Unmittelbar bevor die SPÖ am Montagnachmittag wie angekündigt den Misstrauensantrag gegen die Übergangsregierung eingebracht hat, ergriff in einer Sondersitzung des Nationalrats Sebastian Kurz das Wort. In seiner Rede erklärte der ÖVP-Chef, dass er nicht nachvollziehen könne, warum nach dem Triumph bei der EU-Wahl am Sonntag dieser Antrag gestellt wurde. „Das versteht kein Mensch mehr“, sagte Kurz, der auch versicherte, dass die ÖVP auch weiterhin einen Beitrag zur Stabilität im Land leisten werde: „Wir werden der nächsten Regierung sicher keine Steine in den Weg legen sondern, sie bestmöglich unterstützen.“
Ansonsten wiederholte Kurz seine seit Tagen bekannten Positionen, wonach er auf Wunsch des Bundespräsidenten eine stabile Übergangsregierung erstellt habe, gegen deren Mitglieder er noch kein Wort der Kritik gehört habe. Der Opposition habe er diverse Angebote gemacht, etwa sie dazu eingeladen, im Ministerrat dabei zu sein. Vorschläge seien aber nur von den NEOS gekommen, wofür er sich bedankte.
Lob gab es auch für Staatsoberhaupt Alexander Van der Bellen, der zwar nicht aus dem Eck der ÖVP komme, sich aber Tag und Nacht darum bemüht habe, für Stabilität zu sorgen und die Monate bis zur Neuwahl in Ruhe und Ordnung abzuwickeln.
Souverän und mit fester Stimme präsentierte sich der Kanzler bei seinem Vortrag, dass eine gewisse Anspannung da war, merkte man erst zu Schluss, als Kurz vergaß, die Dringlichen Fragen zu beantworten, sich setzte und erst von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) darauf aufmerksam gemacht wurde.
Kurz betonte erneut, Ibiza-Video nicht vorab gekannt zu haben
Kurz betonte außerdem wieder einmal, dass er das Ibiza-Video, das zum Ende der Regierung geführt hatte, zum gleichen Zeitpunkt wie die Bevölkerung zu Gesicht bekommen habe. Heinz-Christian Strache (FPÖ) habe ihn am Vorabend bloß über eine möglicherweise negative Berichterstattung seine Person betreffend informiert.
Video aus dem Archiv: Die Ibiza-Affäre
„Verantwortung für das Land zu übernehmen schaut anders aus“
Die Dringliche Anfrage eingebracht hatte der stellvertretender Klubchef der SPÖ, Jörg Leichtfried, und dabei die sattsam bekannten Vorwürfe gegen Kurz vorgebracht, begonnen damit, dass dieser trotz Ibiza mit der FPÖ weitergemacht hätte, wenn Herbert Kickl das Innenministerium abgegeben hätte. Die SPÖ hätte sich eine Regierung von unabhängigen Experten gewünscht, weil dies für die schwierige Situation jetzt die beste Lösung gewesen wäre. Dies habe Kurz ohne Dialog verweigert: „Verantwortung für das Land zu übernehmen schaut anders aus.“
Überhaupt sei die Kanzler-Bilanz von Kurz „im negativen Sinne beachtlich“. Er habe zwei Regierungen gesprengt und die Wahlkampfkosten um sechs Millionen Euro überzogen, sagte Leichtfried, der glaubt, dass das Geld dafür von Großkonzernen gekommen sei, die sich dafür eine Reduktion der Unternehmenssteuern kaufen wollten.
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