Seine Rede bei der Großdemo des Österreichischen Gewerkschaftsbunds Ende Juni gegen die Ausweitung der Maximal-Arbeitszeit hat ein weiteres, und vor allem ungewöhnliches Nachspiel: Der Vorsitzende der Postgewerkschaft, Helmut Köstinger, hatte Ende Juni in Wien zum Sturz der „unsozialen Regierung“ aufgerufen. ÖVP und FPÖ zeigten sich empört und forderten die Arbeitnehmervertreter auf, die Ansage zurückzunehmen. Damit nicht genug, kassierte Köstinger jetzt eine Anzeige wegen des Verdachts auf Verhetzung - und das von einem sozialdemokratischen Fraktions„freund“.
Die Regierung war Ende Juni erstmals seit ihrem Antritt mit echtem Widerstand konfrontiert worden. Der ÖGB hatte trotz des Ferienbeginns im Osten rund 100.000 Menschen, die gegen eine Ausweitung der - mittlerweile im Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und NEOS beschlossenen - Höchstarbeitszeit anmarschierten, mobilisiert.
Demo-Auftritt mit unüblichen Parolen
Einziger Regiefehler der ansonsten perfekt organisierten Veranstaltung war ein Auftritt von Post-Gewerkschaftschef Helmut Köstinger, der für ÖGB-Verhältnisse komplett unüblich zum Sturz der „unsozialen Regierung“ aufrief. Nicht nur Christgewerkschafter Norbert Schnedl distanzierte sich umgehend, auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian hob extra hervor, dass der Gewerkschaftsbund jede demokratisch legitimierte Regierung akzeptiere - freilich mit dem Nachsatz, dass das nicht automatisch für deren Maßnahmen gelte.
Katzian pfiff Postgewerkschafter Köstinger zwar zurück, das reichte aber nicht allen. Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) rief die Arbeitnehmervertreter am Tag nach der Großdemo dazu auf, die Ansage zurückzunehmen. Schon am Tag der Demonstration hatte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer den Aufruf scharf kritisiert und eine Distanzierung seitens SPÖ- und ÖGB-Vertretern verlangt.
Gewerkschafter befürchtet Zustände wie 1934
Auch Josef Hübner reichten Katzians Reaktion nicht. Das ehemalige Vorstandsmitglied der Postgewerkschaft, mittlerweile bei der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst untergebracht, zeigte Köstinger bei der Staatsanwaltschaft an. In der - der APA vorliegenden - Anzeige schreibt Hübner von schlaflosen Nächten, die er seit den brutalen Aussagen des Post-Chefs habe. Er befürchtet Zustände wie 1934 oder während der RAF-Zeit. Daher sieht er sich zur Anzeige genötigt.
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