Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Dienstagabend seinen ersten bilateralen Besuch in den USA begonnen, in dessen Rahmen er am Mittwoch US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus treffen wird. Erster Programmpunkt war ein Abendessen mit Außenminister Mike Pompeo, bei dem es unter anderem um den Nahost-Konflikt ging.
Wie Kurz anschließend berichtete, sei es bei dem Dinner im State Department um die Situation im Nahen Osten gegangen, „wo die USA wieder an einer Lösung arbeiten und wahrscheinlich noch in diesem Halbjahr einen Vorschlag präsentieren werden“. Kurz begrüßte die Aktivitäten der USA im Nahost-Konflikt. Es sei „immer positiv“, wenn diese einen Vorschlag präsentierten.
„Es gibt viele Sachfragen, die uns trennen“
Kurz sprach auch von einem „interessanten Austausch zu außen- und geopolitischen Fragen“. Pompeo habe weiters über die Korea-Frage berichtet, in der er persönlich sehr aktiv sei. Im Verhältnis zwischen EU und USA gebe es indes „viele Sachfragen, die uns trennen“, räumte der Kanzler ein. Konkret nannte er etwa die Klimapolitik oder Handelsfragen. Allerdings erinnerten die beiden Spitzenpolitiker auch an Zeiten, in denen die Beziehungen zwischen Wien und Washington besonders fruchtbar waren: Kurz übergab Pompeo ein Buch mit dem Titel „The Marshall Plan. Saving Europe, Rebuilding Austria“, in dem eine umfassende Bilanz über das US-Programm zur Ankurbelung der europäischen Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg gezogen wird.
Kurz hatte bereits im Vorfeld des Abendessens betont, dass dabei jene Themen im Fokus stehen würden, „bei denen wir unterschiedliche Auffassungen haben, wie der Kampf gegen den Klimawandel, der Einsatz gegen Protektionismus und für einen fairen und gerechten Handel im Sinne der österreichischen Wirtschaft sowie globale Fragen, wie die Abrüstung von Atomwaffen“.
Kurz nimmt Kritik an seiner Linie gegenüber Trump locker
Angesprochen auf die Oppositionskritik an seiner Linie gegenüber Trump, verwies Kurz auf seine Erfahrungen als Außenminister und Bundeskanzler. „Wir sind inhaltlich gut auf das Gespräch vorbereitet. Es gibt sehr viele Themen, wo wir unterschiedlicher Meinung mit den USA sind und auch deshalb oder gerade deswegen sollte man Gespräche führen“, betonte er.
Am Dienstag waren auch die NEOS in die Kritik an der Kanzlervisite eingestiegen, die am Wochenende zunächst von der SPÖ geäußert worden war. NEOS-EU-Spitzenkandidatin Claudia Gamon forderte den Kanzler auf, Trump entgegenzutreten. „Statt die katastrophale und erratische Außenpolitik von Donald Trump zu loben, muss Kurz ihm und seiner europafeindlichen Politik endlich die Stirn bieten“, teilte Gamon am Dienstag mit.
Die NEOS würden nach der Rückkehr des Kanzlers einen „umfassenden Bericht vor dem Parlament“ erwarten. „Wir sind gespannt, ob Kurz die Zeit im Weißen Haus nur für schöne Fotos nutzt, oder ob er Trump klar macht, dass dessen protektionistische und aggressive Politik nur Verlierer erzeugt - und zwar überall.“
Lob für Trumps Außenpolitik
Die Kritik hatte sich an der Aussage des Kanzlers entzündet, wonach Trump eine „zum Teil sehr erfolgreiche Außenpolitik“ führe. Die SPÖ hatte dies als Lob für Trump interpretiert. Vor seinem Abflug am Dienstagvormittag hatte der Kanzler direkte Kritik an Trump vermieden, aber die Differenzen zwischen Wien und Washington in vielen Fragen hervorgehoben. Zum Hauptthema will der Kanzler die Handelsbeziehungen machen, weil ein „Handelskrieg“ zwischen den USA und der EU verhindert werden soll. Kurz erwartet auch, dass die US-Seite die Frage der in Syrien internierten IS-Kämpfer aus europäischen Staaten, darunter Österreich, ansprechen wird. Was eine Rücknahme der Kämpfer betreffe, sei man aber zurückhaltend, weil die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung vorgehe.
Treffen mit Trump, Essen mit seiner Tochter
Kurz soll am frühen Mittwochnachmittag von Trump im Weißen Haus empfangen werden. Für den Termin ist rund eine Stunde angesetzt. Pressekonferenz ist keine geplant, doch wurde erwartet, dass sich Kurz und Trump zum Auftakt ihres Treffens im Oval Office vor der Presse äußern werden. Zu Mittag wird der Kanzler Vertreter jüdischer Organisationen wie den Direktor des American Jewish Committee (AJC), David Harris, und Rabbi Arthur Schneier treffen. Am Abend ist dann ein privates Essen im Haus von Trumps Tochter Ivanka und deren Ehemann Jared Kushner geplant, der sich seit Monaten mit der Suche nach Lösungen im Nahost-Konflikt beschäftigt.
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