Zu teuer, die Planung zu chaotisch: Die Verschandelung des historisch bedeutenden Ballhausplatzes in Wien mit einem mächtigen Anti-Terror-Schutzwall wird im eben fertiggestellten Rohbericht des Rechnungshofes deutlich kritisiert. Die Kosten für die 42 Poller, die dann im Sommer des Vorjahres statt der geplanten 67 Meter langen Betonmauer aufgestellt worden sind, summierten sich auf 799.000 Euro.
Über dieses Polittheater im Sommer 2017 wurde auch auf den „Krone“-Leserbriefseiten sehr emotional diskutiert. Die Opposition griff die damalige Bundesregierung unter Christian Kern (SPÖ) an: „Die Grenzen bleiben offen, aber Kanzler und Bundespräsident bunkern sich hinter einem 67 Meter langen Schutzwall ein“, sprach etwa FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache damals von einer „schäbigen Doppelmoral“.
Der massive Protest stoppte den Mauerbau, eine „offenere Form“ mit 42 Pollern folgte. Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ), der damals mit Christian Kern direkt neben der Baustelle residierte, wusste so wie der Ex-Kanzler anfangs nichts vom Mauer-Plan. Er sagte am 7. September zur „Krone“: „Alleine die Idee einer Mauer im Regierungsviertel ist schon abzulehnen, die alles über eine Geisteshaltung sagt, die nicht die unsere ist.“
Jeder Terror-Poller ist so teuer wie ein neuer VW Golf
Aufgrund einiger Auffälligkeiten im Verlauf der Planung und der Bautätigkeit prüfte dann der Bundesrechnungshof von sich aus dieses Projekt. Im 80 Seiten starken Rohbericht, der nun der „Krone“ vorliegt, finden sich zahlreiche Kritikpunkte: Die 42 Anti-Terror-Poller kosteten die Steuerzahler 799.000 Euro, das macht 19.023 Euro pro Stück - das ist der Gegenwert eines neuen VW Golf.
Allein für die Umplanung waren 243.000 Euro fällig, es fehlte die Einholung von Vergleichsangeboten „im Sinne eines ordentlichen Vergabeverfahrens“ (Zitat Rechnungshof). Außerdem gab es keine ausreichend professionelle Sicherheitsanalyse vor dem Baustart am Ballhausplatz: Der Rechnungshof mahnte, künftig die Experten des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) „bei der Erstellung von Sicherheitskonzepten beizuziehen“.
Im Video: Der damalige Kanzler Kern zu Besuch auf der Baustelle
Christian Kern - damals noch Bundskanzler - besuchte die Arbeiter auf der Baustelle mit einer Erfrischung. Dass hier teure Poller entstehen sollen, wusste er damals allerdings noch nicht.
Als weiterer Kritikpunkt ist aufgelistet: Es fehlten schriftliche Vereinbarungen über die Zuständigkeiten - was nach Insider-Informationen zu Konflikten über die Aufteilung der Kosten der Anti-Terror-Maßnahmen zwischen Kanzleramt, Innenministerium und Präsidentschaftskanzlei geführt hätte.
Keine Baugenehmigung: Stadt Wien ändert Gesetz ...
Und weil eine Baugenehmigung seitens der Stadt Wien für das gewaltige Bauprojekt in der denkmalgeschützten City-Zone neben dem Heldenplatz komplett fehlte (die „Krone“ hat das im Vorjahr aufgedeckt), wird der Poller-Bau nun in der kommenden Wiener Bauordnungsnovelle 2018 in § 62a Absatz 1 als „nicht bewilligungspflichtig“ ausdrücklich erwähnt - und somit wenig elegant und juristisch bedenklich im Nachhinein abgesegnet.
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