Am Montag beginnt in Wien der Prozess nach der tödlichen Hundeattacke auf einen kleinen Buben. Seit dem Tod des nur einjährigen Waris wird landesweit diskutiert, wie gegen Hundehalter bissiger Tiere vorgegangen werden soll. Und: Wie solche tragischen Fälle künftig überhaupt vermieden werden sollen. Bundesländer haben teilweise eigene Vorschriften für die Haltung der Haustiere.
Es ist ein Ausnahmefall. Ein unendlich trauriger: Waris wurde nur ein Jahr alt. Bei einem Spaziergang im Vorjahr riss sich der angeleinte Rottweiler einer Wienerin los, biss den Buben in den Kopf. Die Besitzerin war betrunken. Am Montag wird sie sich wegen grob fahrlässiger Tötung in Wien verantworten müssen. Der Hund? Eingeschläfert.
Kürzlich wurde ein Niederösterreicher verurteilt, weil sein Rottweiler einen Buben (9) attackiert und schwer verletzt hat. Das Tier durfte „wie immer“ ohne Leine und Maulkorb laufen - und war unbeaufsichtigt.
Fehler liegt beim Menschen
In beiden Fällen liegt der Fehler wie so oft beim Menschen. Hunde und ihre Opfer müssen für die Unverantwortlichkeit, Unfähigkeit, Ignoranz ihrer Besitzer büßen. Und für die Unwissenheit der Gesellschaft generell: Leider kennt nicht ein jeder die einfachsten Regeln, wie man sich einem Hund gegenüber verhalten soll. Das fängt schon damit an, dass fremde Tiere nicht einfach so anzufassen sind.
Hunde zählen zu Lieblingshaustieren
Begegnungen mit Hunden sind hierzulande kaum auszuschließen: Sie gehören zu den Lieblingshaustieren der etwa 8,8 Millionen Österreicher. Rund eine halbe Million Hunde waren 2017 angemeldet - zum Beispiel in Wien 61.107, in Oberösterreich 74.446. In der Steiermark gibt es derzeit rund 80.000 Halter, in Tirol 29.552 gemeldete Hunde. Generell geht man von einer hohen Dunkelziffer aus. Für Hundebisse existieren laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit Hochrechnungen für Österreich, demnach es 2017 etwa 3600 gegeben hat.
Nach dem Tod des kleinen Waris gingen jedenfalls die Emotionen hoch. In Wien wurde letztlich das Tierhaltegesetz verschärft. Es gilt seit 19. Februar 2019 und trifft vor allem Besitzer von Listenhunden. Verschärfungen angedacht haben etwa auch Tirol und Niederösterreich.
Waris’ Tod ist traurig, tragisch, unverzeihbar. Vergessen sollte man aber auch nicht, dass es Tausende Kinder gibt, die mit einem Vierbeiner als besten Freund aufwachsen - und als Erwachsene gute Hundehalter sind.
Respekt für ein gutes Miteinander
Was es für ein gutes Zusammenleben zwischen Nicht- und Hundehaltern braucht, ist gegenseitiger Respekt, sagt Katja Wolf vom Österreichischen Kynologenverband (ÖKV).
„Krone“: Wo liegen die Probleme?
Katja Wolf: Der Großteil der Hundehalter hält sich an Gesetze, kennt sein Tier - weiß somit in unterschiedlichen Situationen richtig zu reagieren. Problematisch wird es, wenn diese Kenntnis fehlt oder sich man sich über Regeln wie Leinenpflicht, Hundeverbote, Kot-Entsorgungspflicht hinwegsetzt. Gerade in dicht besiedeltem Gebiet sind Regeln für ein gutes Miteinander bedeutend. Wichtig ist, dass Hunde sozialisiert und ausgebildet sind. Begleithundekurse vermitteln Basics, für mich ein „must have“! Auch am Land heißt es nicht überall „Leinen los“! Man muss die Gemeinde-Vorschriften kennen.
Appell an beide Seiten?
Einander mit Respekt begegnen, bestehende Gesetze einhalten. Im Alltagsleben auf seinen Hund konzentriert sein (Stichwort Handy), um jederzeit verantwortungsvoll reagieren zu können. Größte Sorgfalt in der Begegnung mit Kindern (niemals unbeaufsichtigt). Hundeausbildung nützt - und schützt! Nichthundehalter: Bei Angst diese äußern, verantwortungsvolle Halter respektieren das. Die verpflichtende Schulung potenzieller Halter vor (!) Tier-Anschaffung ist zu begrüßen.
Was hält man vom neuen Wiener Gesetz?
Der ÖKV begrüßt Initiativen zur Verbesserung der theoretischen Schulung und praktischen Ausbildung von Mensch-Hunde-Teams. Die willkürliche Auflistung von Rassen und deren Zucht- und Haltungseinschränkungen lehnen wir mangels wissenschaftlicher Beweisbarkeit aber ab.
Panik vor Hunden: warum, was tun?
Es gibt sie, Menschen mit dieser irrealen Panik vor Hunden. Johannes Lanzinger von Phobius - Phobie Zentrum Wien arbeitet mit ihnen.
„Krone“: Wie zeigt sich eine Phobie vor Hunden?
Johannes Lanzinger: Es gibt viele Menschen, die Angst vor Hunden haben. Die ist uns angeboren, potenziell können Tiere ja gefährlich sein. Aber Phobiker haben eine irrationale Angst, die sie völlig einschränkt. Unabhängig von Größe und Rasse. Sie trauen sich nicht in die Natur, aus Angst, auf Hunde zu treffen. Kommt es dann dazu, ist rationales Denken und Handeln unmöglich: Entweder sie erstarren oder sie flüchten kopflos querfeldein, was gefährlich ist.
Wie entsteht diese Phobie?
Oft hat es schon einen Vorfall gegeben. Danach versucht man, Begegnungen mit Hunden zu vermeiden. Je stärker man vermeidet, desto mehr verliert man aber den Bezug zur Realität. Man beginnt, die Gefahr zu überschätzen, tatsächlich sind die allermeisten Hunde ja ungefährlich.
Was hilft?
Je weniger man das Gefühl hat, ein Hund kann zu mir kommen, desto besser. Abstand, Bei-Fuß-Gehen, Leine und Maulkorb können beruhigen - Hundetraining hilft also auch Phobikern. Weil diese oft glauben, der Hund kommt ausgerechnet zu ihnen: Hunde reagieren auf Aufmerksamkeit, also sollte man ein langes Anschauen unterlassen. Für Betroffene empfiehlt sich eine Konfrontationstherapie. Das tun wir: Wir wollen ihnen damit langsam die Kontrolle zurückgeben.
Daten und Fakten
Silvia Schober, Kronen Zeitung
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