Die Errichtung eines dritten Erstaufnahmezentrums in Süd-Österreich, um die bisherigen Standorte Traiskirchen (Niederösterreich) und Thalham (Oberösterreich) zu entlasten, stand schon im Regierungsprogramm. Im Juni startete Fekter dann eine Werbeinitiative, in deren Rahmen sie Gemeinden im Burgenland, in der Steiermark und in Kärnten einlud, sich um das Zentrum zu bewerben. Ihre Kampagne glich einem Preisausschreiben, wurden doch die Vorteile des Flüchtlingslagers in bunten Bildern beworben. So wurde etwa auf zusätzliche Arbeitsplätze, eine Belebung der lokalen Wirtschaft und eine Aufstockung der örtlichen Exekutive hingewiesen.
Das Interview mit dem Bürgermeister von Eberau sowie eine Analyse, warum das Zentrum gerade im Burgenland gebaut wird, siehe Infobox!
Angesprochen waren also vor allem strukturschwächere Gemeinden, zehn davon bewarben sich laut Fekter. Nach einem objektiven Bewertungsverfahren sei schließlich Anfang November die Entscheidung für die südburgenländische Gemeinde Eberau gefallen. Seither herrschte Geheimhaltungsstufe rot.
"Wir waren schneller als die Verhinderer"
Fekter hat dabei gemeinsam mit Eberau die Landespolitik praktisch ausgestrickst. Die burgenländische Landesregierung hatte erst vor Kurzem ein neues Raumordnungsgesetz beschlossen, das Projekte wie die Erstaufnahmestelle eigentlich verhindern soll. Da dieses Gesetz aber noch keine Gültigkeit besitzt, konnte die Gemeinde den Bau im Alleingang durchziehen. Der Beschluss zum Bau sei bereits rechtskräftig: "Wir waren schneller als die Verhinderer", freute sich Fekter.
LH Niessl plant Volksbefragung in der Region
Umso mehr tobt die burgenländische Landespolitik, die ohnehin angesichts der bevorstehenden Wahl 2010 besonders sensibilisiert ist. Die SP sah die Schuld für die Errichtung des Flüchtlingslagers bei der VP, habe diese doch das neue Raumplanungsgesetz zu verzögern und zu behindern versucht, mit dem man die Erstaufnahmestelle verhindern hätte können. Landeshauptmann Niessl will nun alle demokratischen Mittel gegen die Errichtung des Asyl-Erstaufnahmezentrums in Eberau ausschöpfen. Zunächst denkt er an eine Volksbefragung in der Region.
Steindl "ehrlich enttäuscht" von Fekter
Ein Referendum erwägt auch der burgenländische VP-Obmann Franz Steindl, der sich "ehrlich enttäuscht" von seiner Parteifreundin Fekter zeigte. Die Erstaufnahmestelle ist für ihn eine "Schnapsidee", sei doch die bevölkerungsarme Region im Süden des Burgenlandes weder von der Infrastruktur her noch aus demografischer Sicht geeignet, "ein derartiges Projekt zu stemmen".
FP fordert Niessls Rücktritt
FP-Landesobmann Johann Tschürtz will sofort mit der Sammlung von Unterschriften gegen das Asylerstaufnahmezentrum starten und fordert auch gleich den Rücktritt von Landeshauptmann Niessl, da dieser offenbar zu wenig politisches Gewicht habe, "um diesen Schaden vom Burgenland abzuwenden". Grünen-Landessprecher Josko Vlasich appellierte dagegen an die Mitmenschlichkeit der Burgenländer.
Bürgermeister hat Baubewilligung bereits erteilt
In der VP-dominierten Gemeinde Eberau ist die Sache jedenfalls durch. Der Bürgermeister hat die Baubewilligung bereits erteilt, einen formellen Beschluss des Gemeinderats gab es allerdings nicht. Die Argumente für die Entscheidung der Eberauer lieferte Fekter: Die Erstaufnahmestelle werde der Region über 130 Arbeitsplätze und eine jährliche Wertschöpfung von über 5,4 Millionen Euro bringen. Ein zusätzlich geplantes Ärztezentrum werde auch den Bürgern offen stehen. Außerdem soll eine Polizeiinspektion mit 30 Polizisten in der Erstaufnahmestelle eingerichtet werden. In Eberau untergebracht werden sollen bis zu 300 Asylwerber.
Aufgeheizte Stimmung bei Bürgerversammlung
Bei einer Bürgerversammlung Samstagmittag war die Stimmung aufgeheizt. Etwa 150 der knapp 1.000 Gemeindebürger hatten sich eingefunden und erfuhren, dass vor allem Tschetschenen und Afghanen in der Erstaufnahmestelle untergebracht werden sollen. Ein Großteil der Anwesenden befürchtete, dass ein derartiges Projekt die Aufnahmefähigkeit der Ortschaft sprengen würde. 300 Einwohner seien während der Woche tatsächlich im Ort, denen dann rund ebensoviele Asylwerber gegenüberstehen würden. Gegen Bürgermeister Walter Strobl (VP) wurde eine Rücktrittsaufforderung vorgebracht, die ein Großteil der Anwesenden mit frenetischem Applaus goutierte.
Mehr Freude gibt es in Ober- und Niederösterreich. Die Landeshauptleute Josef Pühringer (VP) und Erwin Pröll (VP) zeigten sich befriedigt, dass ihre Bundesländer mit dem dritten Erstaufnahmezentrum entlastet würden. Bis es so weit ist, heißt es freilich noch warten. Denn der Baubeginn ist zwar schon für kommendes Jahr geplant, in Betrieb gehen soll die Erstaufnahmestelle Süd allerdings erst 2012.
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