Patienten in Gangbetten sind seit Langem ein großes Problem in überfüllten Spitälern. Das aber offenbar nur die Bundeshauptstadt hat.
Kaltes Neonlicht, permanente Unruhe und Personen, die um einen herumlaufen. So ergeht es Patienten in Gangbetten in Wiens Spitälern. Das Problem ist seit Langem bekannt, genauso wie die Ausreden der politisch Verantwortlichen: „Grippezeit“. Zugleich gibt es auch eine trickreiche Statistik des städtischen Krankenanstaltenverbundes (KAV) zur Causa. So müsse nur einer von 696 stationären Patienten pro Tag am Gang liegen. Umgerechnet 0,14 Prozent, heißt es dort. Der Schönheitsfehler: Gezählt werden Aufenthalte auf dem Flur erst ab zwölf Stunden. Sogar der Stadtrechnungshof übte heuer bereits in einem Bericht heftige Kritik an den Gangbetten. Privatsphäre, Hygiene und Brandschutz sind ein Problem.
Schon 2017 zeigte ein Lokalaugenschein von krone.tv den traurigen Alltag in Wiens Spitälern:
Wie reagiert darauf die zuständige Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger? Sie berief einen Gangbetten-Gipfel ein, wo wieder einmal Lösungen präsentiert wurden. Bis Mitte 2019 ist der Ausbau der zentralen Notaufnahmen geplant. „Jedes Gangbett ist eines zu viel“, so das Motto. Viele Betroffene und ihre Angehörigen werden aber womöglich vorerst einmal an ein Zitat aus Goethes „Faust“ denken: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“
In den Bundesländern gibt es kaum Patienten, die am Gang liegen müssen:
Salzburg: Organisation trotz Reduktion
„Kein Patient muss länger in einem Krankenhaus sein, als dies medizinisch notwendig ist. Für die Betreuung und Nachbehandlung stehen ausreichend externe Möglichkeiten zur Remobilisation bzw. in den Seniorenheimen Betten für die Übergangspflege zur Verfügung“, sagt Salzburgs Landeshauptmann-Stellvertreter Christian Stöckl. „Obwohl uns die Gesundheitsreform des Bundes vorschreibt, die Anzahl der Betten in den Spitälern zu reduzieren, ist es uns gelungen, die Versorgung der Patientinnen und Patienten auch bettenmäßig sehr gut zu organisieren.“
Tirol: Kein Patient liegt am Gang
„Bei uns gibt es eigentlich keine Gangbetten“, erklärt Cornelia Seiwald vom Medienservice der tirol kliniken. Und wenn doch, dann sei das ein absoluter Ausnahmefall: „Aber selbst zum Höhepunkt der Grippewelle heuer im Jänner und Februar gab es keine Betten am Gang“, fährt sie fort. Diese Aussage sei auch nicht bloß eine Momentaufnahme: „Ich bekomme ähnliche Anfragen immer wieder“, erklärt Seiwald. Die Antwort sei aber stets, dass man in Tirol keine Gangbetten benötige. Man gehe davon aus, dass auch künftig bei etwaigen Engpässen keine Patienten am Gang liegen müssen.
Oberösterreich: Tagesklinische Behandlungen
„In unseren Häusern muss definitiv kein Patient am Gang liegen“, heißt es in Oberösterreich einhellig vom Landesspitalsträger Gespag, den Ordenskliniken und dem Kepler Uniklinikum. Warum die Situation für Patienten hierzulande deutlich günstiger scheint als in Wien, erklärt Gespag-Vorstand Karl Lehner: „Wir bemühen uns, möglichst viele Patienten tagesklinisch zu behandeln - etwa bei Star-Operationen oder Kniearthroskopien.“ Außerdem gebe es interdisziplinäre Stationsbelegungen. „Das erfordert saubere Planung und entsprechende Flexibilität.“
Steiermark: Viel in Ausbau investiert
„Bei uns stellt sich die Frage nicht, es gibt keine Gangbetten“, erläutert Reinhard Marczik, Chef der Öffentlichkeitsarbeit bei der steirischen Krankenanstaltengesellschaft, die aktuelle Situation. Ein intensives Bauprogramm - in der Steiermark wurden Hunderte Millionen in die Erneuerung der Spitäler investiert - sei mit ein Grund dafür. „Wir sind gut aufgestellt.“ Selbst jetzt, mitten in der Grippewelle, gebe es in keinem der Häuser Meldungen von Überbelegungen. „Außergewöhnliche Vorfälle wie Epidemien oder Naturkatastrophen sind zum Glück ja nicht das Tagesgeschäft.“
Niederösterreich: Jede Nacht im Zimmer
„Grundsätzlich gibt es in unseren Häusern keine Gangbetten, in denen Patienten liegen“, heißt es von der Landesklinikenholding. Zwar seien mitunter Betten auf den Stationen abgestellt, dabei handle es sich jedoch lediglich um „vorbereitete“, die später in den Zimmern benutzt werden. „Seltene Einzelfälle“ könnten zwar nicht komplett ausgeschlossen werden. Dass jemand gar die ganze Nacht außerhalb eines Zimmers verbringen müsse, komme nicht vor. Gegebenenfalls erfolge bei vollem Spital eben der Transfer mittels Rettung in eine andere Klinik mit freien Kapazitäten.
Kärnten: Engpässe in der Grippezeit
In Kärnten hält sich die Anzahl von Gangbetten zwar verhältnismäßig in Grenzen - dennoch lassen sie sich vor allem während einer Grippewelle sowie aufgrund des Versorgungsengpasses während der Feiertage im niedergelassenen Bereich nicht vermeiden. Im Klinikum Klagenfurt wird in einer derartigen Situation zuerst auf Einschubbetten zurückgegriffen - aus Zweibettzimmern werden Dreibettzimmer. Erst danach komme es zur Installierung von Gangbetten. Die Patienten warten jedoch maximal 24 Stunden auf ein freies Bett. Trennwände sollen dabei die Privatsphäre wahren.
Vorarlberg: Pufferzone für Epidemien
Auch in Vorarlberg gibt es fall- bzw. stundenweise Gangbetten. Es handele sich hier immer um eine temporäre Gegebenheit je nach Erkrankungswelle - und dies werde sich aufgrund der Spitzen von Erkrankungen nie ändern lassen. Angestrebt werde eine sinnvolle Auslastung von Betten während des Jahres. Diese betrage über 70 Prozent bei insgesamt 1570 Betten in allen fünf Landeskrankenhäusern. Damit sei die notwendige Pufferzone für plötzliche Epidemien oder sonstige Erkrankungen gegeben, und doch könne es in einzelnen Abteilungen zu Versorgungsspitzen kommen.
Burgenland: Transfer in ein anderes Spital
Burgenländische Patienten kennen die Wiener Gangbetten-Problematik offenbar nur vom Hörensagen. In den KARGES-Spitälern in Güssing, Kittsee, Oberpullendorf und Oberwart sind sie aufgrund eines ausgeklügelten Belegsmanagements kein Thema, so Geschäftsführer Karl Helm: „Es war bis dato nicht notwendig, Patienten auf den Gängen liegend unterzubringen.“ Und auch im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt gebe es schon lange keine solche Behandlung von Patienten mehr. Im Zweifelsfall werden Betroffene mit der Rettung in ein anderes Spital transferiert.
Kronen Zeitung
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