Der Ton in Politik und Gesellschaft wird immer rauer: Hat denn niemand mehr Respekt? Über diese Frage diskutierte am Mittwochabend eine hochkarätige Runde bei Katia Wagner. Für Tanzschulbesitzer Thomas Schäfer-Elmayer ist vor allem die Kommunikation zwischen den Generationen ein Problem. „Wir alle sind verletzbar. Wichtig ist, dass sich die Menschen gegenseitig achten, auch wenn sie sich gegenseitig unsympathisch sind.“ Für FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein ist es wichtig, zu respektieren, dass es Andersdenkende gibt, und deren Meinungen auch zuzulassen. Andrea Brunner (SPÖ) bereitet vor allem der Ton gegenüber Frauen Sorgen. Eine philosophische Meinung vertrat Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier, der zwar ein „Gegner des Respekts“ ist, aber: Der Feindschaft sei jedes Mittel recht - das sei das Schlimme. Die Highlights sehen Sie oben, den gesamten Talk hier.
Hartinger-Klein habe selbst persönliche Untergriffe von der politischen Konkurrenz erfahren, die sie auch sehr verletzt hätten. „Das muss man ertragen und nicht so in den Vordergrund stellen“, so die Ministerin. Fehlender Respekt sei jedoch ein Grundsatzproblem in der Gesellschaft. „Wir müssen darüber nachdenken, wie wir mit den Andersdenkenden umgehen. Es ist wichtig, wieder zu lernen, zuhören zu können. Denn jeder Mensch darf seine Meinung offen sagen.“ Die Würde des Menschen sei in den Mittelpunkt zu stellen, erklärte die freiheitliche Ministerin.
„Respekt gegenüber Frauen könnte größer sein“
Für SPÖ-Frauensprecherin Andrea Brunner könnte der Respekt gegenüber Frauen größer sein. „Frauen wird viel mehr zugemutet als es gegenüber Männern jemals gemacht werden würde. Es muss mehr darüber gesprochen werden.“ Was an Sexismus im Netz daherkomme, betreffe vor allem Frauen. „Frauen haben viel mehr sexistischen Ballast, der ihnen entgegengebracht wird“, so Brunner.
„Wer Kurz mit Dollfuß vergleicht, der hat nicht alle Tassen im Schrank“
Thomas Schäfer-Elmayer sieht in der Diskussion vor allem die junge Generation gefordert. „Wir sollten einmal bei der Jugend ansprechen, dass sie sich so gehen lässt. Gerade in sozialen Medien steckt extrem viel Hass dahinter.“ Heute sei man schon froh, wenn man toleriere. „Aber Toleranz heißt ja nichts anderes als dulden.“ Laut Heinzlmaier wiederum mehren sich in der Jugendsoziologie die Erkenntnisse, dass die Jugend so angepasst und bieder sei wie selten zuvor. Was ihn an den sozialen Medien viel mehr störe, seien „die Idioten“, der Ton sei da gar nicht so das Störende „Wer etwa Kurz mit Dollfuß vergleicht, der hat nicht alle Tassen im Schrank.“ Anmerkung: Der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Robert Laimer hatte am Dienstag auf Facebook für heftigen Wirbel gesorgt. In seinem Posting war der Kopf von Kanzler Sebastian Kurz in Briefmarkenform neben jenem des austrofaschistischen Kanzlers der Ersten Republik, Engelbert Dollfuß, zu sehen. Dabei wurden Vergleiche zwischen den beiden gezogen. Das Posting wurde einige Stunden später gelöscht.
Minister-Gehalt als guter Trost
Der Jugendforscher, der sich auf Twitter #prolet nennt, meint, Respekt habe immer etwas mit Unterordnung zu tun. „Respekt wird immer verlangt, das bekommt man nicht einfach so.“ Er selbst sei ein Prolet, und da sei man respektlos. „Ich halte es eher mit dem Begriff der Toleranz.“ Er nehme es sich heraus, manche Menschen zivilisiert zu verachten. „Diesen Menschen bringe ich zivilisiert zum Ausdruck, dass ich das, was sie repräsentieren, verachte.“ Laut Heinzlmaier sei in der Politik der Unterschied zwischen Gegnerschaft und Feindschaft wichtig. „Feindschaft ist immer mit Hass verbunden, wo man den Gegner vernichten muss. Der Feindschaft ist jedes Mittel recht - und das ist das eigentlich Schlimme.“ Für ein Minister-Gehalt würde er sich aber gerne beflegeln lassen, so Heinzlmaier.
Hartinger-Klein: „Im Fall Kickl wurde nicht zugehört“
„Wichtig ist die Frage, wie geht die Politik mit der Gesellschaft um? Spaltet man oder geht man verantwortungsvoll mit ihr um?“, fragte Brunner. In letzter Zeit sei es um die demokratischen Grundwerte gegangen. Dabei kritisierte sie die jüngsten Aussagen von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl. Hartinger-Klein konterte: „Auch in der Politik muss man zuhören können. Im Fall Kickl ist das nicht gemacht worden.“ Ihr zufolge habe Kickl lediglich gesagt, dass einige Gesetze zu hinterfragen wären. „Und das darf man. Das ist von der Opposition bewusst missinterpretiert worden.“
„Auch Politiker sind Menschen mit Gefühlen“
Für Schäfer-Elmayer sind auch Politiker Menschen, die Gefühle haben. Verbale Untergriffe sollten nicht immer als Lappalie angesehen werden. „Wenn mir einer eine runterhaut, habe ich ein blaues Aug, und das ist nach einer Woche weg. Psychische Verletzungen halten aber viel länger.“ Heinzlmaier: „Der aufrechte Mensch, der sagt, was Sache ist, wird auch in der Politik respektiert. Aber von diesen Typen gibt es halt leider wenige.“
Diskussion um Fairnessabkommen
Auch das von der SPÖ geforderte Fairnessabkommen im bevorstehenden EU-Wahlkampf kam zur Sprache. Dieses wurde von den Regierungsparteien ÖVP und FPÖ bekanntlich abgelehnt. „Wir haben schon öfter erlebt, dass solche Fairnessabkommen nicht halten. Da hat man also aus der Erfahrung gelernt. Wir müssen eine andere Diskussionskultur einführen“, machte Hartinger-Klein deutlich. Für Brunner hingegen würde ein Fairnessabkommen den Umgang miteinander im Wahlkampf erleichtern.
Sämtliche Ausgaben unseres Talk-Formats zum Nachsehen sowie Highlight-Videos finden Sie unter krone.at/brennpunkt.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.