Oberösterreich hatte im Jahr 2001 bei einem österreichischen Gericht eine Unterlassungsklage gegen den Temelin-Betreiber CEZ eingebracht. Die Begründung: Die 60 Kilometer vom Kraftwerk entfernt liegenden Anbauflächen der Landwirtschaftsschule des Landes Oberösterreich würden durch die Immissionen der Anlage beeinträchtigt. Die Sache ging bis zum EuGH, der dem Land am Dienstag eine Abfuhr erteilte.
Temelin-Betreiber begrüßt Entscheidung
CEZ hat die Entscheidung des EuGH indessen begrüßt. Der Europäische Gerichtshof habe nun bereits zum zweiten Mal zugunsten von CEZ entschieden. Dies bestätige, dass das Atomkraftwerk Temelin unter voller Einhaltung der tschechischen und europäischen Gesetzgebung betrieben werde, erklärte CEZ-Sprecherin Eva Novakova am Dienstag laut der tschechischen Nachrichtenagentur CTK.
Der EuGH fordert nun die österreichischen Gerichte, die mit einer nachbarrechtlichen Klage von Grundstückseigentümer auf Unterlassung schädlicher Einwirkungen durch das Kernkraftwerk Temelin befasst sind, auf, die von den tschechischen Behörden erteilte Betriebsgenehmigung zu berücksichtigen. Es könne nicht sein, dass ein inländischer Anlagenbetreiber sage, dass Emissionen im Inland geduldet werden müssten, ausländische Emissionen aber nicht.
EuGH kritisiert Ungleichbehandlung
Konkret heißt es in dem Urteil, dass "Österreich die Diskriminierung in Bezug auf die in der Tschechischen Republik für den Betrieb des Kernkraftwerks Temelin erteilte behördliche Genehmigung nicht mit einer Berufung auf die Notwendigkeit rechtfertigen kann, das Leben, die öffentliche Gesundheit, die Umwelt oder das Eigentumsrecht zu schützen". Der bestehende gemeinschaftliche Rahmen, dem diese Genehmigung zum Teil unterliege, trage in wesentlicher Weise gerade zur Gewährleistung des Schutzes dieser Werte bei. Die "genannte Ungleichbehandlung kann somit im Hinblick auf diese Schutzziele weder als erforderlich noch als verhältnismäßig angesehen werden", betont der EuGH.
Oberösterreich will sich nach dem Temelin-Urteil des EuGH allerdings noch nicht geschlagen geben. Das Gericht habe lediglich darauf hingewiesen, dass man ausländische Betriebsanlagengenehmigungen nicht grundsätzlich ignorieren dürfe und außerdem die Bestimmungen des Euratom-Vertrages berücksichtigen müsse. Nun könne vor einem Gericht in Linz weiterverhandelt werden, kündigten Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) und der Anti-Atom-Beauftragte des Landes, Radko Pavlovec, in Presseaussendungen an.
Umweltlandesrat trotzdem optimistisch
Für Anschober ist die Sache noch nicht entschieden: Das EuGH-Urteil stelle nach der Entscheidung der EU-Kommission, dass Tschechiens UVP-Gesetz den EU-Standards nicht entspreche, einen "weiteren Zwischenerfolg" dar. Es bedeute nämlich auch, dass die österreichische Unterlassungsklage nicht grundsätzlich unzulässig sei. Ein Verfahren vor dem Landesgericht Linz werde zeigen, ob die tschechische Genehmigung tatsächlich ausreiche, um die hohen Schutzvorschriften zu erfüllen. Vorhersagen über den Ausgang will er nicht treffen: "Wir betreten damit weltweit Neuland." Er sehe allerdings eine "intakte Chance im Kampf gegen Temelin".
"Das AKW Temelin wurde noch vor dem EU-Beitritt Tschechiens in Betrieb genommen. Die Baugenehmigungen stammen aus der Zeit des kommunistischen Regimes, Mitsprache der Bürger oder Nachbarstaaten war nicht möglich", so Pavlovec. Das Kraftwerk weise schwerwiegende Sicherheitsmängel auf, die entgegen den Bestimmungen des Melker Abkommens bis heute nicht beseitigt seien. "Es besteht daher die berechtigte Hoffnung, dass die Betriebsgenehmigung der Überprüfung vor einem unabhängigen Gericht nicht standhalten wird", schließt sich Pavlovec Anschobers Optimismus an.
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