Die Anforderung, wonach Glücksspiel-Gesellschaften ihren Sitz in Österreich haben müssen, sei eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, mit der unmittelbar eine Diskriminierung von Spielbanken mit Sitz in einem anderen EU-Land eingeführt werde, betont der Generalanwalt in seinem Schlussantrag zum Fall C-64/08. Dabei geht es um einen deutschen Staatsbürger, der in Österreich wegen des Betriebs zweier Spielcasinos ohne Lizenz verurteilt wurde. Beim Bezirksgericht Linz stellte er das staatliche Monopol infrage, weshalb die dortigen Richter den EuGH anrufen mussten.
Mazak ist einer von acht Generalanwälten, die beim EuGH Stellungnahmen zu bestimmten Verfahren abgeben. Diese sind nicht bindend, die Richter folgen ihnen aber in vier von fünf Fällen.
Trend zur Liberalisierung
Die strengen Vorschriften in Österreich für Casinos und Lotterien werden seit Jahren von ausländischen Anbietern und Unternehmen wie bwin und Novomatic attackiert. In der EU zeigt sich ein Trend zur Liberalisierung. Zuletzt hatte aber Portugal sein Monopol vor dem EuGH verteidigen können. In dem Land fließen die Gewinne aus der staatlichen Lotterie allerdings in gemeinnütze Einrichtungen.
Der heimische Gesetzgeber rechtfertigt das Monopol mit ordnungspolitischer und steuerlicher Kontrolle. Beim Finanzministerium werden folgende Gründe aufgezählt: Vermeidung krimineller Handlungen (Nutzung von Glücksspielen zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung, Einnahmequelle für kriminelle Syndikate), Vermeidung wirtschaftlicher Existenzgefährung (Suchtgefahr), Finanzmarktstabilität (Pyramidenspiele), Jugendschutz und Konsumentenschutz.
"Sicherheitsbedenken rechtfertigt Monopolgesetz nicht"
Im vorliegenden Fall sei die Beschränkung aber auch durch Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit nicht zu rechtfertigen, meint der Generalanwalt dazu. Jedes in einem EU-Staat niedergelassene Unternehmen könne nämlich unabhängig vom Wohnsitz seiner Führungskräfte kontrolliert und Sanktionen unterworfen werden. Somit könne die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nicht gerechtfertigt werden.
Auch der Ausschluss von Mitbewerbern im EU-Ausland bei der Ausschreibung für Konzessionen für Glücksspiele und Spielbanken (die Spielbank-Lizenzen der Casinos Austria laufen 2012 aus, Anm.) sei diskriminierend und könne im aktuellen Fall ebenfalls nicht durch Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt werden, so der Generalanwalt. Es liege nämlich keine Gefährdung vor, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre.
Geschickte Argumentation
Der deutsche Unternehmer hatte das Monpol mit äußerst geschickter Argumentation in Frage gestellt: Unter anderem wies er darauf hin, dass monopolisierte Spiele wie das Fußballwettspiel TOTO und der Lotto-Jackpot in Österreich öffentlich beworben werden und stellte damit den Gesetzgeber infrage, der diese Maßnahmen zur ordnungspolitischen Kontrolle des Glücksspielsektors zählt.
Der Umstand, dass die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an Glücksspielen ermuntern und hierfür Werbung betreiben, bedeute aber nicht zwangsläufig, dass es der innerstaatlichen Politik zur Beschränkung von Glücksspielen an Kohärenz mangele, meint der Mazak. Es sei außerdem Sache des Linzer Gerichts, zu prüfen, ob diese Werbung mit dem Ziel im Einklang steht, eine "attraktive" Alternative zu verbotenen Spielen zu sein.
Kommt Gesetzgeber dem EuGH zuvor?
Ein Urteil des EuGH in dem Verfahren wird noch heuer erwartet. Der Gesetzgeber könnte dem aber zuvor kommen. Seit Jahren wird bereits um ein neues Glücksspielgesetz gestritten, mit dem die EU-rechtswidrigen Punkte repariert werden sollen. Wie aus Regierungskreisen am Dienstag verlautete, könnte es noch vor dem Sommer so weit sein. 2012 laufen nämlich die derzeit von den Casinos Austria gehaltenen Lizenzen für die sechs Spielbanken in Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck und Bregenz aus. Eine Novelle muss die Basis für die Neuausschreibung schaffen. Diese soll, wie aus Insiderkreisen zu erfahren war, noch heuer erfolgen - und zwar diesmal EU-weit und wahrscheinlich einzeln statt im Paket.
Sollten die Casinos den Zuschlag nicht mehr bekommen, würden sie gehörig unter Druck geraten. Vor allem auf den lukrativsten Standort Wien wirft auch die ausländische Konkurrenz ein Auge...
Bund und Länder streiten ums "kleine Glücksspiel"
Zur Konfliktsituation auf EU-Ebene kommen beim Glücksspielgesetz auch noch Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern dazu. Die Novelle soll nämlich auch das sogenannte "kleine Glücksspiel" (Automaten und Co.) regeln. Beim hier entbrannten Konflikt zwischen Bund und Ländern dürfte man mittlerweile "auf der Zielgeraden" sein, wie es ein Insider formulierte.
Beim Automatenspiel geht es um die Frage, welche Kompetenzen die Bundesländer bekommen und was gegebenenfalls mit den Steuereinnahmen passiert. Während etwa Vorarlberg das kleine Glücksspiel weiterhin nicht erlauben will, möchten die vier Länder, in denen es legal ist (Wien, Niederösterreich, Steiermark, Kärnten) nicht auf ihre Steuerautonomie verzichten. Zuletzt war darüber spekuliert worden, dass diese Länder die Glücksspielabgabe kassieren könnten, der Bund dafür die Umsatzsteuer. Ein weiterer Teil des Kompromisses könnte sein, dass die Lizenzen für das Automatenspiel bundesländerweise vergeben werden, damit die Länder ihre Autonomie wahren können. Nach früheren Schätzungen der Casinos Austria gibt es in Österreich etwa 20.000 Spielautomaten, wovon nur rund 8.000 legal sind. Zum Zwecke des Jugendschutzes soll in der Novelle vorgesehen sein, dass Automaten in Zukunft nur mehr in eigenen Hallen aufgestellt werden dürfen.
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