Reformen laufen an

Rosenkranz: „Nur herumlabern wollen wir nicht“

Politik
08.01.2019 06:00

Es ist der erste Höhepunkt des noch jungen Politik-Jahres 2019: Im niederösterreichischen Mauerbach steigt eine zweitägige Regierungsklausur, bei der Details der großen türkis-blauen Projekte für 2019 verhandelt werden. Im Mittelpunkt werden drei Bereiche stehen: Die Reform der Pflege und des Steuersystems sowie ein Digitalisierungs-Paket. Brisant: Bei der Steuerreform waren sich ÖVP und FPÖ bis zuletzt nicht ganz einig über das Volumen der Entlastung, in puncto Pflege entzweit die Frage nach einer Versicherung manche Koalitionäre. FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz stellt aber im Interview mit der „Krone“ fest: „Nur herumlabern wollen wir nicht.“

Zuvor ein kurzer Überblick, was man vom türkis-blauen Großaufgebot in Mauerbach erwarten kann:

(Bild: ©Evrymmnt - stock.adobe.com)
  • Wer zahlt für die Pflege und wie sieht sie aus? Seit Monaten verspricht die Bundesregierung in regelmäßigen Abständen eine große Pflegereform für 2019, Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte das neue Jahr überhaupt zum „Jahr der Pflege“. Bei der Klausur soll nun der Zeitplan für die Pflegereform erarbeitet werden, zudem will Türkis-Blau hier erste Pflöcke einschlagen. Grundsätzlich setzte man sich zum Ziel, die ambulante Pflege auszubauen, das Pflegegeld zu erhöhen und die Finanzierung dieses Sektors grundsätzlich neu zu denken - die ÖVP wünscht sich dem Vernehmen nach eine Pflegeversicherung zur künftigen Finanzierung, auch die Freiheitlichen äußern hier nach lange währender Ablehnung mittlerweile vorsichtig eine gewisse Sympathie (siehe Interview unten).

(Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
  • Wie groß wird die türkis-blaue Steuerreform? Sie soll das Hauptthema dieser Klausur werden: die Steuerreform. Um die Abgabenquote gen 40 Prozent zu senken, will die Regierung diese Woche weitere Schritte ankündigen und Details zur Tarifsenkung verraten. Als fix gilt: Die untersten drei Lohnsteuerstufen sollen gesenkt werden, davon profitierten alle Steuerzahler. Zudem wird als Zuckerl für die Wirtschaft die Körperschaftssteuer gesenkt. Auch geplant ist eine Digitalsteuer für Internet-Giganten. Heikel: Wie groß das Volumen der türkis-blauen Steuerreform wird, war bis zuletzt umstritten. De facto gänzlich ungeklärt ist die Frage der Gegenfinanzierung der Tarifsenkung. Diese Frage soll, glaubt man Koalitionskreisen, in Mauerbach von den Ministern eingehend besprochen werden.

(Bild: thinkstockphotos.de)
  • Wie wird man zum „digitalen Vorreiter“? Österreich hinkt bei der Digitalisierung hinterher, sagt die Regierung. Sie will deshalb einen Sechs-Punkte-Plan beschließen, der die Bereiche Verwaltung, Sicherheit, Infrastruktur, Leben, Innovation und vor allem Bildung umfassen soll. Neben der Einführung einer bereits im Vorjahr angekündigten Plattform für Verwaltung und Wirtschaft unter der Dachmarke „Digital Austria“ ist auch der für März 2019 geplante Start der Bürgerplattform oesterreich.gv.at vorgesehen. Außerdem soll der bürokratische Aufwand für Unternehmen sinken, indem Mehrfachauskünfte gegenüber Behörden entfallen. Geplant ist auch ein Pilotprojekt für ein SMS-Katastrophenwarnsystem. Ziel des ganzen Pakets: Man wolle „Vorreiter“ bei der Digitalisierung werden.

FPÖ-Klubobmann Rosenkranz: „Nur herumlabern wollen wir nicht“

(Bild: APA, krone.at-Grafik)

„Krone“: Glaubt man den Ankündigungen, wird die nahende türkis-blaue Steuerreform kleiner als die rot-schwarze von 2015. Ganz ehrlich, Herr Rosenkranz: Stört Sie das nicht?
Walter Rosenkranz: Nein. Ein Volumen von drei bis 3,5 Milliarden Euro wäre seriös und ein guter Rahmen. Man muss ja bedenken, dass auch Investitionen notwendig sind, etwa im jahrelang kaputtgesparten Bundesheer. Das muss sich ausgehen. Und eines muss ja übrig bleiben: Wir wollen die Staatsfinanzen mit Budgetüberschüssen so herrichten, dass künftige Generationen weniger Last tragen.

