Christian Kern hatte die Lust an der Innenpolitik verloren. Nicht erst am Dienstag, sondern schon am Abend der Nationalratswahl am 15. Oktober des vergangenen Jahres. Kern wollte Kanzler sein. In der Rolle des Oppositionellen hat er sich nie zurechtgefunden. Als Gewicht gegen die rechtskonservative Regierung hat Kern sich nun gewogen und für zu leicht befunden.
Dem smarten Manager sollte kein Vorwurf gemacht werden. Eher seinen Förderern aus den Kabinetten der Alt-Kanzler Franz Vranitzky und Alfred Gusenbauer. Die alten Strippenzieher hatten den ÖBB-Chef an die Spitze der Sozialdemokratie intrigiert.
Leute, die hätten wissen müssen, was die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures immer schon wusste: Kern ist weder Politiker aus Leidenschaft noch volksnaher Wahlkämpfer. Insgesamt alles andere als ideale Voraussetzungen für den künftigen SPÖ-Spitzenkandidaten bei den EU-Wahlen im Mai 2019.
Kerns letztes Manöver eines halben Rückzugs in das Europäische Parlament ist eine Notlösung, die schwer als gesichtswahrend durchgeht. Die Wahrheit ist: Die SPÖ hat ab jetzt keinen Chef mehr.
Kern hinterlässt eine tief gespaltene Partei. Und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Genossen aus der Zentrale in Wien und den Bundesländern eine Idee hätten, wie es weitergehen könnte.
Viele Pläne hat hingegen Bundeskanzler Sebastian Kurz, der nun mit der blauen Truppe sein Regierungsprogramm ungehindert durchziehen kann.
Claus Pándi, Kronen Zeitung
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