Auf Eis gelegt

EVP beschließt Suspendierung von Orban-Partei

Ausland
20.03.2019 19:00

Nach einer turbulenten Sitzung der Europäischen Volkspartei, die länger als geplant gedauert und die Spaltung der konservativen Parteienfamilie offenbart hat, ist am Mittwoch ein Kompromiss über die Zukunft von Fidesz, der nationalkonservativen Regierungspartei von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, erzielt worden. Die konservativen EU-Delegierten stimmten nach zermürbenden Beratungen und Abänderungsanträgen mit 190 zu drei Stimmen einer zeitlich nicht befristeten Suspendierung der Fidesz zu.

Hintergrund ist Kritik an Orbans Weg zu einer „illiberalen Demokratie“ sowie aktuell eine Plakatkampagne gegen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der ebenfalls der Europäischen Volkspartei angehört.

März 2019: Ein Fidesz-Plakat mit dem ungarischstämmigen US-Investor George Soros und dem damaligen EU-Kommissionspräsident Juncker, das nahelegt, diese würden gezielt Migrationsströme Richtung Europa steuern (Bild: APA/AFP/Attila Kisbenedek)
März 2019: Ein Fidesz-Plakat mit dem ungarischstämmigen US-Investor George Soros und dem damaligen EU-Kommissionspräsident Juncker, das nahelegt, diese würden gezielt Migrationsströme Richtung Europa steuern

Fidesz verliert Stimmrecht
Die Überprüfung der Orban-Partei werde von einer Art Weisenrat bestehend aus dem früheren EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy, Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und dem ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten Hans-Gert Pöttering durchgeführt. Während der Suspendierung verliert Fidesz das Stimmrecht und darf auch an Parteientscheidungen nicht mehr teilnehmen. Ein Austritt von Orbans Partei scheint laut Beobachtern damit zunächst abgewendet.

Ungarns Regierungschef Viktor Orban (li.) und Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP) (Bild: Associates Press)
Ungarns Regierungschef Viktor Orban (li.) und Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP)

Karas: „Wirklich letzte Chance“
Für den ÖVP-Spitzenkandidaten bei der EU-Wahl, Othmar Karas, ist die Suspendierung von Fidesz eine „letzte Chance“ (siehe auch Video ganz oben). „Das ist die letzte Chance, aber wirklich die letzte“, sagte Karas am Mittwochabend bei einer Diskussion mit den Kandidaten der anderen Parteien im ORF-RadioKulturhaus. Während SPÖ, Grüne und die Liste Jetzt (vormals Liste Pilz) das Vorgehen der EVP als zu lasch kritisierten, bot die FPÖ Fidesz eine Zusammenarbeit an.

Der ÖVP-Spitzenkandidat bei der EU-Wahl, Othmar Karas (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Der ÖVP-Spitzenkandidat bei der EU-Wahl, Othmar Karas


Strache weiter offen für Orban: „Ich schätze ihn“

Vizekanzler Heinz-Christan Strache (FPÖ) bejahte am Mittwoch nach dem Ministerrat die Frage, ob sein Angebot an Orban nach wie vor stehe, dessen Partei in einer neuen Rechtsfraktion willkommen zu heißen, sollte Fidesz aus der EVP ausgeschlossen werden: „Ja, mein Angebot steht, ich schätze ihn. Sollte das der Fall sein, dass ein Ausschluss oder eine Suspendierung oder was auch immer erfolgt, dann wird er sich sicherlich auch um eine neue Fraktion bemühen.“

(Bild: APA/Hans Punz)

Auch der freiheitliche Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Harald Vilimsky, bot Orban neuerlich eine Zusammenarbeit an: „Ich halte es für eine Demütigung, den ungarischen Ministerpräsidenten mit einem Fußtritt aus seiner Parteienfamilie hinauszutreten und ich würde mich freuen, Seite an Seite mit seiner Partei an einem Reformprozess mitwirken zu dürfen“, erklärte er.

Orban begrüßt Aussetzung der Mitgliedschaft
Ministerpräsident Orban begrüßte den Beschluss der EVP zur Aussetzung der Mitgliedschaft seiner Fidesz-Partei. „Die EVP hat eine gute Entscheidung getroffen, weil sie die Einheit bewahrt hat“, sagte der ungarische Regierungschef und Fidesz-Vorsitzende am Mittwochabend in Brüssel.

Viktor Orban (Bild: Associated Press)
Viktor Orban

Zugleich erklärte er, dass die Fidesz-Partei aus freien Stücken die Mitarbeit in allen EVP-Gremien ruhen lasse, solange ein von der EVP eingesetzter Weisenrat die Lage in Ungarn überprüfe. Orban erklärte dazu, dass sein Land eine dreiköpfige Delegation von Fidesz-Politikern benannt habe, die mit Van Rompuys Weisenrat „verhandeln“ werde.

Ausschluss von Fidesz ist nicht vom Tisch
Aus Sicht von EVP-Fraktionschef Manfred Weber ist ein Ausschluss von Fidesz trotz Suspendierung immer noch eine Option. Das „ist nicht vom Tisch, das ist auf dem Tisch“, sagte der CSU-Vizechef am Mittwochabend. Es werde viel Zeit nötig sein, um wieder Vertrauen zwischen der EVP und Orbans Fidesz-Partei aufzubauen.

EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (Bild: AP)
EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber

Erste praktische Konsequenz der Suspendierung sei, dass Orban bereits am Donnerstag nicht mehr am EVP-Spitzentreffen vor dem EU-Gipfel teilnehmen dürfe, so Weber. Fidesz habe auch keine Mitsprache mehr über die politische Richtung der EVP und könne keine Kandidaten mehr für politische Ämter in der Partei aufstellen.

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