In der israelischen Hafenstadt Tel Aviv ging am Dienstag das 1. Halbfinale des 64. Eurovision Song Contests über die Bühne. Die Vertreter von 17 Nationen traten dabei gegeneinander um eines von zehn Finaltickets an. Diese ersangen sich Griechenland, Weißrussland, Serbien, Zypern, Estland, Tschechien, Australien, Island, San Marino und Slowenien mit den meisten Votes.
Sieben müssen hingegen nach dem 1. Semifinale in Tel Aviv bereits die Koffer packen: ausgeschieden sind Belgien, Finnland, Georgien, Montenegro, Polen, Portugal und Ungarn. Die Runde der letzten 26 findet dann am Samstag statt. Für Österreichs Teilnehmerin Paenda mit ihrer Ballade „Limits“ wird es erst im 2. Halbfinale am Donnerstag ernst.
Sängerin Netta holte Contest nach Tel Aviv
Der Eurovision Song Contest findet in diesem Jahr in Tel Aviv statt, weil die israelische Sängerin Netta Barzilai (26) im vergangenen Jahr in Portugal mit ihrem Song „Toy“ gesiegt hatte. Sie eröffnete das 1. Halbfinale mit ihrem Siegerlied und in gewohnt schrillem Outfit.
Schwungvoller Startschuss
Den schwungvollen Startschuss unter den Kandidaten gab die griechisch-zypriotische Pop-Sirene Tamta, die mit ihrem rhythmischen Tanzsong „Replay“ gleich einmal ordentlich Stimmung aufkommen ließ. Ob die hüftenschwingende, ledertragende Interpretin damit in ähnliche Höhen wie Zyperns letztjährige J. Lo-Kopie Eleni Foureira vordringen kann, steht jedoch in den ESC-Sternen.
Titel „Heaven“ als Programm
Die Montenegriner mit Startnummer 2 stiegen etwas weniger in die Eisen. Das junge Sextett aus Montenegro brachte uns mit melancholischen Klängen und beherztem Gesang dem Himmel näher. Die uniform-weißen Bühnenkostüme machen den Titel „Heaven“ zum Programm.
Beherzte Hintergrundtänzerin
Darude und und Sänger Sebastian Rejman (Startnummer 3) warteten für Finnland mit energetischen Dance-Beat auf. Die Bühnenperformance war vor allem dank beherzter Hintergrundtänzerin inhaltsstark, Sänger Sebastian Rejman wirkte aber ein wenig behäbig. Einen „Sandstorm“ blieben uns die Finnen daher schuldig.
Schillernde Outfits
Auf Frauenpower im ganz eigenem Stil setzte Polen mit der Band Tulia und „Fire of love“ (Startnummer 4). In Sachen Bühnenperformance machten die Damen einiges her, was wohl auch an ihren regenbogengleich schillernden Outfits lag. Ihr schriller Gesang war aber doch etwas gewöhnungsbedürftig.
Gesang unter Sternen
Sängerin Zala Kralj und Gitarrist Gasper Santl (Startnummer 5) setzten mit „Sebi“ auf die Landessprache und ruhige Töne. Herzhafter Gesang und Sternenkulisse erzeugten immerhin atmosphärische Dichte.
Rechteckige Leuchtschranken
Unsere tschechischen Nachbarn katapultierten uns musikalisch mit dem Song „Friend of a Friend“ ins Indie-Pop-Schlaraffenland. Und nicht nur das: Sänger Albert Černý der Band Lake Malawi verzückte mit Startnummer 6 mit erratischer Bühnenakrobatik, der Rest der Gruppe blieb aber in den rechteckigen Leuchtschranken verhaftet.
Barfuß-Monolog über Vater-Sohn-Beziehungen
Mit Startnummer 7 wollte Joci Papai mit dem Song „Az en apam“ ins Finale. Der Sänger vertrat Ungarn bereits zum zweiten Mal beim ESC. Mit druckvoller, wehmütiger Stimme monologisierte er barfuß über Vater-Sohn-Beziehungen, die Performance war aber eher farblos.
Zarte 16 Jahre alt
Zarte 16 Jahre jung ist Sängerin Zena aus Weißrussland, die mit „Like it“ mit Startnummer 8 antrat. In Minsk geboren, singt und performt sie seit frühester Kindheit höchst erfolgreich. Mit dem ESC hatte sie quasi Erfahrung, hat sie doch schon erfolgreich am Junior Song Contest teilgenommen. Die Choreographie wurde wohl von Christina Aguilera-Videos abgeschaut.
Windmaschinen-Einsatz
Die 24-jährige Nevena Bozovic brachte mit Startnummer 9 „Kruna“ dar, nachdem sie sich in der nationalen Ausscheidung Beovizija 2019 durchgesetzt hatte. Sie hat bereits als Zwölfjährige Rang 3 beim Junior Song Contest erreicht und stand 2013 als Mitglied der serbischen Band Moje 3 auf der großen ESC-Bühne. Serbien gab alles und hatte laut ORF-Kommentar sechs Windmaschinen im Einsatz, die Bozovics Löwenmähne zum Wehen brachten.
Verschlafenes „Wake Up“
Belgien entsandte Eliot Vassamillet mit der Ballade „Wake Up“ zum Song Contest. Der Song stammt aus der Feder von Pierre Dumoulin, der 2017 mit „City Lights“ und Platz 4 für ein belgisches Highlight beim ESC sorgte. Er trat im 1. Halbfinale mit der Startnummer 10 an. Trotz des Titels wurde bei dem Song vermutlich niemand wach.
