Die Sitzung wurde um 10 Uhr formal einberufen, die Debatte der "Dringlichen" begann wegen der vorgeschriebenen dreistündigen Unterbrechungszeit um 13.15 Uhr und dauerte rund drei Stunden. Die Koalition brachte während der Debatte einen sogenannten Fristsetzungsantrag ein, mit dem der U-Ausschuss am 10. Dezember bei der nächsten Nationalratssitzung zur Berichterstattung verpflichtet wird. Der Antrag wurde mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP angenommen, damit ist der Spitzel-U-Ausschuss aus Sicht der Koalition abgedreht.
"Keiner hat gesiegt"
"Der Parlamentarismus hat einen Rückschlag erlitten", meinte U-Ausschuss-Vorsitzender Martin Bartenstein (ÖVP), obwohl seine Partei den Fristsetzungseintrag einbrachte. Zu Beginn des U-Ausschusses habe es einen breiten Konsens darüber gegeben, was etwa die "überschießende" Methode der Rufdatenrückerfassung oder den Umgang mit der Abgeordneten-Immunität betrifft. Manche dieser Ergebnisse seien aber aufgrund der Emotionen und Verhärtungen auf beiden Seiten auf der Strecke geblieben. "Alle müssen an einem Strang ziehen - das war in den letzten Wochen nicht der Fall", meinte der Vorsitzende. Weder die Opposition, noch die Regierungsfraktionen hätten "gesiegt".
Bartenstein beruft für Mittwoch Sitzung ein
Am Donnerstagabend teilte ein Sprecher von Bartenstein mit, dass der U-Ausschuss am kommenden Mittwoch um 9 Uhr einberufen wird. Die Untersuchung soll dadurch ordnungsgemäß beendet werden. In der Sitzung soll die am Dienstag unterbrochene Befragung des FPÖ-Abgeordneten Harald Vilimsky abgeschlossen werden.
Auch der Verfassungsschutz-Beamte Günter Lengauer und Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter sollen neuerlich kommen. Außerdem will Bartenstein erreichen, dass es doch noch zur Verfassung eines schriftlichen Berichts kommt. Aus seiner Sicht wäre es im Interesse aller Fraktionen, wenn sie bei der Sitzung mitmachen. Man darf gespannt sein, wie die Opposition nun reagiert.
"Kommando aus der Badehose"
Statt der erwarteten Farce geriet die Sondersitzung am Donnerstag zu einer Art Aggressionsbewältigungs-Seminar. Dass das Sonderplenum absurderweise mit einer BZÖ-"Dringlichen" an den verreisten Vizekanzler Josef Pröll - er weilt zum 20. Hochzeitsjubiläum mit seiner Frau auf Mauritius - einberufen wurde, beherrschte nämlich nur den Beginn der Debatte. In ihren Rede-Beiträgen bemühten sich die Politiker dann vor allem, die Gräben zwischen Opposition und Regierung noch tiefer auszuheben.
Der BZÖ-Abgeordnete Ewald Stadler brachte gleich zu Beginn die Schlagwörter "Pazifik-Urlaub", "Badehose" und "Sandstrand" unter, schwenkte zur "Causa Kasachstan" über und ritt heftige Attacken gegen die beiden Regierungsparteien. ÖVP-Chef Josef Pröll - "das Kommando aus der Badehose in Mauritius" - habe am Beginn der Untersuchung seine Partei als "Speerspitze der Aufklärung" bezeichnet, nunmehr seien "Vertuschen, Verhindern und Abdrehen das Herzstück" der schwarzen Politik, so Stadler.
Die Volkspartei habe der Einsetzung des Ausschusses zugestimmt "in der Hoffnung, dass sich die Opposition zerfleischt", inzwischen habe sich jedoch herausgestellt, dass ÖVP und SPÖ "Butter am Kopf haben". Er empfahl "der Vertuschungskoalition" daher, einen "Silvio-Berlusconi-Fanklub zu gründen", denn sie würden wie der italienische Regierungschef das "Parlament verachten und missachten". Stadler zählte ausführlich die großteils bereits im U-Ausschuss bekannt gemachten Verdachtsmomente gegen schwarze und rote Politiker auf (siehe krone.at-Berichte zur Causa Kasachstan in der Infobox), um zu erklären, wieso SPÖ und ÖVP den Ausschuss "abdrehen".
