Mercosur-Pakt-Debatte

Kein Importfleisch: Wirte tischen Stück Heimat auf

Mercosur
10.05.2018 06:55

Schon jetzt werden 1,3 Millionen Tonnen Fleisch in die EU importiert. Geht es nach den vier südamerikanischen Mercosur-Staaten, soll die Zahl an billigem Importfleisch noch mehr steigen. Einen Kontrapunkt setzen heimische Gastronomen, die bewusst auf rot-weiß-rote Qualität achten. Die „Krone“ sprach mit vier Wirthauspionieren.

Das Mercosur-Abkommen: Diskutieren Sie mit in unserem Leserforum auf www.krone.at/mercosur.

„Alles, was bei uns auf der Speisekarte steht, ist aus Österreich. Vom Fleisch bis zur Milch. Wir - meine Frau und meine Mama - machen das aber nicht, weil es gerade im Trend liegt, sondern weil es uns bereits mein Papa, der leider vor 24 Jahren viel zu früh verstorben ist, immer vorgelebt hat“, schildert der 42-jährige Post-Wirt Alois Rainer aus dem Zillertal. Mit seiner Philosophie des rot-weiß-roten Menüs ist der Tiroler Gastronom jedoch nicht die Regel, sondern ein Vorzeigebeispiel.

Alois Rainer, Gasthof Post in Strass im Tiroler Zillertal: „Wir setzen seit jeher auf Produkte aus der Region. Das meiste Rind-, Kalbs- und Schweinefleisch kommt aus der Landwirtschaft meines Bruders neben unserem eigenen Betrieb.“ (Bild: Christian Forcher)
Alois Rainer, Gasthof Post in Strass im Tiroler Zillertal: „Wir setzen seit jeher auf Produkte aus der Region. Das meiste Rind-, Kalbs- und Schweinefleisch kommt aus der Landwirtschaft meines Bruders neben unserem eigenen Betrieb.“

Rindfleisch aus sechs Kontinenten, das ist die Realität“ 
„Rindfleisch aus sechs Kontinenten, das ist - etwa bei einem heimischen Steak-Restaurant - die Realität. Und durch die fehlende, gesetzlich noch immer nicht vorgeschriebene Herkunftsangabe stammen etwa 70 Prozent des verkochten Rindfleisches in Gastronomie, Hotellerie, Großküchen und Fertiggerichten aus dem Ausland von Argentinien bis Brasilien, wo der Einsatz von Hormonchips und Gentechnik tägliche Praxis ist. Bei Schweine-, Geflügel- und Wildfleisch ist die Situation noch um vieles schlimmer“, kritisiert Oberösterreichs verbissener Agrarrebell Leo Steinbichler.

Heute werden diese Lebensmittel durch Palmöl ersetzt
 Am extremsten sei die Situation auf dem Fettmarkt: „In vielen Produkten wird zwar mit ,Oma und ihren Rezepten‘ geworben, die früher tatsächlich mit Butter und Schweinefett gekocht hat. Doch heute werden diese Lebensmittel - der schönen Werbung zum Trotz - durch Palmöl ersetzt. Vieles, was Hausfrauen zum Braten und Frittieren in den Regalen der Supermärkte finden, ist auf Kosten des südamerikanischen oder indonesischen Regenwaldes produziert, die dafür gnadenlos abgebrannt werden.“

Gertraud Eberhardt, Gasthaus zur Sägemühle bei Annaberg an der Via Sacra nach Mariazell in der Steiermark: „Ich bin selbst Jägerin. Da tue ich mir leicht, die Wildspezialitäten aus den Revieren der Waldheimat auf den Tisch zu zaubern.“ (Bild: Gabriele Moser)
Gertraud Eberhardt, Gasthaus zur Sägemühle bei Annaberg an der Via Sacra nach Mariazell in der Steiermark: „Ich bin selbst Jägerin. Da tue ich mir leicht, die Wildspezialitäten aus den Revieren der Waldheimat auf den Tisch zu zaubern.“

Wild & Fisch aus dem eigenen Wald & Wasser
So zum Beispiel Alexander Tacoli, der am Millstätter See jahrhundertealte Familientradition hütet und auf Wild sowie Fisch aus eigenem Wald und Wasser setzen kann.

Zum Glück steigt das Bewusstsein, regionalen Lebensmitteln den Vorrang zu geben, zunehmend. Immer mehr österreichische Wirte und Restaurantbesitzer machen es dem Zillertaler Alois Rainer gleich.

