Ist es sinnvoll, junge Asylwerber, die bei uns eine Lehre begonnen haben, außer Landes zu bringen? Bei der Live-Debatte mit Katia Wagner war am Mittwochabend der Grün-Politiker Rudi Anschober zu Gast, der die Aktion „Ausbildung statt Abschiebung“ ins Leben gerufen hat. Für ÖVP-Abgeordnete Martina Kaufmann hat es dagegen Priorität, bereits anerkannte Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu bringen. Migrationsforscherin Judith Kohlenberger erforscht den Ausbildungsgrad von Flüchtlingen, für sie ist eine Ausbildung auch so etwas wie eine Entwicklungshilfe, wenn sie wieder in die Heimat müssen. FPÖ-Bundesrat Michael Raml stellte klar: Eine begonnene Lehre ersetze keinen Asylgrund. Oben sehen Sie die Highlights der Sendung, das gesamte Video finden Sie hier!
Für den oberösterreichischen Landesrat Rudi Anschober ist das Problem Nummer eins die Länge der Asylverfahren: Ermöglicht man Flüchtlingen die Lehre in Mangelberufen, würden diese keine Konkurrenz für österreichische Arbeitnehmer bedeuten. Er fordert eine Lösung der Vernunft. „Drei Jahre zum Nichtstun verurteilt zu werden, ist für die Betroffenen eine Katastrophe. Als Auszubildender hat man eine hervorragende Voraussetzung zur Integration. Und zusätzlich hat Österreich viele offene Lehrstellen“, betont er. Der Fachkräftemangel sei ein so großes Wirtschaftsproblem, dass es sowohl Asylberechtigte als auch Asylsuchende brauche, um den Bedarf zu stillen. „Dieses Land hat immer dann gut funktioniert, wenn wir zu einem guten Miteinander gekommen sind“, zeigt sich der Landesrat optimistisch.
Kaufmann: „Braucht Sicherheit für beide Seiten“
Für Marina Kaufmann steht es fest, dass die Wirtschaft neue, junge Arbeitnehmer braucht - hier sollte der Fokus allerdings ausschließlich auf anerkannten Flüchtlingen liegen. „Es braucht die Sicherheit - für beide Seiten. Für die Jugendlichen wie auch die Unternehmer“, so Kaufmann. „Es hat niemand was davon, wenn ich mitten in der Ausbildung bin, und dann muss ich gehen“, ist sich die ÖVP-Politikerin sicher. Asylberechtigen dagegen müsse man eine Ausbildung ermöglichen: „Die jungen Menschen, die hierbleiben dürfen, die brauchen wir auch. Diese müssen gut qualifiziert werden.“ Man müsse auch Wirtschaftstreibende schützen: „Die Unternehmer sind meist von den jungen Menschen sehr begeistert. Aber was viele nicht wussten: dass der Asylbescheid zuvor schon negativ war.“
Kohlenberger: Ausbildung auch „Entwicklungshilfe“
Eine sinnstiftende Tätigkeit für Asylwerber fordert Judith Kohlenberger, damit ließen sich (Kriegs-)Traumata besser verarbeiten. „Diese Initiative ist dreifach sinnvoll: für die Betroffenen, weil sie einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen können, zweitens profitiert auch die Aufnahmegesellschaft davon, weil es auch eine Sache der Sicherheit ist, wenn die Asylberechtigten nicht etwa am Linzer Hauptbahnhof herumlungern. Und die Unternehmer profitieren davon“, so die Wirtschaftsexpertin.
Die Asylwerber hätten auch etwas von einer Ausbildung, wenn sie wieder in die Heimat zurückkehren müssen: „Das ist so wie Entwicklungshilfe für den Wiederaufbau.“ In der Arbeit würde man auch schneller Deutsch lernen: „Die Sprache lernt man am allerbesten im Kontext, wo ich sie brauche. Das ist einfach die Arbeitsstelle.“ Man würde sich auch selbst schaden, schließe man Flüchtlinge vom Arbeitsmarkt aus: „In der Debatte kommt das leider immer zu kurz: Fachkräftemangel erzeugt weitere Arbeitslosigkeit.“
Raml: „Fundament für Ausbildung muss Asylberechtigung sein“
„Eine begonnene Lehre darf keinen Asylgrund ersetzen“, kontert Michael Raml. „Wir holen ständig Menschen aus aller Herren Länder mit falschen Versprechungen“, gibt der FPÖ-Politiker zu bedenken. „Das Fundament für eine Ausbildung muss immer eine Asylberechtigung sein.“ Er warnt vor einer Hintertür für Flüchtlinge bei einem negativen Bescheid: „Hier wird nach dem Motto vorgegangen: Zuerst probiert man es mit der Asyltüre, um in dieses Land hereinzukommen. Und wenn die nicht aufgeht, dann nimmt man die Einwanderungstüre.“ Es stehe außerdem noch mehr auf dem Spiel: „Selbstverständlich hebelt man den Rechtsstaat aus, wenn man sagt, man lässt Asylwerber in die Lehre.“ Raml lobt die Arbeit der Regierung: „Die Parteien FPÖ und ÖVP sind mit einer klaren Ansage angetreten: Wir wollen ein strenges, aber auch gerechtes Asylrecht.“
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