Kern-Kritik an ÖVP/FPÖ

„Nicht dafür zu haben, dass Menschen ersaufen“

Österreich
27.07.2018 15:10

Christian Kern hat einmal mehr den Asylkurs der türkis-blauen Bundesregierung scharf kritisert. Es sei ein Unrecht, wenn Boote im Mittelmeer kentern und niemand da sei, um diese Menschen zu retten. „Es gibt kein strategisches Interesse, das rechtfertigen würde, dass Menschen unter den Augen Europas ersaufen“, sagte der SPÖ-Chef bei einer Pressekonferenz am Freitag. Für seine Partei stünden in der Migrationspolitik stets die Menschenrechte im Mittelpunkt.

Die Asylpolitik der SPÖ habe mit jener von ÖVP und FPÖ nichts zu tun, versicherte Kern. Das Asylrecht sei „außer Streit zu stellen“. Auf der anderen Seite wollte Kern jedoch auch nicht verhehlen, dass es eine Begrenzung der Zuwanderung brauche und jemand zurück ins Herkunftsland müsse, wenn er kein Asyl bekommt. 

Auf Linie mit Niessl
Nicht kommentieren wollte Kern die Aussage des burgenländischen Landeshauptmannes Hans Niessl (SPÖ), dass sich in Österreich 250.000 illegale Migranten aufhielten. „Über die Zahl der Illegalen werde ich mich jetzt hüten, zu spekulieren“, so Kern. Jedoch sehe er sich mit seinem Parteifreund in der Asylpolitik auf einer Linie. „Mit seiner Forderung an die Regierung, in der Migrationsfrage endlich Taten zu setzen statt Ankündigungen, hat er absolut recht.“

„ÖVP und FPÖ setzen auf Spaltung und Feindbilder“
Kern kritisierte die Regierungsparteien auch für ihr Handeln in anderen Bereichen. Die Koalition betreibe einen „Umbau Österreichs in die falsche Richtung“, beklagte der SPÖ-Chef. In ihrer Sprache setzten ÖVP und FPÖ auf „Spaltung und Feindbilder“, permanent komme eine höhere Dosis an Zuspitzung und Ausgrenzung. Er erkenne bei der Koalition auch ein „Muster“ der „permanenten Desavouierung der staatstragenden Institutionen“ - sei es bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der als Trunkenbold dargestellt werde, oder Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der wegen seiner Kritik daran „angerempelt worden ist wie ein Schulbub am Pausenhof“.

Strache, Kurz, Kern (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Strache, Kurz, Kern

Sorge um die Pressefreiheit
Auch werde die Pressefreiheit mit historisch bestens bekannten Begriffen wie „Systemmedien“ angegriffen, zudem solle offenbar der Verfassungsschutz kaputt gemacht werden. Man rede Institutionen schlecht, um sie dann zerstören zu können. Kern kritisierte auch den Umgang der Regierung mit dem Parlament, den Ländern und den Sozialpartnern. So werde bei der Arbeitszeitflexibilisierung einfach drübergefahren - ein etwaiges Volksbegehren dazu solle jedenfalls nicht parteipolitische vereinnahmt werden, betonte Kern. 

Dass seine Darstellung der Regierung übertrieben ist, glaubt der SPÖ-Chef nicht: „Ich denke, dass man Politiker schon an ihren Worten messen muss“, denn diese bildeten schließlich eine Einheit mit den Taten - und man müsse rechtzeitig darauf aufmerksam machen, in welche Richtung sich etwas entwickle. Der Grundkonsens „des Gemeinsamen, des österreichischen Weges“ sei „zerstört“ worden. Man sei aber durchaus bereit, mitzuarbeiten, appellierte Kern an ÖVP und FPÖ. „Wir sind da nicht beleidigt“.

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH, stock.adobe.com, krone.at-Grafik)
ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer

Nehammer: „Kern verunsichert mit Unwahrheiten die Österreicher“
Die Reaktionen auf Kerns Angriffe ließen nicht lange auf sich warten. ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer stellte klar: „Kern hat den Zug der Veränderung verpasst. Er verharrt noch immer in der Vergangenheit und im alten System. Doch Minimalkompromisse und Stillstand wie in Kerns Welt sind von gestern, aktives Tun und Machen sind von heute.“ Anstatt spannende Ideen und Verbesserungsvorschläge zu bringen, verunsichere Kern mit Unwahrheiten und falschen Fakten die Österreicher. Die Regierung tue laut Nehammer stattdessen das, wofür sie gewählt wurde. „Sie trifft Entscheidungen und macht Österreich zu einem besseren Land.“

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