In den frühen Morgenstunden sind am Dienstag in ganz Österreich zahlreiche Hausdurchsuchungen in der rechtsradikalen Szene durchgeführt worden. Gegen insgesamt 32 Beschuldigte wurde nach dem Verbotsgesetz ermittelt. Es wurden zahlreiche Waffen, Kriegsmaterial sowie einschlägiges Neonazi-Propagandamaterial sichergestellt. Die Razzien wurden vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sowie den zuständigen Landesämtern, der Polizei und dem EKO Cobra durchgeführt. Ausgangspunkt der Ermittlungen war ein Neonazi-Konzert in der Steiermark gewesen.
Bei einem Skinhead-Konzert im März 2018 im steirischen Mürztal konnten teils verdeckte Ermittler die Identitäten diverser Verdächtiger feststellen, die nun im Fokus der Ermittlungen stehen. Die Generalsekretäre Christian Pilnacek (Justizministerium) und Peter Goldgruber (Innenministerium) sagten am Dienstagnachmittag vor Journalisten, man habe hier ein gutes Beispiel für die behördenübergreifende Zusammenarbeit, die funktioniere und letzten Endes zu diesem „Schlag gegen die Neonazi-Szene“ geführt habe.
Stichwaffen und Kriegsmaterial beschlagnahmt
Insgesamt 217 Beamte des BVT, der zugehörigen Landesämter und des EKO Cobra waren an den Hausdurchsuchungen beteiligt. Dabei wurde zahlreiches einschlägiges Material sowie Waffen sichergestellt. Goldgruber dazu: „Es wurden auch Waffenverbote ausgesprochen, teilweise waren die Personen sogar bereits mit Waffenverboten belegt.“ Bei den gefundenen Waffen handelte es sich hauptsächlich um Stichwaffen sowie diverses Kriegsmaterial. Plinacek: „Wie einsatzfähig die beschlagnahmten Gegenstände sind, muss noch geklärt werden.“
Einschlägiges Material wurde sichergestellt:
Sellner und Küssel nicht betroffen
Die Razzien fanden in allen Bundesländern bis auf Tirol statt, zwei Wohnungen wurden in Wien durchsucht. In den vergangenen Wochen hatte die Diskussion um die als rechtsradikal geltende Identitäre Bewegung sowohl Regierung als auch Opposition beschäftigt. Plinacek betonte allerdings auf Nachfrage, Identitären-Sprecher Martin Sellner und Holocaust-Leugner Gottfried Küssel seien diesmal nicht von den Ermittlungen betroffen gewesen. Ob andere Personen aus den Kreisen der Identitären oder auch deutschnationaler Burschenschaften zu den Verdächtigen gehören, müsse erst geklärt werden.
Einen Zusammenhang mit der aktuellen politischen Diskussion gebe es nicht, so Plinacek: „Man kann Hausdurchsuchen nicht nach politischer Beliebigkeit steuern.“ Dazu sei viel zu viel Vorbereitsungsarbeit nötig. Vielmehr gehe es darum „aktiv gegen Neonazismus und Rechtsradikalismus vorzugehen“. Die Razzien seien übrigens wegen Ermittlungen nach dem Verbotsgesetz durchgeführt worden.
Über 1000 einschlägige Tathandlungen 2018 in Österreich
Im Jahr 2018 wurden 1600 Anzeigen und über 1000 rechtsextreme Tathandlungen in Österreich gezählt. Fast 900 der Anzeigen waren nach dem Verbotsgesetz eingebracht worden, wie aus einer Anfrage des grünen Bundesrates David Stögmüller an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hervorgeht. Laut Innenministerium kam es 2018 in ganz Österreich zu 1075 rechtsextremen Tathandlungen, also Straftaten, denen die Behörden tatsächlich nachgingen, davon waren die meisten, nämlich 732, generell als rechtsextrem einzustufen, 236 als fremdenfeindlich oder rassistisch, 49 Taten als antisemitisch, 22 als „islamophob“ und 36 entsprangen sonstigen Motivlagen.
Aufgrund dieser Tathandlungen kam es zu 1622 Anzeigen, die meisten davon, nämlich 877, nach dem Verbotsgesetz. Weitere 280 wurden wegen des Verdachtes der Verhetzung (Paragraf 283, hier fallen auch antisemitische und „islamophobe“ Taten hinein) eingebracht. Im Zusammenhang mit den aufgeklärten Tathandlungen wurden im Vorjahr 797 Personen angezeigt, davon 704 Männer und 93 Frauen.
Wien an der Spitze bei rechtextremen Vergehen
Im Bundesländervergleich lag Wien mit 205 Tathandlungen an der Spitze, gefolgt von Niederösterreich mit 202 und Oberösterreich mit 185. Im Vergleich zum Jahr 2017 bedeutete das bei den Anzeigen einen leichten Anstieg. Damals wurden 1576 Anzeigen gezählt
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