Druck auf FPÖ zu groß

Autor von Braunauer „Ratten-Gedicht“ tritt zurück

Österreich
23.04.2019 12:00

Der Druck wurde letztendlich zu groß: Der Braunauer FPÖ-Vizebürgermeister Christian Schilcher ist am Dienstag, einen Tag nachdem ein von ihm in einem Parteiblatt veröffentlichtes Gedicht namens „Die Stadtratte“ massiv Staub aufgewirbelt hatte, zurückgetreten. Aufgebracht hatte die Affäre die SPÖ, die Parallelen mit „NS-Propaganda“ ortete. Bald sprang auch die ÖVP, die mit den Freiheitlichen in Oberösterreich - wie auch bekanntlich im Bund - eine Koalition bildet, auf die Kritikwelle auf. Nun zog FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache die Konsequenzen: Schilcher ist ab sofort auch kein Parteimitglied mehr.

In dem Gedicht wird über Migranten hergezogen sowie über das Bekenntnis zur eigenen Heimat und die „Vermischung“ von Kulturen und Sprachen gereimt. „Widerlich“, sagte Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) in einer ersten Reaktion. „In einem weltoffenen Land wie Oberösterreich haben solche Vergleiche keinen Platz und werden auch nicht toleriert. Ich erwarte mir, dass sich die FPÖ rasch und deutlich von diesem ,Gedicht‘ distanziert.“

(Bild: FPÖ Oberösterreich, krone.at-Grafik)

Kurz: „Klarer Schritt war notwendig
Ähnlich tönte wenig später Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP): „Die getätigte Wortwahl ist abscheulich, menschenverachtend sowie zutiefst rassistisch und hat in Oberösterreich und im ganzen Land nichts verloren“, so Kurz am Montag. „Es braucht sofort und unmissverständlich eine Distanzierung und Klarstellung durch die FPÖ Oberösterreich.“ In einer Stellungnahme gegenüber krone.at ergänzte der Kanzler am Dienstagvormittag: „Der Rücktritt des Vizebürgermeisters von Braunau war die einzig logische Konsequenz zu diesem abscheulichen und rassistischen Gedicht. Der klare Schritt des Vizekanzlers und der FPÖ-Spitze war notwendig und richtig.“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (Bild: APA/HANS PUNZ)
Bundeskanzler Sebastian Kurz

Abgang als Vizebürgermeister und Parteiaustritt
Zuvor hatte FPÖ-Bundesparteichef Strache mitgeteilt, dass Schilcher sein Amt als Vizebürgermeister von Braunau niederlege sowie aus der Partei austrete - „um Schaden von der Partei abzuwenden“, wie Strache sagte. Schilchers „Ratten-Gedicht“ stelle ein Fehlverhalten dar, das nicht mit den Grundsätzen der FPÖ vereinbar sei. „Er hat im wahrsten Sinn des Wortes in den politischen Müll gegriffen“, so Strache. Die Entscheidung zum Rücktritt aus Amt und Partei habe Schilcher von sich aus getroffen.

Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (Bild: APA/EXPA/Johann Groder)
Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache

Am Montagabend hatte Schilcher seinen Text folgendermaßen gerechtfertigt: „Ich wollte mit meinem Text provozieren, aber keinesfalls beleidigen oder gar jemanden verletzen“, teilte er in einer Aussendung mit. „Dass der Vergleich von Mensch und Ratte historisch belastet und mehr als unglücklich ist, ist ein Faktum, und es tut mir aufrichtig leid, das missachtet zu haben.“

Christian Schilcher (Bild: APA/FRANZ NEUMAYR)
Christian Schilcher

SPÖ: „Mini-Konsequenz“ reicht nicht, Kurz soll Koalition beenden
Der SPÖ reicht der Schritt noch nicht: Der stellvertretende Klubobmann Jörg Leichtfried forderte Dienstagmittag Kanzler Kurz auf, die Koalition mit der FPÖ zu beenden. Kurz solle „diesem Spuk“ ein Ende machen und auch an den Ruf des Landes denken. Die „Mini-Konsequenz“, dass Schilcher zurücktritt, reiche „natürlich nicht“.

Jörg Leichtfried (SPÖ) (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Jörg Leichtfried (SPÖ)

Auch NEOS und Jetzt fordern weitere Konsequenzen
Auch NEOS und Liste Jetzt geben sich mit Schilchers Rücktritt nicht zufrieden. Die Distanzierung durch Kanzler Kurz bringe „herzlich wenig“, so der stellvertretende NEOS-Klubchef Niki Scherak. Am „Kern der FPÖ“ ändere sich dadurch nichts, weil weiterhin viele blaue Funktionäre ein „ungeklärtes Verhältnis zur Vergangenheit“ hätten. Kurz habe „gewusst, mit wem er sich ins Bett legt“. Jetzt-Klubobmann Bruno Rossmann rief den Kanzler auf, „die Reißleine zu ziehen“ und die Koalition mit der FPÖ zu beenden. Dasselbe gelte für die Landeshauptleute von Oberösterreich (Thomas Stelzer, ÖVP) und dem Burgenland (Hans Peter Doskozil, SPÖ), die ebenfalls mit den Freiheitlichen Koalitionen geschmiedet haben.

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