Kaum noch Hoffnung
Schiff in nur sieben Sekunden in Donau versunken
Bei einer der schlimmsten Schifffahrtskatastrophen in der neueren Geschichte Ungarns sind am späten Mittwochabend in den Fluten der Budapester Donau mindestens sieben Touristen aus Südkorea ums Leben gekommen. Nach dem Zusammenstoß mit einem viel größeren Kreuzfahrtschiff kenterte das Ausflugsboot Hableany (Nixe) mit den Südkoreanern an Bord und versank binnen sieben Sekunden. Mittlerweile wurden die Angehörigen der Opfer aus Südkorea eingeflogen. Zudem werden südkoreanische Spezialkräfte und eine Cobra-Einheit aus Österreich am Unglücksort erwartet. Zahlreiche Menschen werden weiterhin vermisst.
19 südkoreanische Passagiere und zwei ungarische Besatzungsmitglieder - der Kapitän und ein Matrose - galten am Donnerstag noch immer als vermisst, teilten ungarische Behördenvertreter mit. Die Aussichten, sie lebend zu finden, wurden als minimal eingeschätzt. Bilder aus Überwachungskameras zeigen die dramatischen Szenen (siehe auch Video oben).
Sieben Passagiere konnten unmittelbar nach dem Unglück gerettet werden. Zivilisten von Schiffen, die gerade in der Nähe waren, hatten sie spontan aus dem Wasser gezogen. „Unmittelbar darauf begannen große Such- und Rettungseinsätze von Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienst“, schilderte ein Polizeioberst am Donnerstag. Die Überlebenden erlitten Unterkühlungen und wurden in Krankenhäusern behandelt.
Auch Kind war an Bord
Wie weiter berichtet wurde, konnten bisher zwei der sieben Todesopfer identifiziert werden. Insgesamt befanden sich 35 Menschen an Bord: 33 Passagiere, unter ihnen auch ein Kind (6), sowie der ungarische Kapitän und ein Matrose. Die meisten Reisenden seien 40 bis 50 Jahre alt gewesen. Die Gruppe befand sich auf einer Sechs-Länder-Reise durch Osteuropa.
Das Minenräumboot Dunaujvaros der ungarischen Armee ging Donnerstag früh an der Unglücksstelle vor Anker. Die Pioniersoldaten begannen mit der Konstruktion einer Tauchplattform. Speziell ausgebildete Taucher sollen zum Wrack des gesunkenen Schiffs vordringen und seine Bergung vorbereiten. Der hohe Wasserstand, die starken Strömungen und die schlechten Sichtverhältnisse erschwerten ihre Arbeit. „Die Bergung des Wracks kann noch Tage, ja sogar eine Woche dauern“, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur MTI den Geschäftsführer einer darauf spezialisierten Firma.
Binnen sieben Sekunden untergegangen
Der verhängnisvolle Zusammenstoß ereignete sich am Mittwoch um 21.05 Uhr, erklärte Oberst Adrian Pal von der ungarischen Polizei am Donnerstag. Unter der Margaretenbrücke sei das kleine Ausflugsschiff vor das größere Kreuzfahrtschiff gebogen, wodurch es zu der Kollision kam. Das kleinere Schiff kenterte und ging „binnen sieben Sekunden“ unter, sagte Pal.
Auf dem größeren Schiff - dem unter Schweizer Flagge fahrenden Flusskreuzfahrtschiff Viking Sygin - wurden weder Gäste noch Besatzungsmitglieder verletzt, wie eine Sprecherin des Unternehmens Viking mitteilte. „Wir arbeiten bei Bedarf mit den Behörden zusammen.“
Strafverfahren gegen unbekannt
Wie Pal weiter ausführte, leitete die Polizei ein Strafverfahren gegen unbekannt wegen Gefährdung mit massenhafter Todesfolge ein. Der Kapitän der Viking Sigyn und weitere Besatzungsmitglieder wurden als Zeugen befragt. Weitere Angaben wollte der Polizeioberst unter Berufung auf die laufenden Ermittlungen nicht machen.
Ein Video zeigt die Rettungskräfte vor Ort.
Der erste Notruf war um 21.15 Uhr, zehn Minuten nach der Kollision, bei der Polizei eingegangen. Unmittelbar darauf begannen große Such- und Rettungseinsätze von Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienst. Große Scheinwerfer beleuchteten Teile der Oberfläche der Donau in der ungarischen Hauptstadt. Die Suche nach den Vermissten wurde durch heftigen Regen und starke Strömungen erheblich erschwert, die Wassertemperatur sank auf zehn Grad ab.
Südkorea entsendet Spezialkräfte
Südkoreas Präsident Moon Jae In ordnete an, einen Krisenstab einzusetzen und zusammen mit den ungarischen Behörden „alle verfügbaren Mittel“ zur Rettung der Vermissten zu ergreifen. Das Außenministerium kündigte an, eine „schnelle Einsatzgruppe“ mit 18 Beamten und Rettungskräften an den Unglücksort nach Budapest zu schicken. Auch Außenministerin Kang Kyung Wha wurde in Budapest erwartet. Österreich schickte sechs Cobra-Taucher zur Unterstützung, wie die „Krone“ erfuhr.
„Alle Ressourcen mobilisiert“
Der südkoreanische Reiseveranstalter Verygoodtour bat bereits um Entschuldigung. Das Unternehmen werde alles tun, um den Opfern und deren Familien zu helfen, sagte der Leiter des Kundenservice, Lee Sang Moo, im südkoreanischen Fernsehen.
Das 27 Meter lange, für 60 Passagiere ausgelegte Unglücksschiff gehört dem Budapester Schifffahrtsunternehmen Panorama Deck. Ein Sprecher der Firma teilte am späten Mittwochabend mit: „Es werden alle Ressourcen mobilisiert, um Menschenleben zu retten.“
Wäre Tragödie vermeidbar gewesen?
In jüngster Vergangenheit führte der große touristische Andrang auch zu einem erheblichen abendlichen Verkehrsaufkommen auf der Budapester Donau. Einige Experten sprachen von einer Katastrophe, die nicht völlig unerwartet kam. Die kleinen Ausflugsschiffe, die ihre Passagiere für ein paar Stunden auf der Donau spazieren fahren, würden demnach Gefahr laufen, bei Wendemanövern in die Spur der großen Fluss-Cruiser zu geraten, die sich nur schwer manövrieren lassen.
Das Portal „Index.hu“ zitierte einen erfahrenen Bootsmann: „In unseren Kreisen wurde schon öfter darüber geredet, dass das eigentlich sehr gefährlich ist, aber dass es eben so weitergehen wird, bis es zu einer Tragödie kommt, wie sie jetzt eingetreten ist.“
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