Die SPÖ will dem von der türkis-blauen Regierung geplanten Gesetz für ein Kopftuchverbot für Mädchen in der Volksschule als isolierte Einzelmaßnahme nicht zustimmen. Die designierte Parteiobfrau Pamela Rendi-Wagner und Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek betonten am Montag, dass ein Gesamtpaket für bessere Integration notwendig sei, und forderten darüber Gesprächsbereitschaft der Regierung ein.
Es könne nicht sein, dass die SPÖ auf Zuruf der Regierung als Beschaffer für eine Verfassungsmehrheit zur Verfügung stehe, hieß es in einem Pressegespräch. Die SPÖ werde auch dem nächsten „Husch-Pfusch-Gesetz“ der Regierung nicht zustimmen, betonte Rendi-Wagner. Dass Türkis-Blau zuerst bei Bildungs- und Integrationsmaßnahmen kürze und dann die Zustimmung zu einem Verfassungsgesetz wolle, das werde es „mit der SPÖ nicht geben“, stellte auch Heinisch-Hosek klar.
„Einzelvorschlag ist keine Lösung“
Rendi-Wagner bekräftigte, dass eine Einzelmaßnahme zu kurz greife. Ein Einzelvorschlag werde nicht die Lösung der Integrationsprobleme bringen. Nötig sei dafür ein Bündel von Maßnahmen, und über ein solches Gesamtpaket sei die SPÖ gesprächsbereit. Allerdings brauche es dafür auch Dialogbereitschaft der Regierung. Wenn man aber nicht mit der SPÖ rede, sei eine seriöse Politik nicht machbar, verwies Rendi-Wagner auf fehlende Verhandlungen etwa auch über die Sozialversicherungsreform oder das Arbeitszeitgesetz.
Thema nur ein Ablenkungsmanöver?
Grundsätzlich sei auch die SPÖ gegen einen Kopftuchzwang für Mädchen. Man werde in der SPÖ niemanden finden, der wolle, dass Mädchen zum Tragen eines Kopftuchs gezwungen werden, sagte die designierte Parteichefin. Sie geht auch davon aus, dass die Regierung dieses Thema nun als Ablenkungsmanöver für ihr unangenehme Dinge, wie etwa den BVT-U-Ausschuss, spiele. „Das haben Sie gut beobachtet“, stellte sie auf eine entsprechende Frage fest.
Faßmann strebt nach „breiter rechtlicher Absicherung“
Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) betonte im Ö1-„Mittagsjournal“, dass er eine „breite rechtliche Absicherung“ des Verbots anstrebe. Dabei gehe es um die Frage: „Wie geht ein säkularer Staat mit religiöser, aber auch religiös verbrämter traditioneller Symbolik um.“ Das könne und solle ein Ministerium nicht einfach über einen Erlass regeln. Sollte eine Verfassungsmehrheit allerdings nicht möglich sein, sei auch eine einfachgesetzliche Verabschiedung möglich. „Aber da würde ich erst über die Brücke steigen, wenn es notwendig ist“, so Faßmann.
ÖVP und FPÖ argumentieren bei der Frage der einfachgesetzlichen Zulässigkeit mit der öffentlichen Ordnung: Eingriffe in Grundrechte wie die Religionsfreiheit seien dann zulässig, wenn sie vorhersehbar seien, ein legitimes Ziel verfolgten und verhältnismäßig seien. Zu diesen Zielen zählten etwa der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Gesundheit und der Moral sowie der Schutz der Rechte Dritter. Die Orientierung an religiösen Werten dürfe auch nicht im Widerspruch zu den Zielen der staatsbürgerlichen Erziehung stehen.
Das Tragen des islamischen Kopftuches bis zum Erreichen der Religionsmündigkeit könne aber zu einer frühzeitigen, insbesondere geschlechtlichen Segregation führen, die mit den österreichischen Grundwerten und gesellschaftlichen Normen nicht vereinbar sei. Die öffentliche Ordnung soll nun durch die Vermeidung einer Segregation nach Geschlecht und damit die Gleichberechtigung von Mann und Frau erreicht werden.
Kein rein österreichisches Phänomen
Debatten über Kopftuchverbote sind kein rein österreichisches Phänomen. Gesetze, die das Tragen religiöser Symbole betreffen, gibt es in einigen europäischen Ländern. Manche Länder verbieten das Kopftuch landesweit, andere überlassen es den Schulen, Regelungen zu erlassen. In Deutschland etwa hat jedes Bundesland eigene Regelungen.
Dort gibt es Kopftuchverbote teilweise im öffentlichen Dienst. So sind etwa Kopftuch tragende Lehrerinnen an allgemeinbildenden Schulen je nach Bundesland nur vereinzelt im Schuldienst vertreten. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2015 hat inzwischen jedes Bundesland höchst unterschiedliche Regelungen entwickelt, wie mit muslimischen Lehrerinnen an öffentlichen Schulen umzugehen sei.
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