FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus kann dem Kampf des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban gegen den ungarischstämmigen US-Milliardär George Soros nach dem Wahlsieg der regierenden Fidesz-Partei einiges abgewinnen. Es gebe „stichhaltige Gerüchte“, wonach Soros daran beteiligt sei, „Migrantenströme nach Europa zu unterstützen“, sagt Gudenus. SPÖ und NEOS reagieren entsetzt auf die Sympathiebekundungen - und fordern persönliche Konsequenzen.
Soros habe einige NGOs finanziert, die „für die Massenmigration nach Europa mitverantwortlich“ sind, sagte Gudenus gegenüber der „Presse“ vom Samstag. Gefragt nach Beweisen für seine Behauptung antwortete der FPÖ-Klubobmann: „Ich habe von stichhaltigen, sich verdichtenden Gerüchten gesprochen.“ Er glaube nicht, dass „die Massenimmigration nach Europa zufällig in dem Ausmaß passiert“ sei. Soros sei da einer der möglichen Akteure. „Es gibt auch diverse Papiere in der EU, die zeigen, dass das stattfinden soll“, so Gudenus. Der US-Milliardär spiele aus seiner Sicht jedenfalls „eine fragwürdige Rolle“. Er habe „mit viel Kapitalmacht versucht, alle möglichen Umwälzungstendenzen in Osteuropa zu finanzieren“.
SPÖ sieht „rote Linie“ überschritten
Die Oppositionsparteien SPÖ und NEOS kritisierten Gudenus‘ Aussagen scharf. SPÖ-Chef Christian Kern betonte am Samstag in einer Aussendung, das Thema Migration stelle eine enorme Herausforderung für Österreich und ganz Europa dar. „Um diese Herausforderung erfolgreich zu bewältigen, braucht es kühlen Kopf, entschlossenes Vorgehen und europäische Zusammenarbeit. Was es aber zur Bewältigung ganz sicher nicht braucht, sind Hetze und Verschwörungsrhetorik“, so Kern.
Es sei daher völlig inakzeptabel, wenn Gudenus auf diesem brisanten Themenfeld mit „eindeutig antisemitisch eingefärbter Polemik zündelt und mit antisemitisch angereicherten Argumenten Ängste schürt“. Damit habe der FPÖ-Klubobmann eine rote Linie überschritten. Um Schaden von Österreich abzuwenden, müssten sich Bundeskanzler Sebastian Kurz und die gesamte FPÖ-Spitze nun dringend und eindringlich überlegen, „ob Gudenus als Klubobmann im Parlament noch tragbar ist“, erklärte der SPÖ-Chef.
Orban-Stil hat für NEOS „in Österreich nichts verloren“
„Fassungslos“ reagierte auch NEOS-Wien-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger auf Gudenus, der sich „auf das Niveau des Orban-Kurses begeben“ habe. „Dass ein österreichischer Politiker auf die antisemitische Politik aufspringt und damit das Spiel mit der Angst ganz bewusst noch weiter befeuert, können wir nicht einfach so stehen lassen und zur Tagesordnung übergehen“, kritisierte Meinl-Reisinger in einer Aussendung. Der Politik-Stil Orbans habe in Österreich nichts verloren.
„Ich erwarte mir hier deshalb auch ganz klare Worte von Kanzler Kurz“, betonte die NEOS-Politikerin. „Bevor Sie jetzt die persönlichen Konsequenzen daraus ziehen - die ich mir selbstverständlich erwarte - fordere ich Sie in einem ersten Schritt auf, sich öffentlich und glaubwürdig bei George Soros für ihre haltlosen Behauptungen zu entschuldigen“, so Meinl-Reisinger an Gudenus gerichtet.
FPÖ: „Selbst Netanyahu sagt das“
FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky hat seinem Parteikollegen inzwischen den Rücken gestärkt. „Der schon automatisierte hysterische Aufschrei der Opposition ist völlig überzogen“, meinte Vilimsky ebenfalls via Aussendung. Ein Blick über ihren „kleinen politischen Tellerrand“ hätte für die beiden Oppositionsparteien genügt, um zu erfahren, dass nach Medienberichten selbst der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu im Februar gesagt habe, „dass Soros hinter einer Kampagne in Israel gegen die Abschiebung afrikanischer Flüchtlinge in Drittländer“ stecke. Im Juli 2017 habe das israelische Außenministerium außerdem mitgeteilt, dass Soros Organisationen, die Israel verleumdeten und dem Land sein Recht auf Selbstverteidigung absprächen, finanziere, fügte der FPÖ-Generalsekretär hinzu.
Soros-Organisation vor Rückzug aus Ungarn
Ungarns neuer alter Ministerpräsident Orban hatte im abgelaufenen Parlamentswahlkampf unter anderem behauptet, Soros würde „von außen“ eine „Masseneinwanderung“ in die EU steuern. Die Angriffe auf Soros wurden in Ungarn auch nach dem Wahlsieg von Orbans Fidesz-Partei am 8. April fortgesetzt. Die Wochenzeitung „Figyelö“ veröffentlichte vor Kurzem eine Liste mit 200 Personen, die sie als „Soros-Söldner“ bezeichnete. Darunter befand sich auch der österreichische Politikwissenschaftler Anton Pelinka, der an der von Soros initiierten Central Europe University unterrichtet. Als Reaktion auf die Attacken erwägt die Soros-Stiftung Open Society Foundation nun den Wegzug aus Budapest.
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