Nach „Regierungssturz“

Roter Gewerkschafter zeigt roten Ober-Postler an

Österreich
11.07.2018 13:07

Seine Rede bei der Großdemo des Österreichischen Gewerkschaftsbunds Ende Juni gegen die Ausweitung der Maximal-Arbeitszeit hat ein weiteres, und vor allem ungewöhnliches Nachspiel: Der Vorsitzende der Postgewerkschaft, Helmut Köstinger, hatte Ende Juni in Wien zum Sturz der „unsozialen Regierung“ aufgerufen. ÖVP und FPÖ zeigten sich empört und forderten die Arbeitnehmervertreter auf, die Ansage zurückzunehmen. Damit nicht genug, kassierte Köstinger jetzt eine Anzeige wegen des Verdachts auf Verhetzung - und das von einem sozialdemokratischen Fraktions„freund“.

(Bild: APA/HANS PUNZ)
(Bild: krone.at)

Demo-Auftritt mit unüblichen Parolen
Einziger Regiefehler der ansonsten perfekt organisierten Veranstaltung war ein Auftritt von Post-Gewerkschaftschef Helmut Köstinger, der für ÖGB-Verhältnisse komplett unüblich zum Sturz der „unsozialen Regierung“ aufrief. Nicht nur Christgewerkschafter Norbert Schnedl distanzierte sich umgehend, auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian hob extra hervor, dass der Gewerkschaftsbund jede demokratisch legitimierte Regierung akzeptiere - freilich mit dem Nachsatz, dass das nicht automatisch für deren Maßnahmen gelte.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian bei der ÖGB-Demonstration gegen den 12-Stunden-Arbeitstag am 30. Juni 2018 in Wien (Bild: APA/HANS PUNZ)
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian bei der ÖGB-Demonstration gegen den 12-Stunden-Arbeitstag am 30. Juni 2018 in Wien

Katzian pfiff Postgewerkschafter Köstinger zwar zurück, das reichte aber nicht allen. Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) rief die Arbeitnehmervertreter am Tag nach der Großdemo dazu auf, die Ansage zurückzunehmen. Schon am Tag der Demonstration hatte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer den Aufruf scharf kritisiert und eine Distanzierung seitens SPÖ- und ÖGB-Vertretern verlangt.

Aufrufe zum Sturz der Regierung hätten in einer Demokratie nichts verloren und stellten eine massive Grenzüberschreitung dar, empörte sich Kanzleramtsminister Gernot Blümel über die Aussagen Köstingers bei der Großdemo gegen die Arbeitszeitausweitung Ende Juni in Wien. (Bild: APA/Hans Punz/Roland Schlager, krone.at-Grafik)
Aufrufe zum Sturz der Regierung hätten in einer Demokratie nichts verloren und stellten eine massive Grenzüberschreitung dar, empörte sich Kanzleramtsminister Gernot Blümel über die Aussagen Köstingers bei der Großdemo gegen die Arbeitszeitausweitung Ende Juni in Wien.

Gewerkschafter befürchtet Zustände wie 1934
Auch Josef Hübner reichten Katzians Reaktion nicht. Das ehemalige Vorstandsmitglied der Postgewerkschaft, mittlerweile bei der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst untergebracht, zeigte Köstinger bei der Staatsanwaltschaft an. In der - der APA vorliegenden - Anzeige schreibt Hübner von schlaflosen Nächten, die er seit den brutalen Aussagen des Post-Chefs habe. Er befürchtet Zustände wie 1934 oder während der RAF-Zeit. Daher sieht er sich zur Anzeige genötigt.

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