Michael Ludwig im Talk

Konsequenzen für Kopietz: „Wüsste nicht, warum“

Wien
29.12.2018 06:00

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) über Selbstbedienungsvereine, den Herzerlbaum, seine vielen Pläne ohne Standorte und den Schmäh …

„Krone“: Herr Bürgermeister, wir treffen einander hier in Ihrem neuen Rathaus-Büro. Es ist moderner als das von Michael Häupl, steriler. Sind das die Akten der SPÖ-Skandale, die sich da hinten stapeln?
Michael Ludwig: Die Räume sind denkmalgeschützt, von daher gibt es wenig Möglichkeit, etwas zu ändern, außer den Möbeln. Mir war wichtig, dass man einfache, aber gut nutzbare Einrichtungsgegenstände für die Sitzungen verwendet. Und es stapeln sich immer Akten, weil der Bürgermeister auch Landeshauptmann und Präsident des österreichischen Städtebundes ist.

Was hat der Umbau denn gekostet?
Der einzige Umbau war das Legen der Leitungen, weil die schon historisch waren und ein modernes Arbeiten nicht ermöglicht haben. Und der Austausch von etwas abgewohnten Möbeln.

Ein Energetiker war aber nicht da, oder?
Nein, nachdem ich nicht daran glaube.

Michael Ludwig (Bild: Zwefo)
Michael Ludwig

Das aktuell heiße Thema: Jubiläumsgelder, unübliche Gehaltserhöhungen, Luxusgagen - die Ehefrau des SPÖ-Urgesteins Harry Kopietz nutzte einen stadtnahen Verein als Selbstbedienungsladen. Was sagen Sie dazu?
Es gibt jetzt einmal einen Rohbericht des Rechnungshofes und die Möglichkeit der Betroffenen, dazu Stellung zu nehmen. Dieser Akt wird dann in der Sitzung des Stadtsenates Mitte Jänner behandelt. Ich habe aber, dessen ungeachtet, den Direktor des Stadtrechnungshofes ersucht, eine Prüfung aller stadtnahen Vereine, Fonds und Stiftungen vorzunehmen und zu überprüfen, ob es dort Compliance-Regeln gibt und ob die auch eingehalten werden.

Mehr solcher Skandale sind also nicht auszuschließen?
Man muss sich ansehen, wie manche Beschlüsse getroffen worden sind. Denn es ist auch in der Wirtschaft nichts Unübliches, dass es Jubiläumsgelder oder Bonuszahlungen gibt. Die Frage ist, wie sind sie zustande gekommen, und ob es hier eine ordnungsgemäße Beschlussfassung gegeben hat.

In dem Verein saßen auch Ex-Landesparteisekretärin Sybille Straubinger und die aktuelle Landesparteisekretärin Barbara Novak. Wie konnten sie all diese Vorgänge nicht bemerken?
Diese Funktionen sind ja ehrenamtlich ausgeübt worden. Gemeinderätin Barbara Novak ist 2011 aus dem Vorstand ausgeschieden.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (Bild: Zwefo)
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig

Ist Harry Kopietz als Gemeinderat noch tragbar?
Ich sehe nicht ganz den Zusammenhang zwischen dem Gemeinderat und dem Verein. Er hat dort keine Funktion. Ich wüsste nicht, warum er eine politische Konsequenz ziehen sollte.

Es ist im Rechnungshofbericht allgemein von politischer Einflussnahme die Rede.
Das ist mir nicht direkt ersichtlich. Eine Ehe ist noch kein Rücktrittsgrund.

Warum ist die SPÖ so oft mit Korruption konfrontiert?
Das sehe ich in keinem Fall. Auch in diesem hier wird erst zu sehen sein, ob es einen Vorwurf gibt, der sich erhärtet.

Barbara Novak, Thomas Reindl, Ingrid Schubert, Sybille Straubinger. Bis auf eine Ausnahme von der ÖVP sind es nur Landtagsabgeordnete der SPÖ, die mehr als 10.000 Euro pro Monat dazuverdienen. Die SPÖ lohnt sich für einige ganz besonders, oder?
Das hat mit der SPÖ nichts zu tun. Ein politisches Mandat wird neben dem Hauptberuf ausgeübt. Das ist nur ein Zeichen dafür, dass die angesprochenen Personen in ihrem privaten und beruflichen Umfeld gut bezahlte Aufgaben übernommen haben.

Sie sind seit 219 Tagen Bürgermeister. Was haben Sie für die Wiener erreicht?
Zum Ersten habe ich die Stadtregierung neu zusammengestellt. So haben wir beispielsweise die Aufenthaltsqualität auf öffentlichen Plätzen verbessert, Stichwort Alkoholverbot am Praterstern. Wir setzen sukzessive Verbesserungen im Bildungsbereich um. Mit der neuen Bauordnung haben wir einen Meilenstein für die Sicherung des leistbaren Wohnens gesetzt. Und unsere Digitalisierungsoffensive ist mitten in der Umsetzung.

Das Wiener Rathaus (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Das Wiener Rathaus

Besonders stolz sind Sie auf den Herzerlbaum.
Viele Wiener haben in den letzten zwei Jahren danach gefragt. Es ist für mich erfreulich, dass es gelungen ist, das beliebte Projekt wieder umzusetzen.

