Die von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) geplante Sicherungshaft für „gefährliche Asylwerber“ emotionalisiert das Land. Während der türkise Regierungspartner Kickls Vorstellungen unterstützt, gibt es aus der SPÖ, die der Koalition zur notwendigen Verfassungsmehrheit verhelfen könnte, unterschiedliche Signale. Burgenlands baldiger Landeshauptmann Hans Peter Doskozil zeigte sich dem Plan nicht abgeneigt, aber nur, wenn auch „gefährliche Inländer“ von der Maßnahme erfasst würden. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig tönte ähnlich: Wenn man schon eine Sicherungshaft andenke, dann „für alle“. Ein kategorisches Nein kommt nun aber von Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner, die hier eine „rote Linie“ zieht.
Anlass für den umstrittenen Vorstoß war jener erschütternde Fall, bei dem in Dornbirn ein Asylwerber, der schon vor Jahren wegen Gewaltdelikten des Landes verwiesen worden war, einen Beamten erstach. Hier wisse man allerdings noch zu wenig, um bereits klare politische Konsequenzen ziehen zu können, so Rendi-Wagner am Montag auf Facebook: „Solange nicht alle Fakten zum tragischen Fall Dornbirn am Tisch liegen, stehe ich für Verhandlungen über eine Sicherungshaft nicht zur Verfügung.“
„Massiver Eingriff in die Freiheits- und Grundrechte“
Die SPÖ-Chefin stellte zwei Fragen in den Raum: „Hätte der Täter inhaftiert werden können?“ sowie „Gibt es tatsächlich Gesetzeslücken oder wurden bestehende Möglichkeiten nicht ausgeschöpft?“ Diese Fragen seien von der Regierung „nicht beantwortet“ worden. Die nun ins Spiel gebrachte Sicherungshaft sei „ein massiver Eingriff in die Freiheits- und Grundrechte jeder einzelnen Bürgerin und jedes einzelnen Bürgers“. Rendi-Wagners Konsequenz: „Hier ziehe ich eine rote Linie.“
Sie fordert eine Taskforce im Justizministerium unter Leitung eines unabhängigen Richters. „Solange ich diese Ergebnisse nicht habe, stehe ich für Diskussionen nicht zur Verfügung“, sagte sie.
Traiskirchens SPÖ-Bürgermeister appelliert an eigene Partei
Rückendeckung erhielt Rendi-Wagner von Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler. Er sieht in den Plänen Kickls einen „Tabubruch“. Seine eigene Partei forderte Babler auf, diesem Vorhaben entgegenzutreten - denn es gebe Dinge, die „nicht verhandelbar“ seien. Es sei „höchst an der Zeit, hier mit einer entschlossenen Stimme diesen gefährlichen Tendenzen entgegenzutreten. Es gibt Dinge, die sind schlicht und einfach nicht verhandelbar“, teilte Babler seinen Parteikollegen mit - die in dieser Frage unterschiedliche Meinungen zeigten.
„Was Kickl ankündigt, bedeutet einen radikalen Angriff auf unsere Prinzipien“
Der Chef der Stadtgemeinde im Bezirk Baden lehnt eine Sicherungshaft entschieden ab: „Was Kickl hier ankündigt, bedeutet einen radikalen Angriff auf unsere rechtsstaatlichen Prinzipien, egal ob es Internierung, Sicherungshaft oder sonst wie genannt wird“, sagte er in einer Aussendung. "Menschen, egal ob Österreicher oder Flüchtende, auf Verdacht einzusperren, ohne dass sie ein Verbrechen begangen haben, ist in einer entwickelten Demokratie wie unserer nicht nur ein Tabubruch, sondern für mich ein derber Anschlag auf unser geregeltes österreichisches Rechtssystem.
NEOS: „Rechtlich unhaltbar“
Auch NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger kritisierte Kickl, der „keinerlei neue Fakten oder gar ein Konzept“ geliefert habe. Ein Einsperren aufgrund einer Gefährdungsprognose sei „auf jeden Fall rechtlich unhaltbar“. Scharfe Kritik kam auch von der Liste Jetzt: „Die Entwicklungen zu einem autoritären Unrechtsstaat werden wir mit Sicherheit nicht mittragen“, sagte die sicherheitspolitische Sprecherin Alma Zadic.
Kickl: SPÖ und NEOS sollen „aus dem Schmollwinkel kommen“
Kickl betonte zu seinem Vorschlag einer Sicherungshaft nur für „gefährliche Asylwerber“, dass es bereits entsprechende EU-Regeln dafür gebe, diese müsse Österreich nur etablieren. In Richtung SPÖ und NEOS meinte er, diese sollten „aus dem Schmollwinkel kommen“, um eine Verfassungsbestimmung zu ermöglichen.
Video: Kickl präsentiert Pläne für Sicherungshaft
Traiskirchen und Thalham werden „Ausreisezentren“
Außerdem kündigte Kickl am Montag weitere Verschärfungen im Asylbereich an: Mit März werden die Erstaufnahmezentren für Asylwerber in Traiskirchen und Thalham in „Ausreisezentren“ umgewandelt. Dort sollen möglichst schnell Reiseroute und Fluchtgründe geprüft werden und es soll auch sofort eine Rückkehrberatung geben. Darüber hinaus soll in Bundeszentren eine nächtliche Anwesenheitspflicht von 22 bis 6 Uhr gelten. Zumindest am Papier ist diese freiwillig. Wer sich nicht an sie hält, wird in Quartiere verlegt, wo es nächtens „nichts gibt, womit man sich die Zeit vertreiben kann“, wie Kickl es ausdrückte.
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