Grenzen überwinden
„Keep on going“ lautete der Titel des Songs, mit dem Oto Nemsadze aus Georgien (Startnummer 11) sein Gück versuchte. Anders als der Titel vermuten lässt, sang Nemsadze mit seiner Reibeisenstimme nicht auf Englisch. Im Text geht es darum, Grenzen und Stacheldraht zu überwinden.
Sängerin auf schwenkbarer Stange
Mit „Zero Gravity“ ging eine der Favoritinnen, Kate Miller-Heidke, mit Startnummer 12 für Australien an den Start. In ihrer Heimat Australien seit langem ein Mega-Star, ist die Singer-Songwriterin stilistisch schwer einzuordnen. Unüberhörbar war ihre klassische Ausbildung am Queensland Conversatorium. Den Song performte Miller-Heidke in vier Metern Höhe auf einer sehr schwenkbaren Stange.
„Hass muss siegen“
Harte Töne kamen mit Startnummer 13 von Hatari. Die preisgekrönten Projekt-Künstler aus Island geben sich gern politisch und gesellschaftskritisch. Ihr Auftritt mit „Hatrio mun sigra“ beim diesjährigen ESC war erwartungsgemäß krass mit Lack- und BDSM-Anspielungen.
Aus Schweden geliehener Este
Für ein radikales Gegenprogramm sorgte danach mit Startnummer 14 zum Glück Victor Crone, eine Schwede, der für Estland antrat. 1992 in Österaker/Schweden geboren, schrieb er bereits mit 14 seine ersten eigenen Songs. Stark geprägt hat den Sänger auch ein längerer musikalischer US-Aufenthalt, der ihn u.a. nach Tennessee, New York und Los Angeles führte. Bei seinem Auftritt blitzte es.
Anklebeobjekte im Gesicht
Mit Startnummer 15 sorgten Conan Osiris aus Portugal in Tel Aviv mit „Telemoveis“ für Staunen. Die Kostümierung mit Anklebeobjekt im Gesicht sowie die Performance waren mehr als exzentrisch.
Soulige Stimme
Die griechisch-kanadische Singer-Songwriterin Katerina Duska sorgte mit ihrem „Better Love“ (Startnummer 16) mit souliger Stimme für Vergleiche mit der legendären Amy Winehouse, mit „One in a Million“ ist Duska auch schon ein Mega-Hit gelungen.
Erfrischend unprätentiös
Für einen wohltemperierten Ausklang sorgte die Formation um Serhat aus San Marino (Startnummer 17). Sympathisch und erfrischend unprätentiös, aber ebenfalls nicht besonders originell.
Was ist denn der Eurovision Song Contest?
Im Jahr 1955 beschloss die Europäische Rundfunkunion (EBU) - ein Zusammenschluss der staatlichen und öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten diesseits des Eisernen Vorhangs - ein gemeinsames Projekt: den Grand Prix of the Eurovision. 1956 wurde der Musikwettbewerb erstmals in der Schweiz veranstaltet - mit nur sieben teilnehmenden Ländern. Österreich hatte damals den Anmeldeschluss verpasst.
Im deutschsprachigen Fernsehen nannte man ihn anfangs Grand Prix Eurovision de la Chanson oder auf Deutsch Großer Preis der Eurovision, die erste Ausgabe in Lugano hatte den italienischen Titel Gran Premio Eurovisione Della Canzone Europea. Schon 1960 hieß der Wettbewerb in Großbritannien Eurovision Song Contest. 1992 wurde dieser Titel dann international anglisiert vereinheitlicht.
Zwei Siege für Österreich
Österreich kann dank Conchita Wurst („Rise Like A Phoenix“ 2014) und Udo Jürgens („Merci Cherie“ 1966) auf bis dato zwei Siege beim Eurovision Song Contest zurückblicken. Cesar Sampson reiht sich mit seinem sensationellen Platz 3 in Lissabon im Vorjahr ebenfalls in die Reihe der erfolgreichen Teilnehmer ein.
Letzter Platz
Die Interpreten der Jahre 1981 (Marty Brem), 1984 (Anita), 1988 (Wilfried) und 1991 (Thomas Forstner) kamen nicht über einen letzten Platz hinaus. 2007 schied Eric Papilaya mit „Get A Life - Get Alive“ bereits im Semifinale aus und wurde dort mit vier Punkten Vorletzter. Anschließend verzichtete man 2006 sowie 2008 bis 2010 gänzlich auf eine Teilnahme.
Beim neuerlichen Antritt 2011 in Düsseldorf kam Nadine Beiler auf Platz 18, bevor 2012 die Trackshittaz mit ihrer Hip-Hop-Nummer „Woki mit deim Popo“ im Halbfinale die geringste Punkteanzahl aller Länder erhielten. 2013 musste sich dann Natalia Kelly in Malmö mit Platz 14 von 16 Teilnehmern in ihrem Halbfinale begnügen. Und dann kam Conchita, sah und siegte in Kopenhagen. Für die Makemakes reichte es beim Heim-ESC in Wien dann allerdings wieder nur für einen vorletzten Platz. Dafür eroberte Zoe 2016 in Stockholm den sehr respektablen 13. Platz, dem Nathan Trent 2017 in Kiew einen 16. Platz folgen ließ.
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