Interessant ist auch, dass es laut einer Umfrage jedem Dritten völlig wurst ist, ob der Herzerlbaum wieder steht. Vielleicht auch deshalb, weil die Wiener andere Sorgen haben. Sie sind ja viel unter Menschen. Was für Sorgen könnten das sein?
Es gibt Sorgen, die mit der Sicherheit am Arbeitsplatz zu tun haben. Und es ist auch eine große Zukunftsfrage, wie mit dem Thema Pflege umzugehen ist.

Migration ist bestimmt auch ein Thema. Sie haben bei Ihrem ersten Interview als Bürgermeister in der „Krone“ gesagt, dass Sie alle Ressorts aufgefordert haben, zu überprüfen, wo ein Wien-Bonus möglich ist. Da werden ja bekanntlich Wiener, etwa im Gemeindebau, bevorzugt. Was ist dabei herausgekommen?
Da wollen wir Anfang nächsten Jahres ein Paket präsentieren, mit dem wir zeigen, wo das überall möglich ist. Ich habe einige Bereiche ausgeschlossen, nämlich Gesundheit und alles, was mit Kindern zu tun hat.

Im Bereich Soziales wollten Sie nachschärfen. Was haben Sie da schon genau umsetzen können?
Wir diskutieren ja sehr intensiv mit der Bundesregierung die Mindestsicherung. Und da ist es mir wichtig, Maßnahmen zu treffen, damit Kinder nicht benachteiligt werden. Was bis jetzt bekannt geworden ist, ist der Plan, dass Kinder ab dem dritten und vierten Kind unterschiedlich behandelt werden. Das halte ich für keine sehr glückliche Maßnahme.

Sind Sie bei der Mindestsicherung eher Team Hans Peter Doskozil, der das türkis-blaue Modell ja größtenteils in Ordnung findet, oder Team Peter Hacker, der wenig davon hält?
Es gibt im Burgenland sicher andere Rahmenbedingungen als in der Großstadt Wien. Ich war immer für eine bundesweite Regelung, aber auch für einen Spielraum für regionale Besonderheiten.

Peter Hacker macht aktuell einen sehr guten Job. Wäre er ein idealer Nachfolger als Bürgermeister?
Erfreulicherweise habe ich einen Stadtsenat zusammengestellt, der einige Personen präsentiert, die geeignet sind als Nachfolgerinnen und Nachfolger. Und da schließe ich auch die Klubleitung und das Landesparteisekretariat mit ein. Aber da ist noch ein bisschen Zeit.

(Bild: Peter Tomschi )

Wann entsteht Ihr erster angekündigter Supergreißler?
Im ersten Halbjahr nächsten Jahres.

Wo kommt er hin?
Da gibt es mehrere Standorte, die derzeit überlegt werden, und verschiedene Modelle.

Wo entsteht die neue Mehrzweckhalle?
Da ziehen wir derzeit mehrere Standorte in Betracht und analysieren nicht nur den genauen Standort, sondern auch das Eingebundensein in das Verkehrsnetz.

Wann wird die Donaubühne gebaut?
Wir werden im Jahr 2020 einen Probeversuch starten. Wir sind gerade dabei, durchzurechnen, wie sich das wirtschaftlich rechnet und wie der genaue Standort dargestellt wird.

Wie läuft eigentlich die Zusammenarbeit mit den Grünen? Nach außen hin bemerkt man nicht viel.
Dadurch, dass es jetzt einen Wechsel bei der Spitzenkandidatur gegeben hat, gibt es natürlich auch die Notwendigkeit, gemeinsame Termine wahrzunehmen. Für mich ist die Orientierungshilfe bei der Zusammenarbeit das Koalitionsübereinkommen. Da ist vieles umgesetzt, manches noch offen.

Behalten die Grünen den Verkehr, oder kommt es zu einem Ressort-Tausch?
Es wird die Einteilung der Ressorts so bleiben, denn so etwas mehr als über der Hälfe der Legislaturperiode macht keinen Sinn.

In einem Interview mit der „Presse“ hat die neue SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner gesagt, dass Karl Marx für sie zu wenig leistungsfreundlich war. Sehen Sie das auch so?
Karl Marx zählt zweifellos zu den bedeutenden Philosophen und Analytikern der Gesellschaft. Vieles hat sich verändert, vieles hat sich relativiert, manche Grundprinzipien sind gleich geblieben. Ich würde Karl Marx mit den heutigen Verhältnissen nur in bestimmten Bereichen in Verbindung bringen.

Bei unserem Interview im Mai war Ihr Schmäh ein Thema. Ich habe Sie nach einem Witz gefragt. Ist Ihnen mittlerweile einer eingefallen?
Nein, Witze erzähle ich nicht in Interviews. Witz und Schmäh sind auch nicht dasselbe.

(Bild: Stadt Wien)

Es gibt die Homepage „Michael Ludwig Pointing at Things“. Da zeigen Sie auf alle möglichen Dinge, etwa auf ein Wiederbelebungsgerät, einen Schraubstock, Rudi Kaske, einen Bundesheerbauch, ein Glücksrad oder auf Ihren Finger. Wissen Sie, wer sich da über Sie lustig macht, und finden Sie so etwas witzig oder ärgerlich?
Weder noch. Ich stehe dazu, dass ich viel unterwegs sowie gerne unter Menschen bin und dass es auch gelingt, viele Projekte in Wien umzusetzen. Und das sollte man nicht verheimlichen.

Michael Pommer, Kronen Zeitung

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