Eines der Prestigeprojekte der türkis-blauen Bundesregierung ist die Steuerreform, die bereits seit Tagen häppchenweise präsentiert wird. Am Montag berichtete nun der ORF über erste Details zur geplanten Lohnsteuersenkung, die jeden Österreicher um 1000 Euro entlasten soll. Um dieses Ziel zu erreichen, will die Koalition die unteren drei Steuersätze, in die die meisten Arbeitnehmer reinfallen, ab 2021 reduzieren. Damit sollen besonders Klein- und Mittelverdiener begünstigt werden.
Doch auch wer mehr als 35.000 Euro brutto im Jahr verdient, soll profitieren. Auch ein Einkommen über 60.000 Euro brutto hat durch die Senkung der unteren Grenzsteuersätze Begünstigungen. Unverändert bleibt die Besteuerung des 13. und 14. Gehalts.
Auch ein Teil der Lohnnebenkosten soll bereits 2020 gesenkt werden, nämlich bei jenen Arbeitnehmern, die unter 11.000 Euro verdienen, wie etwa Teilzeitkräfte. Wer arbeitet und aufgrund seines geringen Einkommens nicht steuerpflichtig ist, der wird über keinen oder einen geringeren Kranken- und Sozialversicherungsbeitrag entlastet, berichtet das Ö1-„Morgenjournal“. Im Schnitt sollen einem Geringverdiener so um die 50 Euro mehr pro Monat im Börsel bleiben.
Steuerlich begünstigte Mitarbeitererfolgsbeteiligungen
Geht es nach der Regierung, so sollen die Mitarbeiter außerdem am Erfolg des Unternehmens, für welches sie arbeiten, beteiligt werden. So sollen Mitarbeitererfolgsbeteiligungen künftig steuerlich begünstigt werden. Laut dem Regierungspapier soll eine Begünstigung in Höhe von maximal zehn Prozent des Gewinns und jährlich bis zu 3000 Euro pro Arbeitnehmer eingeführt werden. Derzeit erhalten Mitarbeiter bei der Beteiligung am Unternehmensgewinn nämlich keine abgabenrechtliche Begünstigung. Durch diese Maßnahme sollen die Interessen von Unternehmen und Arbeitnehmern noch besser in Einklang gebracht werden, hieß es.
KöSt-Senkung soll Unternehmen eine Milliarde bringen
Die von der Wirtschaft lautstark geförderte Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt) bzw. der Unternehmenssteuer ist ebenfalls Teil der Reform. Ab 2022 sinkt der Steuersatz hierbei von 23 auf 21 Prozent. Laut Vorabberechnung sollte das den Firmen in Österreich rund eine Milliarde Euro an Entlastungen bringen. Eine Sonderregelung für nicht aus dem Firmenkapital entnommene Gewinne, wie sie viele Wirtschaftsvertreter gefordert hatten, ist allerdings vom Tisch.
Voll greifen wird die Steuerreform ab dem Wahljahr 2022. Am Dienstag wird der ganze Plan von der Regierung auf den Tisch gelegt. Die gesamte Entlastung soll ab 2022 insgesamt mehr als acht Milliarden Euro betragen, Familienbonus eingerechnet - und das alles ohne neue Schulden. Ein ambitionierter Plan, der auch an manchen Stellen für Kritik sorgt. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian bemängelte etwa, dass „häppchenweise unkonkrete Zahlen“ präsentiert würden, aber immer noch keine Fakten auf dem Tisch lägen. Auch SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer sprach von einer „häppchenweise Ankündigungs- und Überschriftenpolitik“.
SPÖ: „Werbung für Steuerreform kostete bereits 700.000 Euro“
Katzian verwies darauf, dass die Arbeitnehmer für 80 Prozent der Steuern aufkommen. Statt dieser Ungerechtigkeit entgegen zu wirken, spiele die Regierung nahezu täglich mit neuen, unkonkreten Zahlen. „Es braucht keine Zahlenspielereien, sondern eine Steuerreform, die diesen Namen auch verdient hat. Und es braucht sie nicht irgendwann, sondern jetzt“, verlangte der ÖGB-Präsident eine Entlastung der Arbeitnehmer. Auch Krainer kritisierte, dass man von der seit Monaten angekündigten Steuerreform nichts wisse. Bekannt sei nur, dass die Werbung dafür bereits 700.000 Euro gekostet habe.
Kritisch sieht Katzian auch die Ankündigung, eine Steuerreform ohne wirkliche Gegenfinanzierung durchzuziehen. Das angekündigte Sparen im System bedeutet meist „Kürzungen bei Gesundheit, Bildung und Sozialleistungen. Davon profitieren ganz wenige. Der Großteil bezahlt sich dann die angebliche Entlastung durch höhere Kosten oder geringe Qualität beispielsweise im Schulsystem oder beim Arztbesuch selbst“, warnte Katzian. Als „gefährliche Drohung“ wertete auch Krainer das angekündigte Sparen im System. „Das hat bis jetzt bedeutet: Kürzungen bei der Mindestsicherung, bei Arbeitsmarktprogrammen oder bei Gewaltschutz von Frauen. Großzügig ist die Regierung nur, wenn es um ihre Ministerbüros und Regierungs-Werbung geht“, meinte Krainer.
Liste Jetzt: „Wer kommt für Gegenfinanzierung auf?“
Auch Jetzt-Klubobmann Bruno Rossmann forderte die Regierung auf, die Karten auf den Tisch zu legen, „von den Entlastungsmaßnahmen bis hin zur Gegenfinanzierung“. Er will „endlich wissen, wer in welchem Ausmaß steuerlich entlastet wird und wer für die Finanzierung aufkommen wird“. Das Sparen im System gebe es nicht, hätten parlamentarische Anfragebeantwortungen ergeben. Da die Finanzierungslücke bereits vor der Erhöhung des Volumens bei über zwei Milliarden Euro lag, befürchtet auch Rossmann, „dass es zu tiefen Einschnitten im Sozialsystem kommen wird“.
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