Barkassen – mit Betonung auf dem zweiten a. So heißen die kleinen Schiffe, die zu Hamburg gehören wie die Gondeln zu Venedig. Früher schleppten sie meist größere Frachter durch den Hafen. Heute zeigen sie staunenden Touristen das hanseatische Tor zur Welt.
Kein Bub, der vom Schiffefahren träumte
Einer der größten Fische im Barkassen-Geschäft ist Hubert Neubacher aus Ennsling (Gemeinde Haus im Ennstal). Zehn Schiffe nennt der 46-Jährige mittlerweile sein Eigen; das Unternehmen mit 50 Mitarbeitern floriert. Dass er im vergangenen Jahr zum Präsidenten des deutschen Skål Clubs, der Vereinigung der wichtigsten Tourismus-Manager mit 800 Mitgliedern, gewählt worden ist, beweist das hohe Ansehen des Steirers in seiner Wahlheimat.
„Dabei war ich kein Bub, der mit zehn schon vom Schiffefahren geträumt hat“, erinnert sich Neubacher. Nach der Handelsschule verschlug es ihn zunächst in die Gastronomie, ins Hotel Post in Lech am Arlberg, wo er Kellner lernte. Dort bediente er eines Tages ein Ehepaar, das auf der Insel Norderney Hotels betrieb und den jungen, feschen Steirer vom Fleck weg engagierte. „Ich war 18 und hab’ gedacht: Warum nicht an die Nordsee?“
Zwei Dialekte
Wer Neubachers köstliche Dialekt-Mischung hört, errät es unschwer: Norddeutschland hat den Ennstaler nie mehr losgelassen. Denn Hamburg entpuppte sich bei einem Besuch als Liebe auf den ersten Blick – so wie auch Neubachers heutige Firma.
Barkassen-Meyer heißt das Unternehmen, das vor genau 100 Jahren gegründet wurde. Der Enkel des Gründers und seine Frau suchten einen Assistenten – und wurden im fleißigen Schiffskellner aus Österreich fündig.
Fernweh nach der großen Stadt
Der bewährte sich. So sehr, dass sich die Besitzer bald aus dem Geschäft zurückziehen konnten. „2002, kurz vor meinem 30. Geburtstag, hat die Chefin ihre Handtasche genommen und gesagt: Ich geh’ jetzt, du brauchst mich nicht mehr.“ Neubacher nahm die Herausforderung an, baute den Betrieb weiter aus und erwarb auch das Hafenpatent. „Damit ich weiß, worum’s geht!“
2013 wagte Neubacher den nächsten Schritt („Seither gehört Barkassen-Meyer mir, oder besser: mir und der Bank“) - und war damit endgültig angekommen. „Ich habe immer Sehnsucht nach mehr gehabt, ein Fernweh nach der großen Stadt, nach Kunst und Kultur. Dank der Elbphilharmonie boomt die Stadt. Ich kann hier die besten Orchester live hören.“
Heuer kein Skiurlaub
Heimweh kennt der 46-Jährige keines – obwohl er froh ist, dass er dank Flugverbindung nicht allzu weit weg ist: „In vier Stunden kann ich am Tisch bei der Mama sitzen.“
Doch heuer schafft es Neubacher erstmals nicht zum Skifahren mit den Geschwistern in die Heimat, weil in Hamburg neben seinem eigenen 25er bei Barkassen-Meyer auch das 100-jährige Bestehen des Traditionsunternehmens ins Haus steht.
Udo Lindenberg tobte sich als Maler aus
Und der „Alpen-Kapitän“ hat sich einen speziellen Coup ausgedacht: Rechtzeitig zum doppelten Jubiläum hat er das zehnte Schiff seiner Flotte in Auftrag gegeben. Der Name der Barkasse, die dieser Tage zu Wasser gelassen wurde: „MS Ennstal“. Wie ihre älteren Schwestern „Gerda“, „Sanna“ oder „Lütte Deern“ hat sie vorher noch ein kunterbuntes Design bekommen – und zwar von Rock-Legende Udo Lindenberg!
„Udo hat sich auf unserem Schiff so richtig ausgetobt und einen echten Hafen-Hingucker geschaffen“, erzählt Neubacher begeistert. „Die Hamburger werden Augen machen.“
Familienbesuch zur Jubiläumsfeier
Augen machen wird wohl auch die Familie, wenn sie am 28. März aus dem Ennstal anreist. Da wird zusätzlich zur pompösen Schiffstaufe samt Firmen-100er auch der 70er von Mama Elfriede gebührend gefeiert.
Homepage: www.barkassen-meyer.de
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