Es war einer der seltenen gemeinsamen Auftritte von Wiener rot-grünen Spitzenpolitikern: Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) und die neue Grünen-Chefin Birgit Hebein haben am Donnerstag zur Pressekonferenz geladen. Eigene Pläne für die Stadt wurden nicht vorgestellt, dafür gab es massive Kritik am türkis-blauen Mindestsicherungmodell. Die Bundeshauptstadt werde den vorliegenden Regierungsentwurf - falls er in dieser Form kommt - nicht umsetzen. Der Entwurf sei „ein echter Wahnwitz“, sagte Hacker.
Angekündigt wurde ein Rechtsbruch, sollte das Modell nicht überarbeitet werden. Hacker formuliert es so: „Der Entwurf zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz der Bundesregierung ist unvollständig und teilweise unverständlich, es ist keine echte Reform oder Weiterentwicklung erkennbar. Ohne umfassende Reparaturen kann und wird die Wiener Stadtregierung dieses Gesetz nicht in dieser Form umsetzen.“
„17 potenzielle Verfassungswidrigkeiten“
Die Begutachtung durch die Experten der Stadt habe insgesamt „17 potenzielle Verfassungswidrigkeiten bzw. Widersprüche zu europarechtlichen Bestimmungen“ ergeben. Allerdings wird man vorerst nicht vor Gericht ziehen, sondern setzt zunächst auf Verhandlungen mit der Bundesregierung. Auch Hebein, eine Mindestsicherungs-Enthusiastin der ersten Stunde, übt (wenig überraschend) Kritik: „Der vorliegende schwarz-blaue Entwurf ist menschlich Müll. Das wird es in Wien nicht geben.“
Was Rot-Grün stört:
Bundesregierung lobt „faire“ Reform der Mindestsicherung
Ende November lobten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) das Modell als fair und gerecht und strichen insbesondere Arbeitsanreize für Bezieher hervor. Österreich habe bereits mehr Mindestsicherungsbezieher als das Burgenland Einwohner und jeder zweite sei Ausländer. „Wir haben eine massive Zuwanderung in das System der Mindestsicherung“, betonte Kurz. Daher schlage man nun ein „gerechteres System“ mit Arbeitsanreizen vor. Auch der „Fleckerlteppich“ der unterschiedlichen Länderregelungen werde damit beendet.
Für Einzelpersonen sieht die Mindestsicherung Neu einen Höchstbetrag von 863 Euro vor, bei Paaren maximal 1208 Euro. Bezieher mit schlechten Deutschkenntnissen sollen ein Drittel weniger bekommen. In besonders teuren Städten sind zusätzliche Sachleistungen möglich, die aber mit 30 Prozent der Mindestsicherung gedeckelt werden.
Michael Pommer, Philipp Wagner, Kronen Zeitung/krone.at
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