Es würde einem Kamikaze-Akt gleichen: Laut Insiderinformationen planen die Wiener Grünen Widerstandsaktionen gegen den geplanten Bau des Lobautunnels. So weit, so unspektakulär für eine Umweltpartei, würde sie mit den geplanten Protesten nicht ihrem Koalitionspartner, der Wiener SPÖ, zuwiderlaufen. Über ein Bauprojekt, das die rot-grüne Koalition zum Einstürzen bringen könnte.
Geplant sei eine Kampagne mit Aktionen wie zu guten, alten Grün-Zeiten. So berichtet ein Informant, dass der Bau durch die Besetzung der Baustelle gestört werden soll, außerdem wollen sich Aktivisten in Hainburg-Manier an Bäume ketten. Eine entsprechende Protest-Website, die von den Grünen betrieben wird, ist bereits aktiv.
Dadurch könnte sich das Koalitionsklima in Wien auf einen Schlag verschärfen. Während sich nämlich Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou immer klar gegen den geplanten Spatenstich im nächsten Jahr positioniert hat, sprach sich der rote Neo-Bürgermeister Michael Ludwig für den Tunnelbau aus. Koalitionäre Einigkeit sieht jedenfalls anders aus.
Gericht gibt grünes Licht, die Grünen sehen rot
Gerade erst vor rund einem Monat gaben nun auch die Richter des Bundesverwaltungsgerichts das „Go“ für den Bau. Eine Pattsituation, in der in aufrechter Koalition wohl einer der beiden klein beigeben muss. Ist es die Vizebürgermeisterin, wäre das nach dem Tohuwabohu rund um die Heumarkt-Urabstimmung ein weiterer innerparteilicher Verrat, der von ihren Parteikollegen wohl kaum goutiert werden würde. Dass Michael Ludwig nun umschwenkt und sich gemeinsam mit grünen Aktivisten an einen Baum kettet, ist eher unwahrscheinlich, immerhin hat er als gerade neu gewählter Bürgermeister einen Ruf zu verteidigen.
Gelegenheit macht Neuwahlen
Die dritte Möglichkeit, aus dieser unglücklichen Lage herauszukommen, sind Neuwahlen. Michael Ludwig kämen solche gelegen, immerhin hat die SPÖ ja schmerzlich auf Bundesebene gelernt, wie schädlich ein bedingungsloses Weiterwurschteln sein kann. Außerdem hätte er angesichts der derzeitigen Landesparteilandschaft ein einfaches Spiel: Die Chefin der Hauptstadt-NEOS, Beate Meinl-Reisinger, wechselt als Strolz-Nachfolge in den Bund, würde sie in Wien antreten, wären Parteiübernahme und Kandidatur eine schwer zu stemmende Doppelbelastung.
Ähnlich gelagert ist die Situation bei HC Strache und Gernot Blümel. Beide sind derzeit mit ihrer Aufgabe in der Regierung als auch als Landeschefs in zweifacher Besetzung. Für beide kommt außerdem noch die herausfordernde Arbeit der EU-Ratspräsidentschaft hinzu. Dass sich nebenbei auch noch ein Wien-Wahlkampf erfolgreich ausginge, ist unwahrscheinlich. Die Liste Pilz wäre ebenso kein ernst zu nehmender Konkurrent, befindet sie sich doch schon auf Bundesebene gerade in einem unaufhaltbaren Selbstzerstörungsmodus, von dem das Team Stronach noch etwas hätte lernen können.
Bleiben in diesem Gedankenkonstrukt nur noch die Grünen. Diese hätten es bei vorgezogenen Wahlen besonders schwer, auch bei den anderen Landtagswahlen konnten sie das Ruder nicht herumreißen. Frei nach Anton Pfeffer sieht es aus heutiger Sicht danach aus, dass die Grünen im Fall von Neuwahlen auch in Wien „es nimmer hoch gewinnen werden“ - und Michael Ludwig hätte freie Bahn für einen neuen Koalitionspartner. Um beim Sport zu bleiben: Wetten, wie es in Wien weitergeht, werden ab sofort angenommen.
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