Die am Mittwoch angelobte Regierung (siehe Video oben) könnte am Montag schon wieder Geschichte sein. Dann wird es im Parlament einen Misstrauensantrag geben, und es ist völlig unklar, wie dieser ausgeht. Auch wenn der Bundespräsident an die Vernunft und die Staatsräson appelliert, üben sich vor allem die Roten in heftigem Säbelrasseln.
Die SPÖ verlangt „vertrauensbildende Maßnahmen“ von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) - und sieht diese freilich nicht. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser kritisiert die „Friss-Vogel-oder-stirb-Politik“ von Kurz. Der Kanzler agiere „wie ein Alleinherrscher, dem es nur um eigene Machtinteressen geht“, so Kaiser. Der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer findet besonders deftige Worte: Kurz dürfe nicht länger geduldet werden. „Es gilt, keine Sekunde länger zu zögern - das braucht dieser Bursche (damit meint er Bundeskanzler Kurz) zur Erdung“, so Dornauer.
Die Gräben zwischen ÖVP und SPÖ
Die wahren Befeuerer für eine rote Zustimmung zum Misstrauensantrag sitzen aber in der Wiener Löwelstraße. Waren die Gräben zwischen SPÖ und ÖVP schon in der Zeit der gemeinsamen Regierung groß, so wuchsen sie in den vergangenen eineinhalb Jahren ins schier Unermessliche. Daran ist Kurz nicht unschuldig. Er ließ die Opposition gern links liegen, überging sie, wann immer sich die Gelegenheit dazu bot - einfach weil er es konnte. Doch bei allen Drohungen, die Roten haben sich noch nicht festgelegt, ebenso wenig die Freiheitlichen, die betonen, dass es auf die nächsten Stunden und Tage ankomme.
Die Appelle des Bundespräsidenten
Dem Vernehmen nach hat man bei der SPÖ aber die zahlreichen und sehr deutlichen Appelle von Bundespräsident Alexander Van der Bellen verstanden und richtig gedeutet. Auch dass ein Ja zum Sturz der Regierung die SPÖ in der Wählergunst eher nicht steigen ließe, scheint den Sozialdemokraten bewusst zu sein. Eine Entscheidung wird dennoch wohl erst am Montag fallen.
Kommentar von Doris Vettermann
In der ganzen Causa geht es weniger um politische Taktik, schon gar nicht um Staatsräson, sondern vor allem um Befindlichkeiten. So mancher Rote in der Wiener Parteizentrale hat aus dem Jahr 2017 noch eine offene Rechnung mit Sebastian Kurz, die nun beglichen werden soll. Die Blauen sind schlicht beleidigt und haben sich ins Schmolleck zurückgezogen, weil der Kanzler sie rausgeworfen hat. Die Befindlichkeit des Kanzlers war bisher: Was brauche ich die Opposition? Jetzt wird er einen Schritt auf sie zu machen müssen, sonst könnte ein tiefer Fall bevorstehen.
Kronen Zeitung
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