Ebenso wie Wirtinnen-Legende Ulli Amon-Jell, die besonders mit den Tullnerfelder Schweinebauern ein Lieferbündnis geschlossen hat. „Eigentlich gibt es ja kaum noch einen Gastronomen, der nicht auf heimische Qualität auf dem Teller achtet“, versichert Mario Pulker, der als Spartenobmann der Wirtschaftskammer 60.000 Gastronomiebetriebe in ganz Österreich vertritt. Ein Hoffnungsschimmer am Mercosur-Horizont also. Nicht nur die Wirte schauen auf die Herkunft - auch der österreichische Konsument hinterfragt mittlerweile, welche Produkte ihm aufgetischt werden …

Ulli Amon-Jell, Wachauer Wirte-Original aus Krems (NÖ): „Bei mir kommt nur frisches Regionales auf den Tisch der Gäste. Ich bin da immer gezielt auf der Suche nach Erzeugnissen unserer Bauern, die uns etwa das Tullnerfelder Schwein liefern.“ (Bild: Gabriele Moser)
Ulli Amon-Jell, Wachauer Wirte-Original aus Krems (NÖ): „Bei mir kommt nur frisches Regionales auf den Tisch der Gäste. Ich bin da immer gezielt auf der Suche nach Erzeugnissen unserer Bauern, die uns etwa das Tullnerfelder Schwein liefern.“

Der Mercosur-Pakt: Daten und Fakten

  • Die Brutto-Eigenerzeugung an Rindern (also Fleisch und lebende Rinder) lag nach aktuellen Zahlen bei circa 570.000 Stück Vieh.
  • Die Ausfuhr lebender Zucht- und Nutzrinder in andere EU-Länder sowie in Drittstaaten betrug 45.000 Tiere. Im Langzeitvergleich ist der Sektor Kalbfleischerzeugung problematisch: Denn der Bedarf am Fleisch dieser Jungtiere wird zur Hälfte aus Importen abgedeckt. In Zahlen sind das 100.000 Stück, Tendenz steigend.
  • Laut einer Umfrage (Institute for Strategic Consulting und Responsible Communication) sind 73 Prozent der 500 Österreicher über die steigende Auslands-Lebensmittelabhängigkeit besorgt.
  • Während es bei Bier einen Selbstversorgungsgrad von 104 Prozent und bei Zucker von 100 Prozent gibt, beträgt dieser Anteil bei Obst lediglich 49 Prozent. Eine Überversorgung ist bei Milch mit 162 Prozent zu verzeichnen.
(Bild: AFP, Kronen Zeitung, krone.at-Grafik)

Kronen Zeitung

Gastkommentar: Nationalrat muss den Pakt stoppen
 Handel zwischen verschiedenen Ländern der Welt wird seit Jahrhunderten betrieben. Das ist gut so. Das bereichert unser Leben und hat uns auch mit vielen Annehmlichkeiten in Kontakt gebracht. Aber die zuletzt von der EU verhandelten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und Mercosur sind ein Kniefall vor den internationalen Konzernen und schränken unsere demokratischen Rechte zum Teil drastisch ein. Warum erheben wir unsere Stimme? Gerade als Lebensmittel-Handelsunternehmen tragen wir eine hohe gesellschaftliche Verantwortung.

Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass bei Freihandelsabkommen zwischen Staaten mit hoch entwickelten Rechtssystemen Sonderklage-Rechte ausländischer Konzerne sowie Schiedsgerichte strikt abgelehnt werden. Über diese Sonderklagerechte könnten internationale Konzerne quasi über Nacht alles aushebeln, was uns in Österreich und in der EU bisher hoch und heilig war: das Verbot von Gentechnik-Lebensmitteln, das Verbot von Hormonfleisch, das Verbot von giftigen Chemikalien und Pestiziden, Schutzstandards für Arbeitnehmer, Tierwohl und Umwelt. Das Gefährlichste ist, dass diese internationalen Schiedsgerichte über so wesentliche Lebensfragen letztinstanzlich entscheiden und damit über unseren Höchstgerichten stehen! Deshalb mein Appell: CETA und Mercosur dürfen im Nationalrat nicht ratifiziert werden. Das wäre ein irreversibler Schaden für Österreich! Für seine Landwirte und auch für sehr viele Konsumenten …

Dr. Gerhard Drexel, Spar-Chef

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