Die neuen Minister

Wer jetzt die Geschicke unserer Republik lenkt

Österreich
03.06.2019 11:19

Das Kabinett von Übergangs-Kanzlerin Brigitte Bierlein steht und hat für einige Überraschungen gesorgt - allen voran die Besetzung des Innenminister-Postens mit Wolfgang Peschorn, dem Chef der BMI-Finanzprokuratur. Ursprünglich war der oberösterreichische Landespolizeidirektor Andreas Pilsl als neuer Chef des Innenressorts gehandelt worden. Doch da hatte sich die FPÖ quergelegt. Der Großteil der Regierung unter der neuen Kanzlerin besteht wie angekündigt aus Personen, die in den jeweiligen Ministerien bereits zuvor Spitzenpositionen bekleidet haben. Unter den elf neuen Ministern sind fünf Frauen. Damit ist das Kabinett von Bierlein, das am Montag angelobt wurde, nicht nur eines der kleinsten, sondern auch eines der weiblichsten in der Zweiten Republik.

Neuer Finanzminister ist Eduard Müller. Mit ihm ist ein einstiger Finanzbeamter nun ganz oben in der Hierarchie angelangt. Der gebürtige Burgenländer Müller (56), bisher Leiter der Sektion 1 im Ressort, übernimmt auch die Agenden für öffentlichen Dienst und Sport, die der zurückgetretene FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache überhatte. Seit 2015 ist Müller auch Bundesvorsitzender der Prüfungskommission für Steuerberater in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und stellvertretender Generalsekretär im Finanzministerium.

FMA-Vorstand Eduard Müller (Bild: APA/HANS KLAUS TECHT)
FMA-Vorstand Eduard Müller

Paradejurist in Pension als Justizminister
An wen denkt eine Höchstgerichtspräsidentin, wenn sie Kanzlerin wird? An einen Höchstgerichtspräsidenten, und macht ihn gleich zum Vizekanzler. Übersetzt: Bierlein hat den langjährigen Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs, Clemens Jabloner, gebeten, ihr Stellvertreter zu werden und nebenbei noch das heikle Justizressort zu übernehmen. 

Clemens Jabloner: Paradejurist in Pension als Justizminister (Bild: APA/Herbert Neubauer)
Clemens Jabloner: Paradejurist in Pension als Justizminister

Der Paradejurist war unter anderem Beamter im Kanzleramt als Sektionsleiter sowie im Verfassungsdienst. 1991 wurde er zum Vizepräsidenten des VwGH, zwei Jahre später Präsident - eine Aufgabe, die er 20 Jahre lang bis zum Erreichen des Pensionsalters tadellos ausfüllte. Nebenbei lehrte der langjährige Geschäftsführer des Hans-Kelsen-Instituts an der Uni Wien, habilitiert hat er sich im Öffentlichen Recht. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Jabloner, als er von 1998 bis 2003 Vorsitzender der Historikerkommission der Republik Österreich war.

Machtkampf um das Innenministerium
Um das Innenministerium, das nun Wolfgang Peschorn übernimmt, tobte zuletzt ein kleiner Machtkampf: Eigentlich vorgesehen war der ranghohe Polizist Andreas Pilsl - den ÖVP-nahen Mann wollte aber die FPÖ nicht. Den Posten bekommt nun der renommierte Chef der Finanzprokuratur. Als „Chef-Anwalt der Republik“ war er leitend in den Causen Hypo und Eurofighter tätig. Peschorn gilt als parteipolitisch nicht zuordenbar.

Der bisherige Finanzprokuratur-Chef am BMI, Wolfgang Peschorn, ist der neue Innenminister. (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Der bisherige Finanzprokuratur-Chef am BMI, Wolfgang Peschorn, ist der neue Innenminister.

Top-Diplomat Schallenberg wird Außenminister
Der neue Außenminister Alexander Schallenberg kennt den Politzirkus nur zu gut. Ins Außenamt kam der Diplomat adeliger Herkunft bereits vor mehr als 20 Jahren. Mit dem Aufstieg von Sebastian Kurz (ÖVP) ins Bundeskanzleramt gelang dem langjährigen Pressesprecher mehrerer Außenminister auch sein größter Karrieresprung. Zuletzt leitete Schallenberg die EU-Koordinationssektion im Bundeskanzleramt.

Außenminister Alexander Schallenberg (Bild: BMI/Alexander Tuma)
Außenminister Alexander Schallenberg

Internationale Expertin im Agrarressort
Die neue Landwirtschaftsministerin Maria Patek (60) ist seit August 2018 Leiterin der Sektion „Forstwirtschaft und Nachhaltigkeit“ im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus. Davor leitete sie die Sektion „Wasserwirtschaft“. Patek ist Diplom-Ingenieurin, sie hat ihr Studium der Forst- und Holzwirtschaft an der Universität für Bodenkultur abgeschlossen. Außerdem hat sie den MBA in Public Management an der Universität Salzburg gemacht. Internationale Vorträge hielt Patek in der halben Welt - von Japan über China bis nach Argentinien.

Maria Patek (Bild: Jagd Österreich)
Maria Patek

Spitzenbeamtinnen für Bildung und Wirtschaft
Mit Elisabeth Udolf-Strobl (63) übernimmt eine Tourismus-Expertin das Wirtschaftsministerium. Die Spitzenbeamtin in diesem Ressort gilt als Wegbegleiterin des einstigen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel (ÖVP). Aktuell leitet Udolf-Strobl die Sektion V (Kulturelles Erbe). Auch im Außenministerium war die studierte Juristin bereits tätig.