Verglichen mit 2015 sprudeln die Steuereinnahmen aber.
Wir gehen es vorsichtig und mit Bedacht an. Politik ist mehr als Steuersenkung.

Die SPÖ streitet intern gerade über den richtigen Zeitpunkt für die Einführung von Vermögenssteuern. Wann ist denn der Ihrer Meinung nach?
Aus meiner Sicht: nie. Es geht ja um Vermögen, das bereits versteuert wurde. Die Regierung sagt: Leistung muss sich lohnen. Das sehe ich auch so. Zudem hätten etwa Millionärssteuern zur Folge, dass Superreiche ihr Kapital einfach aus Österreich abziehen - dann fehlt Geld in unserer Wirtschaft.

(Bild: APA/dpa/Patrick Pleul)

Aber erben ist doch keine Leistung, oder?
Erben selbst nicht. Aber dass Vermögen überhaupt zustande kam, ist eine. Die wollen wir nicht schmälern.

Die Steuer zahlte ja der Erbe, nicht der Vererbende.
Es gibt Leute, die sparen und sparen, damit es ihre Kinder und Enkerln besser haben. Da darf der Staat nichts runterschneiden.

Das zweite große Klausurthema wird die Pflegefinanzierung. Was halten Sie von einer Pflegeversicherung?
Die Expertenmeinungen gehen hier weit auseinander. Eine gesetzliche Versicherungsleistung würde sich ins gesamte Gefüge einpassen, das wäre kein starker Systembruch. Es gibt aber auch Experten, die sagen, dass dieses Modell zu wenig Anreiz hat. Beides hat Für und Wider. Ich hoffe, dass man bei der Regierungsklausur mit der Sozialministerin zu einer Vorentscheidung kommen wird, in welche Richtung es gehen kann. Wir wollen ja nicht nur herumlabern. Vielleicht kann nun eine Vorentscheidung erfolgen.

Sie fordern also, dass die Frage, ob es eine Pflegeversicherung geben soll, diese Woche geklärt wird?
Ich würde es mir wünschen. Es ist ja nicht der Weg das Ziel, auch nicht in der Pflegedebatte. Man muss einmal einen Weg einschlagen - auf die Gefahr hin, dass man von diesem wieder abkommt und zurück an den Start muss.

Alexander Van der Bellen warnte bei seinem Neujahrsauftritt vor Rechtspopulisten. Wie fanden Sie das?
Ob er sich selbst etwas Gutes tut in seiner Form der Amtsausübung, weiß ich nicht. Er muss eben ein Lager bedienen, das so etwas hören will. Der Bundespräsident sollte es grundsätzlich anders machen, aber auch er verfällt leider ab und zu in diese Diktion. Es werden auch wieder Wahlen kommen.

FPÖ-Chef Strache sprach sich jüngst gegen Othmar Karas als EU-Kommissar aus. Was wäre eigentlich so schlimm an Karas?
Die EU hat sich durch überbordende Bürokratie in Brüssel zunehmend vom Bürger entfernt. Diese Fehlentwicklung wollen wir korrigieren und für mehr Subsidiarität sorgen. Da sind wir uns mit dem Koalitionspartner einig.

(Bild: ORF)

Und das ist mit Othmar Karas nicht zu machen?
Heinz-Christian Strache hat eine Präferenz für den jetzigen EU-Kommissar Johannes Hahn erkennen lassen, weil Karas die Scheuklappen des EU-Zentralismus angelegt hat. Letztlich ist es aber eine Entscheidung von Kanzler Sebastian Kurz.

Müssen Sie sich ob der Eiszeit zwischen Regierungsparteien und Opposition eigentlich jetzt schon von der letzthin einzigen blauen Koalitionsbedingung - der direkten Demokratie - verabschieden, Herr Klubobmann? Dafür brauchen Sie den Sanctus der Opposition.
Nein. Ich bin sehr gespannt darauf, wie sich die SPÖ hier verhalten wird. Wenn die SPÖ sagt, sie stimmt dagegen, wird sie den Wählern erklären müssen, warum sie gegen direkte Demokratie ist. Unser Hauptansprechpartner für Zweidrittelmaterien bleibt auch weiterhin die SPÖ - obwohl sie eine Fundamentalopposition betreibt, wie sie nicht einmal wir Freiheitliche damals gemacht haben. Und wir waren wirklich sehr kritisch.

Klaus Knittelfelder, Kronen Zeitung/krone.at

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