriebe mache ich selbst“, hat er vielen ausgedienten Ferraris - aber auch anderen Boliden - neues Leben eingehaucht.
„Der Lange“ als treuer Helfer
Treu zur Seite stand ihm die letzten 37 Jahre sein Helfer Alberto, von allen nur „Der Lange“ genannt. Er ist der einzige Mitarbeiter, den Bliem beschäftigt. Dass dieser nun die Pension antritt, ist ein weiterer Grund, warum er sich von allem trennen will. Immer wieder rufen auch Interessierte an oder schauen vorbei. Das Staunen ist nicht schlecht, wenn „der Schorsch“ die roten Tücher hebt und die heißesten Schlitten hervorragen. Sollte sich kein Käufer für sein Lebenswerk finden, nimmt es der 72-Jährige auch nicht so tragisch, „Schließlich gibt es da noch meine Tochter und deren Freund, der Mechaniker ist. Denen schenke ich dann einfach alles.“ Wohl wissend, dass seine geliebten Pferde im Stall bestens aufgehoben wären.