Die SPÖ hat heute ihren traditionellen Maiaufmarsch absolviert. Am Wiener Rathausplatz sprach dabei erstmals Pamela Rendi-Wagner als Vorsitzende vor den roten Anhängern. Dabei übte sie scharfe Kritik an der Bundesregierung: „Was ist eigentlich der gemeinsame Nenner dieser türkis-blauen Koalition? Es ist eine Politik gegen den sozialen Ausgleich, eine Politik der Hetze und der Spaltung!“ Die SPÖ stehe für „eine andere Politik“. Zugleich forderte sie FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zum Rücktritt auf und meinte: „Der Vizekanzler ist ein permanenter Einzelfall.“
„An diese Grenzüberschreitungen dürfen wir uns niemals gewöhnen, niemals“, so Rendi-Wagner. Wenn die Demokratie von Rechtsextremen unterwandert werde, dürfe man nicht tatenlos zusehen. Erbost zeigte sie sich darüber, dass Strache eine Facebook-Seite geteilt habe, die den Holocaust leugne. Dass sich der Chef der Identitären schließlich wieder vom FPÖ-Chef begeistert gezeigt habe, sei ebenfalls nicht zu akzeptieren: „So weit haben wir es gebracht, dass der Vizekanzler von Rechtsextremen gelobt wird.“ Auch die Pressefreiheit wanke, beklagte sie mit Verweis auf entsprechende FPÖ-Attacken vor allem auf den ORF.
„Moralische und soziale Standards gesenkt“
Für die sozialpolitischen Maßnahmen der ÖVP-FPÖ-Regierung zeigte Rendi-Wagner ebenso wenig Verständnis: „So schnell, wie sie die moralischen Standards gesenkt haben, haben sie auch die Unterstützung für Kinder gesenkt“, beklagte sie. Die FPÖ reiche „den Türkisen“ den Hammer, wenn es darum gehe, die Politik des sozialen Ausgleichs zu zertrümmern. Die ÖVP sehe dafür eben bei jenen „Einzelfällen“ weg. Diese Fälle, so zeigte sie sich überzeugt, hätten System.
Die FPÖ sei die „falsche Freundin“ der Arbeitnehmer, konstatierte die SPÖ-Chefin. Man werde Türkis-Blau „den Hammer aus der Hand reißen“, mit dem die Regierung das Sozialsystem zerstören wolle. Rendi-Wagner wetterte auch gegen das „Drüberfahren“ über die Arbeitnehmer beim Zwölfstundentag oder das Aus für die „Aktion 20.000“, deren sofortige Wiedereinführung sie verlangte. „Und streichen wir endlich die Mehrwertsteuer für Mieten“, forderte sie.
Ludwig: „Keine Koalition mit dieser FPÖ in Wien!“
Vor Rendi-Wagner war Ludwig aufgetreten - zum ersten Mal in seiner Funktion als Wiener Bürgermeister. Er rief die Partei zur „Geschlossenheit“ auf: „Dieser 1. Mai ist ein Zeichen der Geschlossenheit, der Solidarität. Wien steht auf am Feiertag, Wien steht auf am 1. Mai, Wien steht auf, wenn es ungerecht gegen unsere Stadt geht“, spielte er auf immer wiederkehrende Breitseiten der Bundesregierung an. Dabei erteilte er auch gleich einer Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen eine klare Absage: „Keine Koalition mit dieser FPÖ in Wien!“
Türkis-blaues Sozialhilfegesetz „eine Schande“
„Es ist eine Schande“, ärgerte sich Ludwig zudem über das türkis-blaue Sozialhilfegesetz. Die SPÖ werde sich auf allen Ebenen politisch dagegen wehren. Außerdem kritisierte er: „Ich beobachte mit Argwohn die Aussagen der Bundesregierung, die Arbeiterkammer-Beiträge zu senken. Das bedeutet nämlich eine massive Schwächung“, und der werde man nicht tatenlos zusehen. Im Rückblick auf 100 Jahre Rotes Wien zeigte er sich kämpferisch: „Das ist nicht das Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts, jetzt geht es erst richtig los, denn wir haben viel zu erledigen!“
Nach Ludwig sprach die neue Wiener SPÖ-Frauenvorsitzende Marina Hanke, die erst kürzlich auf Renate Brauner gefolgt ist, danach ergriff Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl das Wort. Dann folgte EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder vor Abschlussrednerin Rendi-Wagner.
Video: SPÖ marschiert am Rathausplatz für ein Miteinander auf
Bereits seit den frühen Morgenstunden waren die Teilnehmer der SPÖ-Maifeierlichkeiten zum Rathausplatz gezogen. Das Bild, das der Sternmarsch in Richtung Innenstadt bot, war wie üblich bunt, auch wenn naturgemäß Rot dominierte.
Video: Die SPÖ-Währing zog geschlossen zum Wiener Rathaus
„Drozda, hast du auf die Uhr geschaut? Zeit zu gehen“
Inhaltlich lag der Fokus wie erwartet auf der Kritik am Bund. Aber auch die ebenfalls schon traditionellen Botschaften an die eigene Partei - die etwa von der Sozialistischen Jugend gerne übermittelt werden - fehlten ebenfalls nicht. „Drozda, hast du auf die Uhr geschaut? Zeit zu gehen“, wurde zum Beispiel SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda ausgerichtet.
Wie die Wiener SPÖ am frühen Nachmittag mitteilte, seien rund 120.000 Menschen zum Maiaufmarsch gekommen. Damit sei der Rekord vom Vorjahr wieder erreicht worden. Nahezu perfekt gestaltete sich das Wetter: Nach einigen verregneten Tagen konnte die Kundgebung bei strahlendem Sonnenschein absolviert werden.
Regierung: Tag für Ministerrat ist nun mal der Mittwoch
Konkurrenz bekamen die Roten am Tag der Arbeit von der Regierung: Die traf sich am Mittwoch im Kanzleramt zu einem regulären Ministerrat. Türkis-Blau begründete den Ministerrat am Tag der Arbeit übrigens damit, dass der 1. Mai diesmal auf einen Mittwoch fällt - und an diesem Wochentag eben die Regierungssitzungen stattfinden. Themen waren einmal mehr die Steuerreform sowie die aktuellen Arbeitsmarktzahlen.
1.-Mai-Kundgebung der FPÖ in Linz, Familienfest der ÖVP
Abseits der Regierungssitzung luden die Regierungsparteien zu weiteren Veranstaltungen: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache tratt im Festzelt am Linzer Urfahranermarkt auf, die ÖVP lud zu einem Familienfest in den Schlosspark Schönbrunn mit unter anderem Bundeskanzler Sebastian Kurz.
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