Knapp zweieinhalb Stunden nach dem Sturz von Bundeskanzler Sebastian Kurz und seines gesamten Kabinetts ist der ÖVP-Chef am Montagabend vor Fans und Parteifreunde getreten. Umringt und unter „Kanzler Kurz“-Sprechchören bedankte er sich für die Unterstützung derer, die der ÖVP weiter die Treue halten, und gab sich kämpferisch: „Ich bin immer noch hier. Ich stehe vor euch als der, der ich bin, als einer von euch, der etwas verändern möchte - ganz gleich ob mit oder ohne Amt, ganz gleich, ob mit oder ohne Titel.“ Sein Sturz sei passiert, weil die FPÖ „sehr schnell geeint im Hass“ eine neue Koalition gebildet habe - mit der SPÖ.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen habe er eine „ordentliche Übergabe an die Übergangsregierung“ zugesagt, so Kurz weiter. Den Misstrauensantrag nach dem Ergebnis der EU-Wahl könne man „natürlich ungerecht finden“, aber „nehmen wir diese Entscheidung zur Kenntnis. Das ist eine demokratische Entscheidung - und für Wut, für Hass, für Trauer ist überhaupt kein Platz.“
„Sie können uns abwählen, aber sicherlich nicht die Veränderung aufhalten“
Der „Kampf um Veränderung“ werde mit der Abwahl im Parlament nicht enden, so Kurz unter dem Jubel der Zuhörenden in der Politischen Akademie Wien: „Sie können uns abwählen, aber sicherlich nicht die Veränderung aufhalten.“ Man werde die Entscheidung zur Kenntnis nehmen, aber die nächsten Monate „bei den Menschen in den Ländern“ um Unterstützung werben. Denn wie er es immer sage: „Am Ende entscheidet das Volk.“ In seinem Fall bei den Neuwahlen im September.
„Geeint im Hass sehr schnell eine neue Koalition gebildet“
Man habe seit der Nationalratswahl 2017 „sehr hart gekämpft“ und „alles gegeben“, um eine „gute Regierung“ zu bilden. Ein Video „mit Ideen des Machtmissbrauchs und der Korruption“ habe diese Zusammenarbeit zerstört. Der ehemalige Partner FPÖ habe - „geeint im Hass auf die Volkspartei sehr schnell eine neue Koalition gebildet“: mit der SPÖ. Und diese Koalition habe nur ein Ziel gehabt: „Kurz muss weg!“
SPÖ, FPÖ und JETZT stürzten den Kanzler und sein Kabinett
Österreich hat mit dem Sturz der Regierung politisches Neuland betreten: Der Nationalrat sprach am Montagnachmittag der Regierung von Kanzler Kurz das Misstrauen aus und enthob sie damit des Amtes (lesen Sie hier alle Ereignisse des Nachmittags nach). Der von der SPÖ eingebrachte Misstrauensantrag wurde von der FPÖ und der Liste JETZT unterstützt und hatte damit die Mehrheit. ÖVP und NEOS votierten dagegen.
Mit nur 525 Tagen ist Kurz nun der kürzest amtierende Bundeskanzler seit 1945. Die Chancen auf Verlängerung im Herbst stehen aber gut, denn seit Kurz die ÖVP 2017 übernommen hat, liegt sie in Umfragen vorn - und die EU-Wahl verleiht weiteren Schwung. Zunächst ist jedenfalls Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Zug. Er will um 21 Uhr ein Statement abgeben.
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