Die neue Bildungsministerin Iris Rauskala (41) arbeitete für die ÖVP-Minister Johannes Hahn, Beatrix Karl und Karlheinz Töchterle. Nach einer Leitungsfunktion im Universitätsbereich wurde sie 2015 von Ex-ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner als Sektionschefin ins Wissenschaftsministerium geholt.

Die neuen Ministerinnen Iris Rauskala (li., Bildung) und Elisabeth Udolf-Strobl (re., Wirtschaft) (Bild: BMWFJ/Thule G. Jug, WU, krone.at-Grafik)
Die neuen Ministerinnen Iris Rauskala (li., Bildung) und Elisabeth Udolf-Strobl (re., Wirtschaft)

Hofers Ex-Generalsekretär wird Verkehrsminister
Andreas Reichhardt zieht - wohl als Wunschkandidat der FPÖ - ins Verkehrsministerium ein. Der 50-jährige Wiener startete seine politische Karriere als Referent des Zweiten bzw. Dritten Nationalratspräsidenten Thomas Prinzhorn (FPÖ), stieg unter Minister Hubert Gorbach (FPÖ) zum stellvertretenden Kabinettschef auf und wurde 2018 Generalsekretär von Ex-Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ). Der studierte Jurist ist Mitglied der schlagenden Grenzlandsmannschaft Cimbria Wien, seit Frühjahr 2018 sitzt er im Aufsichtsrat der Asfinag sowie im ÖBB-Aufsichtsrat.

Andreas Reichhardt, bis dato Generalsekretär im Verkehrsministerium, übernimmt die Ressortleitung als Minister. (Bild: ÖFF/APA-Fotoservice/Rastegar)
Andreas Reichhardt, bis dato Generalsekretär im Verkehrsministerium, übernimmt die Ressortleitung als Minister.

Van der Bellens Adjutant übernimmt Verteidigungsressort
Generalmajor Thomas Starlinger übernimmt die Verteidigungsagenden. Mit ihm wird ein bisheriger Mitarbeiter des Bundespräsidenten nun Minister. Alexander Van der Bellen hatte Starlinger Anfang 2017 zu seinem Militär-Adjutanten gemacht. Der 56-Jährige Generalmajor übernahm damit die Aufgabe des Verbindungsorgans des Staatsoberhaupts und Oberbefehlshabers zum Bundesheer.

Generalmajor Thomas Starlinger ist der neue Verteidigungsminister. Er war bisher als Adjutant von Bundespräsident Alexander Van der Bellen tätig. (Bild: APA/BUNDESHEER/ARNO PUSCA)
Generalmajor Thomas Starlinger ist der neue Verteidigungsminister. Er war bisher als Adjutant von Bundespräsident Alexander Van der Bellen tätig.

Zuvor war Starlinger, geboren in Gmunden, vier Jahre lang Vize-Chef des Stabes beim multinationalen Kommando „Operative Führung Eingreifkräfte“ in Ulm, wodurch er mit den aktuellen geopolitischen Entwicklungen mit Fokus auf den Balkan, den Nahen und Mittleren Osten und Afrika sowie den Flüchtlingsbewegungen aus dem Osten und Süden Richtung EU bestens vertraut ist.

Aus dem Kanzleramt ins Frauenministerium
Aus der im Kanzleramt angesiedelten Sektion für Frauenangelegenheiten und Gleichstellung kommt die neue Frauen- und Familienministerin Ines Stilling (42). Die Juristin machte Karriere unter den roten Ressortchefinnen Doris Bures, Heidrun Silhavy und Gabriele Heinisch-Hosek. Berufliche Erfahrung sammelte sie zudem bei der Arbeiterkammer und der Siemens AG sowie bei einer Wirtschaftsprüfungskanzlei.

Ines Stilling (rechts), mit ihrer Vorgängerin als Frauen- und Familienministerin, Juliane Bogner-Strauß (Bild: BKA/Regina Aigner)
Ines Stilling (rechts), mit ihrer Vorgängerin als Frauen- und Familienministerin, Juliane Bogner-Strauß

Ernährungswissenschaftlerin für die Gesundheit
Mit Brigitte Zarfl (56) führt nun eine Ernährungswissenschaftlerin das Sozial- und Gesundheitsministerium. Derzeit leitet sie die Präsidialsektion des großen Ressorts. Zarfl arbeitete zunächst wissenschaftlich und wechselte später ins Gesundheitsressort. Unter Rudolf Hundstorfer (SPÖ) wurde sie zur Leiterin der Präsidialsektion im Sozialministerium bestellt. „Durchsetzungsstärke, Engagement und einen kollegialen Führungsstil“ attestierte Hundstorfer ihr damals.

Die neue Sozialministerin Brigitte Zarfl (Bild: Sozialministerium)
Die neue Sozialministerin Brigitte Zarfl
Die Frauen in der österreichischen Bundesregierung seit 1966 (Bild: APA)
Die Frauen in der österreichischen Bundesregierung seit 1966

Bierlein setzt auf Frauenpower
Nicht nur, dass am Montag erstmals eine Bundeskanzlerin angelobt wurde, auch die Hälfte der mit der Kanzlerin zwölf Regierungsmitglieder ist mit Frauen besetzt. Bisheriger Rekord waren 40 Prozent Frauen unter Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ). Unter Sebastian Kurz (ÖVP) lag der Frauenanteil in der Regierung bei 37,5 Prozent (inklusive der beiden Staatssekretäre), die Regierung von SP-Kanzler Christian Kern startete mit 25 Prozent Frauenanteil. Die erste Frau in einer österreichischen Regierung gab es im Kabinett Klaus II, der ab 1966 amtierenden ÖVP-Alleinregierung, mit Sozialministerin Grete Rehor.

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