Immer mehr Menschen sind pflegebedürftig, aber kaum jemand will sie pflegen. Wie das alles finanziert werden soll, ist auch unklar. Jetzt will die Regierung das Thema anpacken.
Bis 2050 werden in Österreich 1,25 Millionen Menschen über 80 Jahre alt sein - das sind dreimal so viele wie heute. Die Zahl der Pflegebedürftigen wird bis dahin von derzeit 450.000 auf 750.000 Menschen steigen. Aktuell machen die Kosten für die Pflege 7,4 Milliarden Euro und damit 1,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus. 2020 werden es laut Prognosen bereits zwei Prozent des BIP sein, 2030 2,3 Prozent, 2040 2,6 Prozent und 2070 3,8 Prozent.
Dass diese Entwicklungen rasches Handeln erfordern, hat jetzt auch die Regierung erkannt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte gestern Reformen an, um die Herausforderungen in der Pflege zu lösen. Konkret geht es ihm darum, die Pflege zuhause und pflegende Angehörige zu stärken sowie eine Antwort auf die Finanzierungsfrage zu finden.
Pflegefinanzierung auf neue Beine stellen
Caritas und Hilfswerk fordern bereits seit Längerem eine neue und solidarische Pflegefinanzierung. Konkret schlagen die Hilfsorganisationen vor, den Pflegefonds, der bis 2021 gesichert ist, in ein fixes Gesetz zu überführen. Dadurch müsste der Nationalrat nicht mehr in regelmäßigen Abständen über dessen Verlängerung entscheiden. Der Pflegefonds ist ein Zweckzuschuss an die Länder zur Sicherung und zum Aus- und Aufbau des Betreuungs- und Pflegedienstleistungsangebots in der Langzeitpflege. Er ist derzeit mit 366 Millionen Euro dotiert, im nächsten Jahr werden es 382 Millionen Euro sein.
Pensionierungswelle in den kommenden Jahren Neben der Frage der Finanzierung zählt aber vor allem auch der drohende Personalmangel zu den größten Herausforderungen in der Pflege. Das verwundert nicht, ist doch der Beruf mit einem geringen Gehalt und einer großen Belastung verbunden. Darüber hinaus droht in den kommenden Jahren eine Pensionierungswelle, die das Problem zusätzlich verstärken wird. Experten rechnen mit einem Mehrbedarf von rund 40.000 zusätzlichen Pflegepersonen bis zum Jahr 2050. Allein dem Hilfswerk fehlen im Moment 270 Fachkräfte, die Caritas verzeichnet einen Bedarf an 200 Personen.
Das führt im ländlichen Bereich schon heute zu Wartelisten für Menschen, die pflegerische Hilfe benötigen. Was es braucht, ist eine Verbesserung der beruflichen Rahmenbedingungen, auch das Image der Pflegeberufe muss verbessert werden. Außerdem geht es um eine Ausweitung und Anpassung der Ausbildungsplätze und um bessere Möglichkeiten, dass auch Quereinsteiger diesen Beruf erlernen.
Vermögenszugriff ist nicht mehr zulässig
Seit Jahresbeginn darf übrigens nicht mehr auf das Vermögen zugegriffen werden, um die Kosten in Pflegeheimen zu decken. Die Abschaffung des Pflegeregress haben SPÖ und ÖVP 2017 in einer Hauruck-Aktion beschlossen. Diese Maßnahme führt nun dazu, dass pflegebedürftige Menschen vermehrt in Heimen untergebracht werden. Damit diese nicht bald schon aus allen Nähten platzen, muss die Politik auch bei der Pflege zu Hause ansetzen.
Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas, sprach mit der „Krone“ über Probleme in der Pflege und ihre Finanzierung:
„Krone“: Wo liegen aus Ihrer Sicht die drei größten Probleme in der Pflege?
Klaus Schwertner: Wir brauchen erstens dringend eine Entlastung der pflegenden Angehörigen, sie sind der größte Pflegedienst Österreichs. Zweitens muss das Pflegegeld ab 2019 in allen Stufen erhöht und jährlich angehoben werden. Drittens fehlen einheitliche Qualitäts-, Versorgungs- und Finanzierungsstandards vom Bodensee bis zum Neusiedler See.
Wie kann die Pflegefinanzierung in Zukunft sichergestellt werden?
Der Pflegefonds muss über das Jahr 2021 hinaus in ein fixes Gesetz übergeführt werden. Denn es ist wichtig, dass die Betroffenen eine dauerhafte Finanzierungssicherheit haben.
War die Abschaffung des Pflegeregresses eine sinnvolle Maßnahme?
Es ist erfreulich, dass der Vermögensregress abgeschafft wurde. Vorausgesetzt, es bleibt nicht nur dabei. Es braucht jetzt auch Anreize und Maßnahmen, um die Pflege zuhause zu stärken und finanziell abzusichern. Dieser Sektor ist mit der Abschaffung des Pflegeregresses eindeutig benachteiligt.
Sandra Schieder, Kronen Zeitung
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