Christian Kern geht nicht nur als kürzest amtierender Bundeskanzler, sondern auch als kürzest dienender SPÖ-Parteivorsitzender in die Annalen ein. Als einziger der neun Parteichefs seit 1945 durfte er die SPÖ weniger als 1000 Tage lang führen, bis er seinen Rückzug verkündete: 815 Tage nach seiner Kür am 25. Juni 2016 wurde am Dienstag Kerns Rücktritt offiziell bekannt. Viktor Klima hatte sich immerhin 1115 Tage im Amt gehalten. Selbst wenn Kern den Posten an der Parteispitze wie angekündigt erst nach der Europawahl im Mai 2019 abgeben sollte, bleibt er rechnerisch in Sachen Amtszeit immer noch hinter Klima auf dem letzten Platz der SPÖ-Chefs.
Sowohl Kern als auch Klima büßten den Kanzlersessel ein, weil sich Schwarz-Blau etablierte - wobei die SPÖ mit Klima bei der Nationalratswahl 1999 noch Erste geblieben war. Kern musste im Oktober 2017 hingegen den bitteren Verlust von Platz 1 hinnehmen - und daraufhin dem neuen ÖVP-Chef Sebastian Kurz als Kanzler weichen.
Nur etwas mehr als eineinhalb Jahre (580 Tage) war Kern Regierungschef - bis 18. Dezember 2017. Damals versicherte er, dennoch Parteichef bleiben zu wollen. Genau neun Monate später wurde jetzt allerdings bekannt, dass Kern als SPÖ-Chef zurücktritt.
Mit zwei Jahren und drei Monaten Amtszeit hielt er sich nicht einmal ein Drittel so lang wie der von ihm nach fast acht Jahren an der Parteispitze abgelöste Werner Faymann. Dessen Amtszeit (2878 Tage) ist die viert-kürzeste nach Kern, Klima und Fred Sinowatz (1658 Tage bzw. 4,54 Jahre).
Am längsten, nämlich 16,75 Jahre (bzw. 6112 Tage), führte Bruno Kreisky die Partei - der der SPÖ 1970 erstmals Platz 1 bei Nationalratswahlen und den Kanzlerposten beschert hatte. Mehr als zehn Jahre (4407 Tage) war nur noch Adolf Schärf im Amt, Bruno Pittermann musste Kreisky knapp davor weichen.
Franz Vranitzky war fast neun Jahre, Alfred Gusenbauer etwas mehr als acht Jahre Bundesparteivorsitzender. Die durchschnittliche Amtszeit der SPÖ-Chefs liegt - den frühen Abgang Kerns schon eingerechnet - etwas über acht Jahren.
Gibt Kern den Posten des Bundesparteivorsitzenden nun Ende Mai 2019, also nach der Europawahl, ab, kommt er auf insgesamt 1070 Tage (gerechnet bis 31. Mai) an der Parteispitze - und geht damit definitiv als kürzest dienender Chef der Sozialdemokraten in die Annalen ein.
Bis 16. Juli 2019 müsste Kern an der Parteispitze bleiben, um nicht kürzest dienender SPÖ-Bundesvorsitzender der Zweiten Republik zu sein. Dann wäre er 1116 Tage im Amt, einen Tag länger als Viktor Klima bei seinem Abgang im Jahr 2000.
Im Vergleich mit anderen Parteien hat er sich allerdings nicht ganz so schlecht geschlagen. Mehr als ein Dutzend Politiker hielten sich in der Zweiten Republik nicht so lang an der Spitze wie Kern. Kurzzeit-Champion ist Mathias Reichhold, der im Jahr 2002 die - damals nach schweren Wahlverlusten arg krisengeschüttelte - FPÖ nur 40 Tage lang führte. Sein Nachfolger Herbert Haupt kam auf nur 611 Tage, bis ihn Ursula Haubner ablöste. Auch sie blieb nur kurz, nämlich 275 Tage bis zum April 2005.
Der erste Parteichef der ÖVP in der Zweiten Republik, Leopold Kunschak, war 1945 nur 144 Tage im Amt - und wurde dann Nationalratspräsident. Nur etwas über ein Jahr hielt sich 1970/71 Hermann Withalm an der ÖVP-Spitze - und auch Wilhelm Molterer (527 Tage 2007/8) sowie Josef Riegler (770 Tage 1992-1994) waren deutlich kürzer ÖVP-Chefs als Kern SPÖ-Chef sein wird.
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