Inhaltslose Beantwortung durch die Innenministerin
Knapp, trocken und weitgehend inhaltslos fielen die Antworten von Innenministerin Maria Fekter aus, die von Pröll als Stellvertreterin beauftragt wurde. Fekter beschränkte sich großteils auf das Zitieren von Gesetzesbestimmungen und der Geschäftsordnung des Nationalrats. Auf die Attacken und Vorwürfe der Opposition ging sie damit nicht im Detail ein, sodass ihr Beitrag für Nicht-Eingeweihte kaum aussagekräftig gewesen sein dürfte.
Fekter meinte etwa auf die Fragen, ob der angebliche Druck kasachischer Behörden auf in Kasachstan ansässige österreichische Firmen im Zuge der Affäre um den kasachischen Ex-Botschafter Rakhat Alijew Auswirkungen auf den Umsatz der Firmen und damit auf die Abgaben dieser Firmen habe, ganz lapidar, dass Österreich keinen Anspruch auf Steuereinhebung in Kasachstan habe.
Pilz verspricht Fekter brisante Dokumente über sie
Für den Grünen Abgeordneten Peter Pilz trägt hingegen die Regierung Schuld an der Blockade, zu der sie die Opposition durch ihr Verhalten im U-Ausschuss zwinge. Der Grüne "Aufdecker" forderte einmal mehr das Minderheitenrecht für die Einberufung von U-Ausschüssen. Innenministerin Maria Fekter versprach er, in der nächsten Woche brisante Unterlagen über Missstände in ihrem Ressort zu veröffentlichen, die sie auch persönlich treffen. Pilz holte sich bei seiner Rede für die Wortwahl "Stasi-Methoden" in Bezug auf das Abwehramt des Bundesheeres einen Ordnungsruf von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer.
BZÖ-Chef Josef Bucher übte in seinem Beitrag heftige Kritik an den Ausführungen Fekters, die als langjährige Parlamentarierin den Unterschied zwischen einer Dringlichen Anfrage und einem Untersuchungsausschuss nicht wisse. Fekter meinte, sie stelle sich der Opposition, darum sei sie jetzt hier und dafür brauche es keinen U-Ausschuss. "Es ist ein blanker Hohn von der Ministerin, das zu verwechseln. Das ist eine peinliche Vorstellung, die Fekter bei der Anfragebeantwortung unserer Dringlichen Anfrage abgeliefert hat", so Bucher weiter. "Die Wähler wollen ein funktionierendes Parlament haben, das die Kontrolle auch ausführen kann", erinnerte Bucher.
"Privatgerichte von Stadler und Pilz"
ÖVP-Klubobmann Karl-Heinz Kopf warf der Opposition vor, durch die Blockade von Verfassungsgesetzen wie der EU-Dienstleistungsrichtline und den Kinderrechten, die Demokratie mit Füßen zu treten. Für die derzeitige Blockade macht er die Opposition verantwortlich. "Sie nehmen es in Kauf, dem Land zu schaden. Dafür tragen Sie die volle Verantwortung", so Kopf. Nichtsdestotrotz werde man die Minderheitenrechte ausbauen, versprach Kopf. "Aber wir werden uns sicher nicht darauf festlegen, welche Anzahl von Ministern in die Ausschüsse zu laden ist. Und wir lassen in Zukunft auch nicht mehr zu, dass U-Ausschüsse zu Privatgerichten von Pilz und Stadler werden", schloss der VP-Klubobmann.
Der SPÖ-Klubobman Josef Cap forderte die Opposition auf, "Verantwortung um Parlament zu übernehmen". Er bekenne sich weiterhin zu den Minderheitenrechten bei U-Ausschüssen, aber er sei dagegen, dass Auskunftspersonen vorverurteilt würden und "wie bei der Inquisition befragt". "Es ist gut, dass sich die Zuseher und Zuseherinnen heute selbst ein Bild von den Geschehnissen im Parlament machen können. Wir sind jederzeit bereit, wenn es zur Erfüllung des Untersuchungsauftrags notwendig ist, Ministerinnen und Minister in den Untersuchungsausschuss zu laden. Wir lassen uns jedoch nicht erpressen und als Lügner beschimpfen", sagte Cap.
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