Österreichs EU-Ratspräsidentschaft geht zu Ende und die Bilanz fällt höchst unterschiedlich aus. Die EU-Spitzen waren am Freitag voll des Lobes, die SPÖ fand dagegen wenig Positives an der heimischen Vorsitzführung. „Konsequent, umsichtig, zuhörend und einfühlend“ sei Kanzler Sebastian Kurz als Ratsvorsitzender gewesen, lobte Kommissionschef Jean-Claude Juncker. „Das kann man nicht von allen Vorsitzen sagen. Aber diesmal war das so.“ Andreas Schieder, SPÖ-Spitzenkandidat bei der im kommenden Jahr anstehenden EU-Wahl, sieht Österreich dagegen zum „Bremser“ in der EU geworden - „und das ist schlecht, für Europa und für Österreich“.
Er habe im Europäischen Parlament zwar Kritik an die Adresse des österreichischen Ratsvorsitzes gehört, „heute im Rat gab es aber nur Lob“, sagte Juncker am Freitag. Ratspräsident Donald Tusk sprang bei und bedankte sich bei Kurz „für die sehr energische und fokussierte österreichische Präsidentschaft. Die Ergebnisse sprechen für sich: Es gibt weniger illegale Migration nach Europa.“ In diesem Bereich hob er auch den Start von Gesprächen mit Ägypten und der Arabischen Liga hervor.
Fortschritte habe es auch bei der inneren Sicherheit und dem EU-Haushalt gegeben, so Tusk. Juncker sagte, er sei zufrieden über die künftige Finanzplanung, die Österreichs Vorsitz erarbeitet habe. Noch nie habe eine Kommission ihre Vorschläge so früh vorgelegt „und noch nie hat ein Ratsvorsitz so schnell gearbeitet“.
Schieder: Europa „gespalten wie noch nie zuvor“
Bei der heimischen Opposition kam die türkis-blaue Regierung nicht so gut weg. „Österreich ist zum Bremser in der Europäischen Union geworden“, diagnostizierte SPÖ-Spitzenkandidat Schieder. „Gespalten wie noch nie zuvor“ sieht Schieder Europa am Ende des Jahres, „und unsere Regierung hat beim Migrationspakt sogar selbst dafür gesorgt, dass dieser Spalt größer wird“. Es habe „keinen einzigen Beitrag gegeben, der Gerechtigkeit oder Sicherheit in unserer Gesellschaft stärkt“.
Und der Noch-Ratsvorsitzende selbst? Dieser zog am Freitagabend eine positive Bilanz der vergangenen Monate. In einem „intensiven halben Jahr“ seien 35 Triloge mit dem EU-Parlament geführt und 60 Einigungen im Rat erzielt worden, sagte Kanzler Kurz. Das alles überragende Thema sei der Brexit gewesen.
Kurz: Illegale Migration zurückgegangen, Mittelmeerroute „de facto geschlossen“
Bezüglich der EU-Grenzschutzagentur Frontex sagte der ÖVP-Chef, die personelle Aufstockung werde „leider von einigen Mitgliedsstaaten blockiert. Wir unterstützen eisern den EU-Kommissionsvorschlag“, der 10.000 Mann bis 2020 vorsieht. Die Stärkung des Frontex-Mandats in Hinblick auf Drittstaaten und Abschiebungen sei jedenfalls gelungen und er sei froh, dass die illegale Migration um 95 Prozent zurückgegangen sei. Die zentrale Mittelmeerroute sei „de facto geschlossen“, heute würden wesentlich weniger Menschen im Mittelmeer sterben als 2015 und 2016.
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