Das Zerbrechen der türkis-blauen Koalition hat die SPÖ, die gern wieder den Kanzlersessel zurückerobern würde, auf dem linken Fuß erwischt. Es dauerte eine Zeit, bis die Roten Klartext redeten und Parteichefin Pamela Rendi-Wagner auch tatsächlich erklärte, dass sie bei Neuwahlen in den Ring steigen wird (siehe auch Video oben). Am Sonntag wurde sie vom Parteipräsidium einstimmig zur Spitzenkandidatin bestimmt. Das muss bei der SPÖ aber noch lange nichts heißen.
Vor allem die Roten in den Bundesländern sind zunehmend unzufrieden mit der Vorstellung in der Wiener Löwelstraße. Und so macht schon ein ausgeklügelter Plan die Runde: Rendi-Wagner wird als rote Frontfrau in die Wahl gehen, dort wird sie allerdings nicht glorreich abschneiden, behaupten ihre Kritiker.
Denn diesen wird, angesichts des FPÖ-Skandals und des vermuteten Zerbröselns der Blauen, selbst ein kleines Plus nicht reichen. Dann wird es eine Debatte um die rote Spitze geben und einen lauten Ruf nach einem Retter. Und der kann, so wird schon heute erzählt, nur aus dem Burgenland kommen.
Vorzeitige Wahlen im Burgenland
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass es ihm in der Bundesregierung gefallen hat, ebenso wenig aus seinem guten Verhältnis zu Sebastian Kurz. Doskozil, der im Burgenland die Koalition mit den Blauen auflöst und vorzeitige Wahlen angekündigt hat, dürfte wohl auch schon gehört haben, was sich da bei den Roten hinter vorgehaltener Hand zugeraunt wird. Vielleicht hat er deshalb einen unverdächtigen Termin für die burgenländischen Wahlen gewählt. Auf jeden Fall nach der Nationalratswahl, dem Vernehmen nach erst im kommenden Jänner.
Das lässt die Spekulationen aber keinesfalls verstummen. Als strahlender Wahlsieger im Burgenland wäre eine Übernahme der Partei zwar leichter gewesen, aber möglicherweise muss Doskozil gar nicht erst antreten. Am Sonntag hatte dann auch die SPÖ-Chefin in der ORF-Diskussion „Im Zentrum“ vorgezogene Wahlen in Linz angekündigt. Dort stellt die SPÖ den Bürgermeister, die Freiheitlichen regieren mit. In der Linzer Stadtpartei, die ein Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ hat, gibt man sich allerdings noch zurückhaltend.
Rote Parteischarmützeln hintanstellen
Für Kanzler Sebastian Kurz würde dieser hinterlistige SPÖ-Plan eine neue Koalitionsmöglichkeit eröffnen. Und zwar eine, die ihm vermutlich am liebsten wäre. Schon nach der Wahl 2017 wäre Doskozil der bevorzugte Partner von Kurz gewesen. Damals jedoch blieb bekanntlich Christian Kern an der Spitze der SPÖ, der eine Zusammenarbeit mit der ÖVP rasch ausschloss - und die Roten wanderten angeschlagen in die Opposition. Auch Rendi-Wagner und Kanzler Kurz werden keine Freunde mehr, eine Koalition scheint unmöglich, wenn Rendi-Wagner Parteichefin bleibt.
Ganz anders würde das bei einer Übernahme durch Doskozil aussehen, ist zu vernehmen. Eines jedoch dürften die Vordenker des Plans aus dem Hinterhalt nicht mit eingerechnet haben: Zwar verstehen sich Kurz und Doskozil, doch auf den Ebenen darunter sind Rot und Türkis nach wie vor abgrundtief verfeindet. Die SPÖ täte jedenfalls gut daran, sich ihrer staatstragenden Rolle, die sie ja lange genug innehatte, zu besinnen und die parteiinternen Scharmützel hintanzustellen.
Doris Vettermann, Kronen Zeitung,/krone.at
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